CHANEL Créme belle mine ensoleillée 390 Soleil Tan Bronze und was man damit machen kann

Komme ich zu spät zum Hype? Nur etwa drölfzig Jahre. Tatsächlich bin ich kein Fan von gebräunten Teint, sondern von edler Blässe. Leider ist ein müdes Gesicht – oh Pandemie! – mit etwas weniger Blässe schon netter anzuschauen, und ich meine mich, im Spiegel.

Gekauft habe ich das Produkt, nachdem ich in einer Chanel Boutique damit angemalt wurde: Klassisch mit einem Kabuki Pinsel im Form einer Drei, von den Schläfen runter zu den Wangen und dann zur langsam schwindenden Kinnlinie. Macht man ja alles nicht mehr, man “konturiert” – das Produkt ist allerdings dafür nicht geeignet. Eine Gesichtsstraffung konturiert, Make-up leider nicht.

Erst einmal die nicht so tollen Punkte: Tiegel. Groß, sperrig, unhandlich. Der Duft! Parfüm ist an sich schlecht für die Haut. Die Farbgebung – völlig unnatürlich. Die Farbabgabe eher mau.
Und warum zur Hölle habe ich es gekauft?
Nun, ich liebe den Duft, die Farbabgabe macht es für mich einfach zu verwenden, die Farbe lässt sich eher als Blush verwenden und die Haltbarkeit ist gar nicht so schlecht. Ich habe es mit Maske beim Sport getragen und es war nicht komplett weg. Der Schimmer ist wie immer bei Chanel genau richtig, ein Hauch.
Zusammenfassend sollte ich allerdings sagen: Weil ich alte, trockene Haut habe, bei der solche silikonigen Texturen wesentlich besser als Puderprodukte sind. Here, I said it. Aaalt.
Ein weiteres Pluspunkt ist, dass man dieses Produkt unmöglich aufbrauchen kann, weil es sehr sparsam in der Verwendung ist. Da sind die Euronen gut angelegt, wenn man nicht gerade Bronzer sammelt.

Was kann man damit machen?

Solo sieht es schon gut aus, auf den Augen, als Rouge, und auf dem Dekolleté. Ich habe es sogar auf den Schultern verwendet, das sieht an einem lauen Sommerabend sehr schön aus, wenn man es zart aufträgt. Stichwort belibt auch hier: Sparsam, mit einem großen und weichen Pinsel.

Hier trage ich es mit etwas Camouflage, aber ohne Foundation, wie üblich:

Vermischt mit: beispielsweise NARS Multiple Stick Orgasm, also ein Hauch Rosa und sehr viel Goldschimmer, gibt es den absoluten Frischekick, der transparent und keuchtend ist. Wimperntusche und Lippenpflege dazu, fertig.
Vermischt mit: beispielsweise CHANEL Les beiges Blush Stick in einer leider nicht mehr erhältlichen Farbe, 25, ein kräftiges Rot, etwas auffälliger und geschminkter, perfekt für Business Tage und rotem Lippenstift dazu. Augen möglichst hell schminken und Wimperntusche, fertig.

Wer es nicht benutzen sollte: Fettige und ölige Haut könnte Probleme mit der Textur bekommen, auch weil das Produkt auf Kokosöl, zusätzlich zum Silikon, basiert. Da gibt es bessere Produkte.

Hier müsste nun ein Direktlink kommen, wo man das fix shoppen kann – aber ich verdiene dann 3 Cent dran und Ihr habt nicht den tagesaktuellen, besten Preis. Nö!

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Viraler Trend: Augenbrauenstift als Lipliner oder “die 90er sind wieder da”

Eine Ode an Augenbrauenstiften, for real, also in echt jetzt. Muss mir dieses Internet Denglsich abgewöhnen, denn Menschen hängen nicht wie ich den ganzen Tag im WWW. Ich BIn das Internet, also kann ich es auch gestalten. Apropos Gestaltung, die 90er Jahre inklusive tief sitzende Jeans und bauchfreie Tops sind nicht zu übersehen, sogar Britney Spears, dessen Kinder das vermutlich tragen und die selbst optisch in den 90ern stehen geblieben ist, ist wieder en vogue.

