Retinol und Säurepeelings – Glow oder Pergament

OMG ein Beautybeitrag auf einem Beautyblog, der seit einem Jahr nicht mehr über Beauty handelt!

Der heutige Anblick meiner Haut macht es notwendig, sei es denn nur dafür, dass ich.mir.das.hinter.den.Ohren.schreibe.

Ich habe eine Retinolcreme mit 1% Retinol drin, was schon steil ist, die höchstzulässige Menge n einem Kosmetikprodukt. Paula’s Choice, gibt es aber auch von anderen Herstellern. Völlig überteuert übrigens, aber ich bestelle dort auch andere Dinge und es gibt viele Goodies, gleicht sich also aus.
Retinol soll das Ding gegen fahle Haut, Aknenarben und Falten sein, quasi eine eierlegenden Wollmilchsau. Genauso wirken die Säurepeelings, die einfach eine gewisse Hautschicht wegätzen und mit denen man auch sehr vorsichtig agieren sollte. Man kann sich in hoher Konzentration so richtig übel die Haut mit versauen. Solche Dinge zu testen ist eigentlich typisch für mich, denn obwohl ich in der Auswahl der Gesichtspflege sehr vorsichtig und konservativ bin, hege ich immer wieder Selbstzerstörungsgelüste und probiere Dinge aus, die extrem sind.

Retinol zählt eindeutig dazu.

Was machen Retinol und Konsorten? Sie peelen chemisch, sprich es ist eine Mikroverbrennung der Haut. Eine gute Reaktion der Haut ist: Keine. Ein wenig aufgehellt und glatter, ansonsten sollte nichts sein. Wird die Haut jedoch rot und spannt, dann hat man eindeutig zu viel Säure erwischt und kann es entweder sofort abwaschen und versuchen mit einem neutralen Serum/Gel/Aloe Vera schnell zu verarzten oder aber lässt die Haut erst einmal in Ruhe und schaut ein paar Stunden später.

Ich ging indes mit rosigen Wangen schlafen und wachte heute morgen mit der besten Haut meines Lebens auf. Glatt, strahlend, fleckenfrei – und das Ganze hörte exakt unterhalb der Augen auf, wo scheinbar sämtliche Schönheit heraus extrahiert wurde. Grauenvoll trocken, unglaublich faltig und regelrecht mumienartig schaute mir meine Augenpartie entgegen. Als Allergikerin bin ich ja einiges gewohnt, gerade die Augen sehen am frühen morgen schlimm aus, egal wieviel ich trinke und wie gesund ich mich ernähre, zumal in der Zeit der Frühblüher, wo sie gerne rot, juckend und eitrig sämtliche Symptome auffahren. Aber das?! ALTER SCHWEDE!!
Die rosigen Wangen sind über Nacht schlichtweg der angesprochenen leichten Verbrennung gewichen und haben die zarte Haut um die Augenpartie herum in Mitleidenschaft gezogen. Dazu spannt die Haut um meinen Mund auch ordentlich. Meine Oberlippe sieht aus wie frisch aufgespritzt, dezent zwar, aber definitiv zu glatt. Es fühlt sich sehr unangenehm an, nicht schmerzhaft, aber unangenehm.

Während manche auf eine Pflege mit Retinol schwören, oder aber den täglichen Einsatz von Säurepeelings propagieren, überlege ich die ganze Zeit was es bedeutet, diesen Mikrosonnenbrand jeden Tag in der Fresse zu haben. Wir die Haut dadurch nicht dünner? Tut sie sich nicht eh von selbst schuppen und so? Soll man die zerstörerischen Strahlen der Sonne nicht genau deswegen vermeiden?
Der regelmäßige Einsatz von Retinol macht die Haut sehr dünn und pergamentartig, was natürlich langfristig nicht so geil ist. Abhängig von Konzentration und Dauer der Anwendung sollte man also sehr vorsichtig damit umgehen, um die Haut nicht zu sehr zu reizen. Kleine Mengen, kleine Konzentration und vielleicht keine tägliche Nutzung, auch nicht wenn die Haut es vermeintlich abkann.
Periorale Dermatitis ist nicht schön und zwar auch streßbedingt, wie so vieles, aber ein Vorgeschmack durch solche Produkte habe ich schon bekommen und kann nur sagen: Äußerst unangenehm, und hässlich ist nur noch das Sahnehäubchen auf ein dauerschmerzendes Gesicht, da periorale Dermatitis mit Flecken und Entzündungen daher kommt.

