Das erste Mal: Weiße Haare
Warum ist der Beitrag unter Feminismus gespeichert?
Weil Männer mit weißen Haaren sexy sind. Es heißt Männer werden mit dem Alter besser, wie Wein. Es heißt George Clooney Effekt. Silberne Schläfen sind seriös – an einem Mann natürlich nur. Männer ergrauen und sind gediegen, es heißt platinfarbene Mähne und oh mein Gott, vermtulich gibt es reichlich mehr schmeichelhafte Umschreibungen für die Herren der Schöpfung. Kotzi.
Frauen hingegen…
Haben eine Pandemie und das Jahr 2021 gebraucht, bis es so etwas wie natürliche, ungefärbte Haare bei Hollywood-Schauspielerinnen gab. Als Keanu Reeves eine Frau mit weißen Haaren datete, die immer noch zehn Jahre jünger ist… war der Aufschrei groß, größer jedenfalls als wenn er sich die 23-24jährigen Models gekrallt hätte wie Leonardo DiCaprio.
Die meisten Frauen färben sich die Haare, selbst wenn sie sonst kein Make-up tragen, in Sack und Leinen rumlaufen und auch sonst völlig uneitel sind. Der Haarfärbemittel-Marlt ist der größte in der Beauty-Branche! Und was das für eine riesige Sauerei ist, welche allergischen Reaktionen Haare färben hervorruft und dass Friseure in Deutschland Handschuhe beim Färben tragen müssen, weil sie sonst Blasenkrebs bekommen, sei noch hinzugefügt. Dazu kommt noch die Umweltverschmutzung durch Produktion und Verpackungen. Herrlich…
Doch es ist ein fester und bislang nicht aus der Welt geschaffener Schönheits-Standard für die Frau:
Graue Haare oder weiße Haare sind ein no go. Und wenn man sich heute damit auf Instagram feiert, dann nur, weil die Frau maximal 30 ist. Dabei ist die Pigmentierung der Haare genau so unwichtig wie die Körpergröße oder Anzahl der Chanel-Handtaschen.
Und wie war es bei mir? Ich leide auf hohem Niveau – zuletzt mit Henna hatte ich die Haare endlich gepflegt und glänzend, die Farbe orientierte sich an “war grad im Angebot und ich hätte mich sonst nie entscheiden können” und hatte damit die ersten unschuldigen weißen Haare wohl übertüncht. Doch die farbe war ein hauch zu rötlich und zu unecht, schön, aber nicht für meinen Teint, also entschied ich mich die dunkelblonden Haare, die gerade sehr schön gräuöich sind, zu ihrem recht kommen zu lassen. Ein bisdchen Wehmut war dabei, ja, aber: Es gibt farbloses Henna, damit werden auch diese Haare schön glatt und glänzend, und überhaupt hätte ich am liebsten jetzt schon alles in diesem coolen dunklen Grau, das so gut zu meinem Platinschmuck passt.
Alse ja, ich nahm es positiv, es passt gut zum Teint, macht sich gut mit klaren Tönen im Make-up und ist total interessant, wie kleine glitzernde Diamanten auf dem Kopf.
Und ich sage es mal so: Immerhin wächst da überhaupt noch was…?!
Es wird uns nun mal beigebracht, uns als Frau stets als das schlechtere, weniger-e und imperfektere Geschöpf zu sehen und verstehen. Wir werden nicht besser, wie der Wein, wir korken lediglich und unser Verfallsdatum ist nur dann über 40, wenn wir über einen OP-Tisch gerutscht sind und nicht danach aussehen.
Nö. Ist langweilig. Mich langweilt das mittlerweile, die glatten Stirne, die aufgespritzten Lippen, die perfekten Zähne und die sehr schlanken, knochigen Gestalten. Natürlich weiß ich, dass Ästhetik sich ändert und wir derzeit in Richtung athletisch und kraftvoll gehen, aber immer noch alles glatt; immer noch muss der Bauch flach sein oder zumindest der Busen groß.
Diversität findet nur statt wenn es Hautfarbe betrifft bis 30, ab 40-50 sind alle Frauen wieder schlank, weiß und operiert (rich white ladys).
Irgendwo dazwischen sind die restlichen 95% der Frauen, die es mittlerweile als echten Befreiungsschlag empfinden, sich diversen Idealen nicht mehr zu unterwerfen, ob Haare oder Partnerschaftsstatus. Gut so. Gut – die Kultur ändert sich schließlich. Durch uns. Durch Repräsentation.
Und weil ich uns repräsentiere, mit Leser:innen die seit über zehn Jahren dran bleiben OH MEIN GOTT, will ich diese Möchtegerne-Diversität aufbrechen. Easy, bleibe ich dabei immer noch in dem Normschön Bereich, aber ich würde sooo gerne mal jemand anders mit einem “Vorher geil, nachher geiler” beglücken und zeigen, dass wir leidglich unsere Sehgewohnheiten ein wenig hinterfragen müssen.
Bock? HMU – hit me up, also melde Dich, weil warum nicht.