Mein Lieblingstrend allerdings sind die übermalten Lippen – SCHLAUCHBOOT ALARM und das, obwohl die meisten Beauty-Influenzerinnen bereits schon aufgespritzte Lippen haben. Allerdings ist ein guter Augenbrauenstift schon eine ganze Make-up Tasche wert, also schauen wir und das mal an:

Ich trage den Augenbrauenstift natürlich als Balken-Erzeugungs-Instrument über den Augen, aber auch als Kajalstift. Der Auftrag ist technisch betrachtet smokey-eyes, in Wirklichkeit einfach verschmiert und fertig.
Die Lippen habe ich sehr zart umrandet und die Oberlippe mit Concealer bearbeitet, und zwar das sogenannte Lippenherz unter der Nase. Leicht verwischt und mit schön viel Lippenpflege optisch mehr Volumen erzeugt.

Wer die Ballerman Version möchte, muss den Stift deutlich stärker auftragen, mit einem nudefarbenen Lippenstift auffüllen und die Kontur etwas verblenden. Noch einen klaren oder farbigen Gloss, am besten ohne Schimmer, drüber, und fertig ist das Schlauchboot!

Es gibt natürlich einen besseren Trick: Erst hauchfein Gloss, dann erst die Lippenfarbe. Der Gloss dient als Grundierung, ein bisschen wie eine Wand mit Spachtelmasse behandeln bevor man streicht oder tapeziert. Ein bisschen Bauwesen, ein bisschen Chemie, wer sagt denn das Schminken eine hirnfreie Tätigkeit ist?! Wer das kann, kann alles.

Ich verwende als Augenbrauenstift Sensai Colors Styling Eyebrow – nachfüllbar!! – in der Farbe 01.

Das Leben des Anderen

Disclaimer: Dieses Essay bezieht sich nicht auf den Film, den ich nicht gesehen habe. Es ist eine Hommage an das Leben der anderen Person, dessen Leben ich gewollt hätte, es ist eine Hommage an mein Leben, und es ist eine Hommage an meine Kinder. Es ist auch eine Bestätigung dessen, dass Prozesse, selbst die des Lebens, sich nur weiterentwickeln im Sinne des Neuen, Kreativen, Innovativen, in dem Dinge nicht deterministisch ablaufen, also nicht einer mechanistischen Weltsicht folgend: NICHT vorherbestimmt, der Zufall und die Möglichkeit sind immer da.

Einschub: Darauf komme ich nach einem Gespräch mit einem ausgebildeten Philosophen, – die guten Leute stellen immer Fragen! – und ich hatte ihn soweit, dass er sich jetzt von mir Bücher ausleihen will. Ich weiß noch nicht genau, welches bahnbrechend genug ist, um sein wissenschaftliches Weltbild zu ergänzen, aber es wird mir schon einfallen. Es sind meist die einfachen Dinge, die Eindruck schinden, und während ich mir immer sage, hey, Du musst mal zeigen, was Du auf den Kasten hast, die ganzen Fremdwörter!, ist Schreiben wie Schminken in einfacher und klarer Form wesentlich schwieriger. Je größer der Kreis, der einen Text versteht, desto besser für den Text, will ich meinen. Legen wir also das öde Descartes’ Geblubber ab.