Warum das Zeug dennoch propagiert wird? Die Anwendung von Säure bringt die Notwendigkeit mindestens dreier, weiterer Produkte nach sich: Seren, Toner, mindestens eine Creme und Lichtschutzfaktor, den man übrigens nicht immer anwenden muss. Während der Pandemie zuhause im Winter, in Norde-Deutschland? Da bin ich froh wenn ich die 20 Minuten Tageslicht abbekomme.
WEIL: Da klingelt die Kasse bei jedem Hersteller! Toner und Serum sind ohnehin Cash Cows, da kostet die Verpackung immer mehr als der Inhalt.

Eine Indikation kann es bei diesem Teufelszeug allerdings geben, und zwar eine bestimmte Form von Akne, die mit Verhornungsstörungen der Haut einhergeht, wobei auch da nur eine leichte Akne therapiert werden kann und auch da vorsichtig die Menge und Häufigkeit des Mittels der Wahl herausgefunden werden muss. Bei mir persönlich hat die empfohlene Salicylsäure katastrophal gewirkt und meine Haut vollständig ruiniert, während 10% AHA Säure sehr gut tun.
Ein guter und aktueller Beitrag zu Akne https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2016/daz-32-2016/wieder-aufgeblueht

Fazit meines Exkurses in die Säure-Welt ist mal wieder: Das Maß der Dinge ist das Maß der Dinge. Man kann alles mal verwenden und ausprobieren, sollte aber vorsichtig damit sein und immer die langfristige Wirkung mitbedenken. Eine Haut mit Glow ist zwar heute schön, wird aber in 20 Jahren einfach nur furchtbar dünn und trocken sein, und das ist in der auch sehr schwer in den Griff zu bekommen.

Derweil werde ich jetzt meiner Alove Vera Pflanze zu Leibe rücken und meine Mikro-Verbrennung mit frischer Aloe therapieren. Zumindest habe ich mal eine unerwünschte Vorschau auf die Faltenbildung später bekommen, die übrigens interessant ist, sehr ungleichmäsig, was mich ein wenig belustigt, weil die Vorstellung von meinen Falten bei mir ganz anders ist, sie sind in meinem Kopf sexy und symmetrisch und irgendwie schön. Sind da etwa die konsumierten Medien schuld?! Würde ich nicht sagen… *IRONIE*

Und weil die Sonne heuer scheint, werde ich mutig meinen Balkon betreten, die Abgase einatmen und die verfickten Pollen und mir mal 10 Minuten UV gönnen! Pandemie, Du kannst mir nix!

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Nachhaltigkeit und Fashionbranche – was das Körperbild über die Urheber sagt

Let’s face it: Schwache Männer wollen unsichtbare Frauen.

Nachhaltigkeit in der Fashion-Industrie geht über den Einsatz von materiellen Ressourcen und das Gebot der fairen Bezahlung hinaus. Sie bedeutet zeitgleich Inklusion, denn sie hat einen krassen kulturellen Einfluß auf uns alle.
Angefangen mit Kinderkleidung: Es gibt rosa und blau. Rosa ist sehr schmal, sexualisiert, und teuer. Blau ist mittlerweile auch sexualisiert, wenig fröhlich-dekorativ gehalten, und sehr an Erwachsenen-Kleidung orientiert. Das bestimmt schon im frühen Kindesalter das Bild von Mann und Frau. Wehe denen, die sich mit traditionellen Rollen nicht abfinden mögen, und dafür muss mensch nicht einmal queer sein.

Weiter geht es also mit High Fashion: Die Kleidung, die man für 10-, 20-, 30-Tausend Euro auf Designer-Laufstegen sieht. Sie setzen Trends, die für uns von Fast Fashion Produzenten in Massenware kopiert werden und in endloser Überfülle auf den Markt geworfen werden.

Die Laufstege? Waren es heuer noch Typen mit Muskeln und Frauen mit Brüsten, ist es wieder sehr androgyn geworden, aber in erster Linie: Dünn. Kaum ein Model, das kein Untergewicht hat, und die wenigen, normalen Frauen (Männer habe ich nicht im inklusiven Größenbereich gesehen) werden als große Ausnahmen gefeiert. Auch die nicht-europäischen Gesichter sind endlich mal auf dem Laufsteg sichtbar, aber trotzdem herrscht dort bevorzugt die weiße Norm: Glatte Haare, schmale Nase.

Mein persönliches Problem mit dem Körperbild? Auch ich bin schlank und definitiv normschön, weshalb mich das wenig belasten sollte, aber das tut es trotzdem: Zum einen weil es immer noch dünner geht, und weil Kleidung dann tatsächlich besser ausseht.
Zudem lässt mich meine Arbeit mit anderen Frauen immer wieder das erfahren: Das Körperbild ist so stark genormt, das Selbst-Akzeptanz eine Form von Rebellion zu sein scheint.

Das Dünn-Sein als Norm wird von Wissenschaftler:innen als Unsichtbar-Machung bezeichnet. Und wer kann es nicht leiden, wenn eine Person neben ihm/ihr sichtbar wird? Natürlich ein schwacher Mensch!

Nun ist das Gros der Fashion-Designer mit wenigen Ausnahmen männlich, und sie bestimmen einen androgynen, schmalen und männlich-jungenhaften Körper als Norm.
Wer jetzt Maria Chiuri und Miuccia Prada ins Feld führt: Ja, auch die Frauen; zum einen ökonomisch getrieben, wie es Miuccia Prada selbst zugegeben hat, zum anderen auch aus einer Kultur kommend, die das Dünnsein als Disziplin und Ästhetik auserkoren hat. Die kultivierte, ältere Frau ist sehr schlank und wohlhabend: Die Klientel passt sich an dem Markt der sich an der Klientin anpasst. (In Deutschland fällt Alice Schwarzer auf, die bekanntlich Yohji Yamamoto trägt und sich nicht dem Schlanhkeitsdiktat unterworfen hat.)
Surft man die erfolgreichen Influencerinnen heraus, die tatsächlich das Kapital für den High-Street Markt haben, sieht man, dass sie ausgesprochen schmal sind.
Lustigerweise ist das sich unterwerfen der Unsichtbar-Machung bei zeitgleichen Wunsch, sichtbar zu sein, ein aussichtsloser Kampf.

Doch mich treibt eine andere Frage um: Was sagt es eigentlich über die überwiegend männlichen Designer, Photographen und Stylisten?

Nun, ich picke mir ein Beispiel heraus: Alexander Wang. Er gibt bestätigte Vorwürfe (siehe Instagram Account von Diet Prada) von sexuellen Übergriffen gegenüber anderen Männern und Frauen. Es ist quasi eine urbane Legende, dass er auf Parties Leute abfüllt oder Drogen verabreicht. Das prominente Umfeld kennt es und toleriert es, weil es scheinbar als Standard durchgeht. Nicht vergessen, dass man sehr wohl wusste, was Epstein und Konsorten für Menschen waren, und sie trotzdem hofiert wurden.
Alexander Wang ist also jemand, der glaubt das einfach tun zu können, und sein Handeln bestätigt ihn. Moralisch verkommen? Es geht darüber hinaus, leider: Er ist ein Verbrecher.

Mit der Gefahr homophob zu wirken, wir als Frauen tragen Dinge, die von Männern gemacht werden, die Männer mögen – Und Frauen fürchten? Sexuelle Orientierung dahin gestellt, die Fashion-Industrie ist ein Schaulauf toxischer Männlichkeit und Narzissmus. Kein Wunder, dass die wenigen erfolgreichen Frauen eher im Hintergrund bleiben, bis auf wenige Ausnahmen. Keine Skandale, keine Dokumentarfilme, kein Posing auf Instagram.