Also, ich habe jemanden kennengelernt, der das Leben lebt, was ich gerne gehabt hätte. Oder zumindest sehr ähnlich. Ein cooles Leben, ohne die Sorgen, die ich immer gehabt habe – was denken die anderen, habe ich genug Geld (geschenkt, es gab dafür sicherlich andere Sorgen für diesen Menschen…). Ein Leben, das total selbstbestimmt ist, mit Partys, mit Exzessen meinetwegen, die ich mich nie getraut habe, mit Kunst und der Tätigkeit eines Künstlers. In den Tag hinein leben, so oft es geht, gesellschaftliche Konventionen folgen oder auch nicht, arbeiten, weil man die Arbeit braucht und sie einen fordert, ein Leben am Limit, jenseits der Job, Haus, Kind, Urlaub Norm. Wenn man sich das eigene Leben so ausmalt, so wie man es sich vielleicht nach dem Schauen eines Hollywood Films mal gerne erträumt – ich wäre gerne in der Modebranche gelandet – weiß man eigentlich, es ist stets nur eine idealisierte, geschönte Vorstellung. Die Realität ist immer ganz anders, wir sehen nur das Bild, das wir gerne sehen wollen, nur das, was uns fehlt – aber nicht die Rückseite der Medaille. Meine Vorstellung des perfekten Lebens ist schon als Kind das einer Künstlerin gewesen, wobei sich das in den positiven Aspekten wie schöpferische Tätigkeit widerspiegelte und das Negative wie Miete zahlen stets ausgeblendet hat, auch weil man als Kind und auch später gar nicht weiß, wie das Leben eines Künstlers wirklich ist, zumal im Kapitalismus.
Und jetzt stell Dir vor, Du darfst einen Tag in das Leben Deines Lieblingsstars eintauchen, – was würde es mit Dir machen??

Es erfasste mich meine absolute Mittelmäßigkeit und wie herrlich befreiend diese ist. Ich kann immer jemand oder etwas sein, ich bin nicht festgelegt, ich werde auf der Straße nicht erkannt und muss keine Hintereingänge benutzen. Meine Arbeit ist anderen helfen, aus ihrer Rolle herauszutreten, um selbst authentisch zu sein, und wem könnte das besser gelingen als mir, die mit dem Fluch und Segen des ADHS-bedingten “alles sehen, alles wahrnehmen” gesegnet ist. Diamanten sind toll, aber am tollsten sind Brillanten, aufgrund ihres Schliffs mit 56 Facetten, und ich bin die Schleiferin, und ich weiß, ob ein Princess Cut Schliff vielleicht doch besser passt. Mir reicht der Hintergrund, der unwiderstehliche Urge im Rampenlicht zu stehen, um jeden Preis, geht mir ab. Mir geht es um Veränderung und Einfluß, und um den einzelnen Menschen.

Diese Erkenntnis durch “das Leben des Anderen” war unglaublich wertvoll. Ich bin in meinem Leben, das anders, aber gut ist, und ich habe eine Aufgabe, die nicht des klassischen Künstlers oder Schöpfers entspricht, also bin ich eine ästhetische Vermittlerin. Ich kann ein Design, einen Schnitt, einen Text vorschlagen, und die Künstler*innen setzen es mit ihrem eigenen Spin um. Ich, bin ein Schweizer Taschenmesser für exakt die Leute, die gerne im Rampenlicht stehen oder stehen müssen. Ein Leatherman, falls jemand dieses Werkzeug kennt, das zumindest in meinem Haushalt die Werkzeugkiste ersetzt. Zu schreiben ist das eine, da gibt es bessere Leute; aber die Leute zu sehen und zu erkennen, aus diesen Diamanten noch ein Optimum herauszukitzeln, wow. Wusstest Du, dass man eine guten Diamanten nochmals schleift, um einen exzellenten, wenn auch kleineren Diamanten, zu erhalten? Die Größe bei solchen Steinen ist zwar wichtig, aber die Farbe und der Schliff sind wichtiger. Und kleine, feine Einschlüsse sind im Zweifel eine Zeichen für die Authentizität der Steine. Das gibt den Steinen Leben.