Beispiel: So zeigte zuletzt auch Yves Saint Laurent, die mal schön Yves rausgestrichen haben, wie Frauen zu sein haben: Dünn. Sehr dünn. Der Designer Vacarello schickte die Models in die Wüste, in Highheels. Man könnte ob des Wortspiels im Deutschen fast schon darüber lachen…

Beispiel: Dieses Jahr hat das erfolgreiche und sehr dünne Model Stella Tennant Selbstmord begangen hat, und auch wenn es nur eine Mutmassung ist, der Verdacht liegt nahe dass eine so toxische Branche einen Einfluss darauf hatte. In Erinnerung bleibt mir das Bild, auf welchem sie schrecklich abgemagert posiert – wurde als Hommage von einem berühmten Designer oder Stylisten auf Instagram, gepostet.

Das sind drei Beispiele dafür, wie letzten Endes eine zutiefst toxische Männlichkeit, die sich auch gegen Männer richtet, absolut entlarvend wirkt.
Umso interessanter und wichtiger, die positiven Beispiele zu finden, die dies nicht tun – eine Expertise sondergleichen, weil auch ökologische Mode häufig in diesem Bereich nicht inklusiv ist.

Übrigens, eine sympathische, britische Aktivistin, die sehr empowernd und transparent ist:

Jahresrückblick

LEER.
Im Ernst, welches Jahr nochmal? Kann ich bitte nochmal die AGBs sehen? Und ist das Jahr überhaupt um?

2020 war krass, ohne Frage, und ich habe exakt nichts in diesem Jahr hinbekommen. Das war allerdings auch so absehbar ab einem gewissen Zeitpunkt; und relativ früh wurde mir klar, dass das Jahr als Zeitraum keine Relevanz mehr haben wird. Pandemie, Impfung, alle impfen, Nachwehen – das ist ein Zeitraum, der locker bis 2022 gehen wird.

2020:
Ich bin ausgezogen und lebe wieder alleine. Die Bude entspricht ziemlich genau meinem Vorstellungen, und ich freue mich jeden Tag darüber.
Ich habe meine Erwerbstätigkeit nach zehn Jahren gekündigt. Auch das war geplant, und auch darüber freue ich mich.
Ich habe mich persönlich krass weiter entwickelt, und ich freue mich , dass ich in der Lage bin, das zu erkennen.

Natürlich sollte ich nicht unerwähnt lassen, dass Dinge, die sonst immer funktioniert haben wie mein Stil, nicht ganz so stabil waren: Knapp bin ich einem paar Schuhe in Leo-Look entkommen, allerdings nur um mir silberne Ballerinas zu kaufen. Was ich mir dabei gedacht habe? Nicht viel, wie es scheint.
Ein paar sehr rockige Designer-Schmuckstücke landeten mit Verlust auf Ebay Kleinanzeigen, und mein neu entdecktes Faible für Haar- und Hautpflege bescherte mir einen Ausschlag, der eigens auf den Namen Arschibald getauft werden musste. Als langjährige Beautybloggerin habe ich nie rumgestestet, nur um in einem Moment der Pandemie-Schwäche Chanel und Moroccon Oil auszuprobieren weil sie so gut DUFTEN. Ach was, sagte meine Allergie, und Arschibald applaudierte.
Diverse Zipperlein bescherten mir eine längere Sportpause und das Fitnessstudio schloss, was sich mit 8 Kilogramm Pandemie-Gewicht rächte.

Glimpflich davon gekommen, oder? Immerhin kein COVID-19 eingefangen, ich lebe noch, ich habe zwei supersüße Kinder und das erste Mal in meinem Leben from scratch ein Brot gebacken.
2020 hat mir gezeigt, dass ich alles kann – und was soll ich sagen, irgendwie ist 2020 noch nicht um, oder?