Und weil man sich selbst nur durch andere erkennt, fehlt in meiner Dichotomie des Ich und des Bildes von meinem Ich der dritte Teil, die Entwicklung, das Fortbestehen des Prozesses. Und obwohl Mutterschaft(sic) einen im Alltag an der künstlerischen Tätigkeit hindern kann, ist sie doch Teil der künstlerischen Tätigkeit und in der Vielfalt des künstlerischen Audrucks unabdingbar. Dabei sind verdammt wenig Mütter in diesem Metier vertreten, oder sie haben eben keine Sichtbarkeit.

Zurück zu meinem persönlichen Chaos: Meine zwei Kinder haben mir das Leben, das ich nicht sehen wollte, mit ihrer Ungerechtigkeit, Schmerz, Vernachlässigung, Diskriminierung und Unfreiheit, lediglich durch ihre Existenz vor die Füße geworfen. Die Mutterschaft zu bereuen bezog und bezieht sich niemals auf die Kinder, sondern auf das Drumherum. Letzten Endes sind sie das einzige, was sich einer Bewertung und einer Klassifizierung entzieht. Ihre Existenz widerspricht der wissenschaftlichen Logik und der Unterordnung in einem System. Sie sind pures Chaos, frei, nicht wertend vor allem, bis wir sie in unseren tausend kleinen Pressen reintun und sie “erziehen”. Und ich rede nicht davon, dass sie aufs Klo gehen lernen. Und so wird aus jedem kleinen Künstler, der auf die Welt kommt, ein Mensch. Wie viele kleine Backförmchen benutzt man, welche lässt man weg, beim Formen des neuen Menschen? Um hier eine Balance zu erreichen, braucht es mehr als Kunst, die ja auch zu 80% aus Fähigkeiten besteht, und nicht nur aus Kreativität. Und es erfordert verdammt viele Dinge, wenn frau es gut machen will. Und ich meine ganz andere Dinge, als die, die man in Deutschland so vorlebt, nämlich Mutti Zuhause kochend, Mittag um eins auf den Tisch, und zum Fußball fahren. Kinder, zumal die eigenen, zu sehen, also den Menschen, der schon vollständig zur Welt kommt und danach gepresst, geschnitten, gewachsen und manchmal auch vergessen wird, erfordert die Symbiose von Ästhetik, Ethik und Wissenschaft, fachlich gesehen sind Kinder eine laufende Phänomenologie Veranstaltung. Die Kinder, meine Kinder,aber eigentlich alle Kinder, sind für mich das Wichtigste. Ich existiere nicht für sie, und sie sind nicht mein Lebensmittelpunkt (das kann missverstanden werden, aber wer das falsch versteht, hat ohnehin eine pathologische Vorstellung von Mutter-Kind Beziehung). Meine Kinder sind der Teil von mir, der sich abgespalten hat und etwas neues sind und mit meinem Zutun und das der Welt, wachsen. Sie sind ein Teil von mir und gleichzeitig überhaupt nicht. Deshalb sind Frauen ohne Mutterschaft niemals unvollständig.

Im Leben des Anderen zu sein hat mich mein eigenes Leben hinterfragen lassen, sollte man meinen. Nein.

Die Bewertung des Selbst und des Anderen ist grundsätzlich Unsinn, genau wie ein Vergleich. Ich habe ein Erinnerungsphoto gemacht, das nicht nötig ist, denn ich werde mich immer dran erinnern, das Gefühl der Erkenntnis, das so beiläufig nachts um halb drei auf hellem Papier schimmerte, angeleuchtet von der Straßenlaterne des phänomenalen Ausblicks meines Schlafplatzes.
Ich habe gemerkt, dass ich gerne diese tolle Zeit, diese Erkenntnisse, die Bilder mit meinen Kindern geteilt hätte, das aber gar nicht geht, die sind zu klein. Und werden noch zig Jahre zu klein sein. Sie werden eigene Erkenntnisse haben und sie nicht mit mir teilen, und that’s fine.