Warum die Diskriminierung von Müttern systemrelevant ist

Ja, habe ich heute das schärfste Gericht meines Lebens gegessen und dachte kurz, ich würde sterben? Ja.
Dann erinnerte ich kurz, dass Capsaicin, also der höllische Wirkstoff der Chili, schlichtweg Schmerz verursacht und dass ich dieses schon aushalten werde. Ich habe zwei Kinder ohne Schmerzmittel bekommen!
Dieser sicherlich wenig tröstende Gedanke birgt zwei Komponenten: Zum einen, dass Schmerz und Leid zur Mutterschaft gehört, zum anderen, dass FRAU das schon ertragen müsse, könne, werde.

Brückenschlag zum Thema: Berufstätigen Müttern zahlt man wenig Geld. Entweder befinden sie sich im Niedriglohnsektor und müssen ihre 40h irgendwie abreissen, froh dass sie überhaupt Geld verdienen, oder aber sie befinden sich bereits auf einem besseren Niveau, arbeiten in Teilzeit, schlecht bezahlt und mit mehr Output als Vollzeitkollegen, oder aber, und das ist die von vielen beneidete Endstufe: Aufgrund des hohen Einkommens ihres Partners (sorry dass ich hier von Cis-Hetero-Scheisse ausgehen muss, darauf baut das System nun mal auf) ist die Mutter Zuhause, leistet unbezahlte Sorge-Arbeit und bestenfalls engagiert sie sich noch ehrenamtlich.

Ehrenamt. Ehrenamt ist ehrlich gesagt sehr wichtig – und gleichzeitig sehr verkehrt. Nicht nur verhindert Ehrenamt, dass Arbeit bezahlt und somit wertgeschätzt wird, es spielt auch im Perpetuum Mobile des Kapitalismus eine wichtige Rolle, siehe die der Mütter.

Der Sorge-Arbeit (Pflege von Kindern, von Älteren) mangelt es an vielen wichtigen Dingen: Anerkennung und soziales Umfeld seien als wichtigste Punkte zu nennen. Im Ehrenamt findet man beides: Struktur, Anerkennung, ein soziales Umfeld, und dass mit (vermeintlich?) erheblich weniger Druck als in einem schlecht bezahlten Teilzeitjob, und natürlich mit besserer Vereinbarkeit mit den unterirdischen Kinderbetreuungsmöglichkeiten in Deutschland.

Dadurch werden unzählige Jobs zunichte gemacht. Die unbezahlte oder geringfügig bezahlte Arbeit ermöglicht es, systemische Unterversorgung in Kindergärten, Schulen und Sozialeinrichtungen zu verdecken.
Nun, das ist ja nichts Neues, ich habe außerdem selbst schon mal darüber geschrieben.

Das Argument dagegen ist klar: Bevor die Institutionen und damit verbundenen Menschen völlig verwahrlosen und das Leid unerträglich wird, muss Abhilfe geschaffen werden – die Mitleidstour.
Erstaunlicherweise passiert gar nichts, wenn sich niemand findet. Es dauert ein wenig, aber auf einmal wird jemand eingestellt. Und auf einmal wird “Mehrbedarf” anerkannt. Und schwupps, ist ein neuer, sozialversicherungspflichtiger Job entstanden. Dies gilt natürlich nicht für alle Institutionen. Obdachlose, an die nun mal wirklich keiner an Interesse hat, wären betroffen, gäbe es kein Ehrenamt. Deswegen – jede Medaille hat selbstverständlich zwei Seiten.

Angenommen, Mütter/Elter/Ehrenamtler:innen würden von heute auf morgen alle gemeinsam das Handtuch schmeißen. Da wäre was los! Oder sie würden ein Gehalt verlangen.

Überhaupt ist der Niedriglohnsektor, die sogenannten Frauenberufe, auch gerade deswegen den Frauen zugeteilt. So wird das schreckliche Potential, das in Frauen steckt, und glaubt mir, es ist eine Menge Grausamkeit;-) durch Überarbeitung, Nicht-Beachtung und Diskriminierung in Keim erstickt. Was passiert mit empowerten Frauen, die an sich glauben und von anderen gefördert werden? Wir haben es jüngst an der Dichterin Amanda Gorman gesehen, die bei der “Thronbesteigung” Bidens in den USA einen vielgelobten Auftritt hingelegt hat. Mit 22 Jahren.

Warum gibt es keine Gleichberechtigung und keine Revolution? Weil wir weder die Kraft hatten, noch die Zeit dazu. Das gilt leider mittlerweile für Mütter und Väter gleichermaßen, wenn auch Männer nach wie vor eine privilegierte Stellung selbst haben.

Deshalb: Wer Zeit hat, sich für Ehrenamt zu engagieren, sollte vielleicht etwas anderes machen: eine Demo auf die Beine stellen, eine Protestaktion starten, Unterschriften sammeln, oder den Bundestag anzünden.

Empowerment – Wir sind alle Entrepreneurinnen

Es ist ein revolutionärer Akt in der heutigen Gesellschaft, als Frau sichtbar zu sein. #CreateYourself

Frauen dürfen. Alles.
Außer: Schön sein, auffällig, erfolgreich. Dann haben sie nix in der Birne, sich hochgeschlafen, sind Anhängsel und bestenfalls Influencerin, statt Entrepreneurinnen.

Die Beispiele finden wir reichlich auf Instagram. Leonie Hanne, eine sehr erfolgreiche Social Media Expertin, die mit 3 Millionen Follower, einem bezaubernden Lächeln und knallharten Brain ihr Business aufgezogen hat, vergisst niemals, jeden Tag dankbar zu sein, aber ich persönlich finde, sie kann sich das auf alle Fälle jeden Tag in erster Linie selbst zuschreiben. Ich finde es toll, dass sie nicht abgehoben ist, aber ich weiß mittlerweile, wie hart der Job ist, den die Blicke hinter den Kulissen sind zwar immer rosig-gefärbt, zeigen jedoch auch die knallharte Wahrheit.

Eine andere Expertin, die österreichische Beatrice Frasl, die im Bereich Mental Health arbeitet, wurde neulich als Influenecerin bezeichnet. Das ist niedlich, weil sie als Kulturwissenschaftlerin uns definitiv influenced, einen Antrag bei der Krankenkasse zu stellen, ansonsten außer Reichweite nichts mit dem Begriff zu tun hat. Sie als digitale Entrepreuneurin darzustellen? Niemals.

Als Unternehmerin ist diese Tage Madeleine Darya Alizadeh ein bisschen steil gegangen, nachdem sie angefeindet wurde. Sie hat sich eine Immobilie gekauft, und ja, sie ist jung und erfolgreich UND sieht dazu normschön aus. Ich persönlich finde sie beispielsweise aus irgendeinem Grund unsympathisch, sicherlich ein Funken Neid, aber sie hat alles richtig gemacht und ich bewundere ihre Marke und ihren Erfolg auf Social Media. Einen Shitstorm für Erfolg zu bekommen, das steht nur Frauen zu. Währenddessen sind Millionärssöhne wie Elon Musk voll der Knaller und werden gehypt für jeden peinlichen Auftritt und sind Vorbild ganzer Männer-Generationen. Ich kotze sanft in die Ecke.

Und nehmen wir mal jemand aus meinem persönlichen Umfeld, eine erfolgreiche ITlerin, die sagte, so mit 50 darf sie sich entspannen, davor darf sie nicht zu hübsch sein und zu teure Handtaschen tragen, weil es ihrem Können Abbruch tut, da sie sonst als Püppchen abgetan wird. Die Frau ist knallhart, witzig, liebenswürdig und attraktiv, was sie jedoch definitiv runter spielt. Der Erfolg gibt ihr leider recht, und sie sagte, es fehlen Vorbilder, es fehlt Empowerment, sich hinzustellen und zu sagen: Ich BIN, Bitches, denn das steht scheinbar nur sehr erfolgreichen und sehr reichen Frauen zu, also den drei üblichen Verdächtigen, die wir immer vor die Nase gehalten bekommen. Uns wird ein Narrativ vor die Nase gehalten, das zum einen bestätigt, es geht, aber gleichzeitig unerreichbar ist, denn reich geboren sind nun mal weniger, und von da aus ist es halt etwas einfacher. Post Scriptum: Meritokratie gibt es nicht wirklich.