Und vielleicht ist Mutterschaft auch Kunst, Werke, die man erschafft, und dann in die Welt entlässt, auf das sie von anderen mit eigenen Augen gefühlt werden.

Cancel Culture existiert nicht

Okay, ich sage Euch mal, wenn ich alles canceln würde und warum, und dann stellt Ihr fest, ES GIBT KEINE Kultur des Abkanzelns. Die Auswahl ist auf die Branche der Oberflächlichkeit bezogen, und ihr kennt alle Namen, deswegen nehme ich mir nur ein paar aktuelle Beispiele zur Brust, weil die Liste und vor allem die Namen mir die Kotze in den Mund hochtreiben lassen.

Johnny Depp.
Alessandro Michele von GUCCI, der sich permanent mit Jared Leto, einem branchenbekannten Pädophilen, zeigt.
Jared Leto, siehe oben.
Alexander Wang, der Leute unter Drogen und Alkohol setzt.
Chris Brown, der Rihanna geschlagen hat und verurteilt wurde.
Nick Carter.
Prince Andrew.
Jeder im Umfeld Epstein und Maxwell.
Woody Allen, der immer noch Filme dreht.
Trump, Weinstein, so ziemlich jeder deutsche Regisseur und Bühnenmacher, nur dass sie so gut wie nie namentlich genannt werden, habe ich sogar aus dem persönlichen Umfeld erfahren; Luke Mockridge und ja, er ist noch im Fernsehen.

Wenn man “deutsche Stars denen sexuelle Belästigung vorgeworfen wird” bei Google eingibt, kommt nix. Das englische Pendant hingegen spuckt Listen aus und Beiträge von seriösen Medien, es gibt Verurteilungen (wenige), und auch diese Männer sind immer noch medial präsent und erfolgreich. Ein Gegenbeispiel: Eine junge deutsche Prominente, die quasi vor laufender Kamera vergewaltigt wurde, und bei der es hieß, selbst schuld. Amber Heard, die ihre gut dotierte Filmrolle verlor, nachdem sie sich als Opfer häuslicher Gewalt bekannte.

Es gibt natürlich auch viele medial präsente Menschen, die Schwachsinn von sich geben, und dennoch immer wieder in Talk-Shows sitzen und Buchverträge bekommen. Precht und alle seinesgleichen, und dabei sind es zu 80% Männer. Nicht weil es nicht auch ignorante Frauen gibt, sondern weil Frauen grundsätzlich nicht präsent sind. Hat den Vorteil, dass Doofheit weiblicher Nuance zwar stärker auffällt, aber auch öfter mal nicht auffällt. Sara Wagenknecht ist so ein Beispiel.

Tatsächlich habe ich diese Tage auf Twitter eine kleine Zusammenfassung eines amerikanischen, leitenden Journalisten gelesen, der sich zur unglaublich grausigen Sache mit Vergewaltigung und Handel von Kindern in Hollywood beschäftigt hat (alle wussten es, so seine Aussage). Er schreibt, er sei unglaublich traumatisiert und könne 80% der Dinge trotz Beweise und Dokumentation ohnehin nicht veröffentlichen. Seine Position sei nicht mächtig genug und man würde ihn im Nu fertig machen – nicht nur beruflich. Die Mittäterin wurde zu 20jahren Haftstrafe verurteilt. Übrigens spannend, dass auch der Anwalt von Depp dahin Beziehungen unterhielt, und der wiederum ist mit der Kosmetik-Produzentin Barbara Sturm verheiratet, die wiederum ihre Produkte durch ihren Hollywood Zirkel bewerben lässt. Geld stinkt scheinbar nicht genug, egal womit und mit wem es verdient wird.

Cancel Culture ist somit ein Begriff, der erfunden wurde, um aufschwellende Diskussionen von vornherein zu vereiteln. Wobei das recherchierte Fakten sind, und kein Anschuldigungen.

Shoutout an die Journalist*innen, die sich das antun!

#IchBinArmutsbetroffen – das Leben unter der Armutsgrenze

Der Hashtag #IchBinArmutsbetroffen ging viral und ich will kein Clickbait betreiben, sondern lediglich darauf aufmerksam machen. Es kommt mir zwar behämmert vor, auf der einen Seite Lippenstifte für 50 Euro, auf der anderen Seite ist der gewährte Mindestbetrag für Lebensmittel 4,85 Euro pro Person. Zieht Euch das mal rein. Dass für Bildungswesen 1,62 Euro zur Verfügung stehen, ist dann auch so eine Sache. Aber gut.

Der Mindestbetrag für Leben ist 449 und was man damit macht, ist erstmal egal. Allerdings muss man laufende Kosten wie Strom und “irgendwas ist immer” auch einplanen. Angesichts der steigenden Preise, bei einer Inflation über 7% (ich habe keine Ahnung was das bedeutet, wenn ich ehrlich bin, aber ich habe vor ein paar Wochen eine Gurke für 2,49 gekauft, WTF) ist der Betrag natürlich zu wenig zum Leben. Der Spruch besagt zwar auch, zu viel zum Sterben, aber das sehe ich mittlerweile gar nicht so, es ist und bleibt schlichtweg zu wenig. Wenn man bedenkt dass für Kinder ebenfalls sehr wenig Geld zur Verfügung steht, dann weiß ich nicht, wie das funktionieren soll (Kindergeld, Unterhalt, es wird angerechnet und der Betrag bleibt immer gleich wenig). Hat mal schon mal jemand ein Kind essen sehen? Die brauchen irre viel Essen am Tag, und ohne Gemüse und Obst geht es nicht. Dabei wird ungesunde Ernährung natürlich langfristig krank machen und nun ja, das Ganze geht wieder von vorne los. Armut, Krankheit, Armut, Krankheit, als ob es beabsichtigt wäre.

regelbedarf hartz4 für einen erwachsenen

Tatsächlich ist es dann aber so, dass man mit Hartz4 dann unter der Armutsgrenze in Deutschland ist. Warum? Nun, so “motiviert” man die Leute, sich einen Job zu suchen. Dabei sind die drei Leute, die tatsächlich kein Bock haben, eh nicht zum Arbeiten zu bewegen. Betroffen sind kranke Menschen, Alleinerziehende, und Rentner*innen, deren Rente nicht ausreicht. Also gar nicht so wenig Leute, und da kann man nicht von Faulheit sprechen. Denn was damit einhergeht, ist so mächtig, dass es wenige Menschen freiwillig auf sich nehmen. Die Angst vor dem Briefkasten, das Gefühl von Ohnmacht und natürlich die Scham, zu sagen: Ich kann dies und das nicht, weil mir das Geld fehlt: Eis essen, Bier trinken, ein Geschenk machen. Für Kinder bleibt ein lebenslanges Trauma, für Erwachsene ist es eine unglaubliche psychische Belastung.

Was immer wieder thematisiert wird, ist das damit einhergehende Stigma: Faul, dumm, in der sozialen Hängematte. Das ist klar Mittel zum Zweck, denn so ist dieses Schreckgespenst immer da, wenn man kein Bock mehr hat und schmeißen möchte, denn auch der schlecht bezahlte Job ist immerhin gesellschaftlich mehr wert, als arbeitslos zu sein. Dabei weiß ich mittlerweile aus der Akademiker*innen Riege, dass etliche Doktorarbeiten über Hartz4 finanziert wurden, weil man zwischen zwei Jobs/Projektverträge schlichtweg diese Finanzierung brauchte. Auch das ist übrigens dank Aktivismus auf Twitter bekannt geworden, Stichwort #IchBinHanna.