Also gehen Frauen in Sack und Asche, sind ewig dankbar, haben einen Partner “ohne den sie es nicht geschafft hätten”, sind witzig, weil knallhart ist bitchy, und vor allem bescheiden und achtsam und sagte ich schon, dankbar?

FRAU, SEI DANKBAR, ACHTSAM, NETT UND FREUNDLICH. Und ja nicht zu kurz der Rock und nicht zu ausladend das Dekolleté, in das sowieso jeder starrt. Ich habe gelernt: Own it. Wer sichtbar ist, aufgrund welcher Eigenschaft auch immer, muss auch lernen souverän zu sein. Das ist die Master Class schlechthin. Souveränität im Umgang mit einem nicht wohlwollenden Umfeld ist eine Königsdisziplin.

Empowerment ist nur leider kein Handtäschchen, das man sich anziehen kann, es ist quasi nur die Hefe im Teig: Ein Starter. Ich habe mir eine neue Berufung als Stylistin zwar auch wegen den Klamotten ausgesucht, ich kann es einfach, aber auch um Empowerment zu liefern, deswegen den Zusatz Image Consultant. (Habe ich mich gerade als Hefe bezeichnet? Ich bin ein Pilz! Urgh.)

Das Narrativ können wir nur selbst ändern und in erster Linie bei uns und für uns, und ja, es ist anstrengend.
Es wirkt zuweilen trivial – über Klamotten?! Über High-Heels oder Handtaschen? Oder einen bunten Schal? Ja, weil Sichtbarkeit auch Handlungsfähigkeit bedeutet. Es gibt sogar ein Buch, übrigens wurde die Autorin wegen ihrem roten Lippenstift geshitstormt, ehrlich, und das 2020!!, – und das Buch heißt sehr treffend: Wer nicht sichtbar ist, findet nicht statt. Die Entrepreneurin Tijen Onaran ist eine eierlegende Wollmilchsau, Autorin, Chefin, krasse-Anzüge-Trägerin (sie hat eine tolle Berliner Stylistin) und hat aus ihrer Schwäche, nämlich ZU sichtbar zu sein, ihren Erfolg begründet. Ist es so einfach? Ehrlich gesagt, ja. Das weiß ich aus Erfahrung.

Empowerment ist nicht Selbstoptimierung als Hobby oder Arbeitsbeschaffungsmassnahme. Es kann nicht sein, das wir unser Leben mit drölfzig Coachings verbringen in der Hoffnung, das alles gut wird. Es ist nicht nachhaltig. Ich vergleiche es gerne mit Sport: Ja, Massage ist geil, aber machen muss man selbst etwas, damit eine Änderung dauerhaft wirkt, und ja, das ist anstrengend, zumindest am Anfang. Nicht jedeR braucht Sichtbarkeit oder eine Stilberatung, aber vielleicht tatsächlich Hilfe, den richtigen Sport zu finden, oder will an der Körpersprache arbeiten, oder braucht Empowerment für eine Gründung, oder Coaching in Bereich Partnerschaft und Sex. Gibt es alles.

Sichtbarkeit, neue Klamotten, check, jedoch macht erst das darin steckende Narrativ des empowered-seins es nachhaltig. Klamotten dürfen natürlich auch gerne nachhaltig sein, klar.

Ja, wir brauchen Empowerment und Anerkennung dessen, was wir leisten und können. Ändert die Sprache, ändert das Äußere, ändert das Narrativ – das geht ehrlich gesagt sehr einfach.
Es ist mir peinlich, weil ich das Geheimnis eigentlich für viel Geld verkaufen will, aber es ist sehr einfach: Glaube es.

Auf Instagram findet Ihr eine Zusammenfassung und paar Kommentare dazu, Ihr könnt mir gerne zwei Euronen paypalen oder mir Blumen schicken (OMG dafür würde ich gerade töten!!)