Jedenfalls sagt einem nicht nur der gesunde Menschenverstand, dass der niedrigste Lebensstandard zu niedrig ist, sondern auch sämtliche Verbände, die sich damit befassen. Und die 2,50€, die eine Erhöhung aus dem Haushalt bedeuten würden, sind da. Nur: Will man das? Nein. Welche Lobby haben Menschen ohne Geld, denen kann man nix verkaufen? Keine.
Ich meine, wenn ich mir einen E-Neuwagen kaufe, bekomme ich eine Subvention in Höhe von 9.000 Euro. Lobbyarbeit? Lobbyarbeit. Es liegt daher nahe, dass angesichts der zu niedrigen Renten alles versucht wird, jetzt und auch zukünftig Geld einzusparen. Alte Menschen haben ja noch weniger Lobby. So geht man mit der alternden Gesellschaft um, und richtig hart gesagt: Armut tötet. Spart dem Staat dann aber Geld.

Jedenfalls, gerade als privilegierte Person ist es wichtig, nicht nur zu sagen “Arme Menschen, ich sympathisiere mit Euch, aber Gott sei Dank habe ICH es besser” und dann sein Wein zu süffeln, sondern sich tatsächlich aktiv, wie beim Rassismus, bei Misogynie, etwas in seinem Mindset zu verändern und tätig zu werden. Weil man es kann.

Selbst eine popelige Petition kann helfen, daher teile ich es gerne:
Wir wollen in Würde leben – schafft Armut ab!
https://weact.campact.de/petitions/wir-wollen-in-wurde-leben-schafft-armut-ab
Achtung, muss bestätigt werden. Und achtet darauf, dass Ihr nicht gleich alle Kampagnen abonniert 😉

UPDATE aus dem heute erschienenen Armutsbericht 2022 laut Pressemitteilung:

Laut Paritätischem Armutsbericht 2022 hat die Armut in Deutschland mit einer Armutsquote von 16,6 Prozent im zweiten Pandemie-Jahr (2021) einen traurigen neuen Höchststand erreicht. 13,8 Millionen Menschen müssen demnach hierzulande derzeit zu den Armen gerechnet werden, 600.000 mehr als vor der Pandemie. Der Paritätische Wohlfahrtsverband rechnet angesichts der aktuellen Inflation mit einer weiteren Verschärfung der Lage und appelliert an die Bundesregierung, umgehend ein weiteres Entlastungspaket auf den Weg zu bringen, das bei den fürsorgerischen Maßnahmen ansetzt: Grundsicherung, Wohngeld und BAföG seien bedarfsgerecht anzuheben und deutlich auszuweiten, um zielgerichtet und wirksam Hilfe für einkommensarme Haushalte zu gewährleisten.
[…]
Auffallend sei ein ungewöhnlicher Zuwachs der Armut unter Erwerbstätigen, insbesondere Selbständiger (von 9 auf 13,1 Prozent), die während der Pandemie in großer Zahl finanzielle Einbußen zu erleiden hatten. Armutshöchststände verzeichnen auch Rentner*innen (17,9 Prozent) sowie Kinder und Jugendliche (20,8 Prozent).
[…]
Während sich Schleswig-Holstein, Brandenburg, Baden-Württemberg und vor allem Bayern positiv absetzen, weisen fünf Bundesländer überdurchschnittlich hohe Armutsquoten auf: Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Berlin und das Schlusslicht Bremen, weit abgeschlagen mit einer Armutsquote von 28 Prozent.
[…]
Nur zwei Milliarden Euro des insgesamt 29 Milliarden-Euro-schweren Entlastungspaket seien als gezielte Hilfen ausschließlich einkommensarmen Menschen zugekommen, kritisiert der Verband.

Eat the rich? Nein. Es ist einfacher: Besteuert Finanztransaktionen, Unternehmen, und reiche Menschen. Ich meine nicht Porschefahrerinnen, sondern Porsche-Inhaberinnen. Geld zuerst in den Gesundheitssektor und Bildungssektor. Und ja, selbst das ist betriebswirtschaftlich vernünftig.