Das Eau de Parfum beschert meiner empfindlichen Nase argen Juckreiz, also besorgte ich mir eine Flasche Eau de Toilette, obwohl das scheinbar nicht mehr produziert wird.
1995 von Maurice Roucel kreiert, entspricht es ziemlich der Mode der 90er Jahre, aber nicht die weiße Tennissocken-Nummer, sondern die Taftkleider, blaue Lidschatten und Puffärmel-Version. Man muß dazu sagen, dass Roucel auch nette Sachen gemacht hat, wie Musc Ravageur für Frederic Malle, oder L’Instant de Guerlain, beide pudrige und schwülstige Geschichten, die ich aber geil finde, obwohl ich wohl für den Rest des Lebens vernarrt in weiße Blüten bleiben werde.
Maurice Roucel hat allerdings auch Serge Lutens’ Iris Silver Mist verbrochen, oh weh!
Nun wurde der Duft reformuliert, und so ist er nicht mehr die große, weiße Bombe mit Chypre, Amber und Vanille im Abgang. Es ist schon noch eine ziemliche Bombe, selbst in der Eau de Toilette Version, aber auf alle Fälle entschärft. Die Kopfnoten sind Bergamotte, Hyazinthe, Orange, Pfirsich, Ylang-Ylang, dann in der Herznote Gardenie, Iris, Jasmin, Orangenblüte, schwarzer Holunder und das Ganze abgerundet mit Amber, Patchouli, Sandelholz, Vanille.
Auf meiner Haut ist es ein quietschendes Schwein.
Sorry!
Der Auftakt ist das typische Eau de Cologne Feeling, das man bei herben Herrendüften hat. Es ist eine unglaubliche Kopie von Sisleys Eau de Camapagnie, weshalb man schon merkt, dass bei der Reformulierung Jean-Claude Ellena die Finger im Spiel gehabt haben muss.
…in der zweiten Runde ist es definitiv immer noch verdammt grün, und es ist schon eine sehr herbe Bergamotte und eher bittere Hyazinthe, wenn überhaupt, denn Hyazinthe ist eigentlich schön, nur aus der Nähe ist sie wie ein quiekendes Schwein. Der sehr artifizielle Duft wird dann endlich ein wenig wärmer und weicher und driftet in Richtung weiße Blüten ab, die allerdings recht lange brauchen, und dann auch nur mollig-weich und pudrig erscheinen, weil sie sich mit dem Patchouli und Vanille-Beet anfreunden und gemeinsame Sache machen. Bis dahin ist der Duft trocken und würzig, regelrecht kratzig und trotzdem glatt, wie frischgeschnittenes Heu sich anfühlt, wenn man mit den Spitzen über seine Haut kratzt. Sonnig aber auch!
Generell kommen hier sehr viele Assoziationen zu ländlichen Gefilden, was sehr widersprüchlich klingt, ist der Duft eher eine Grande Dame und mehr elegante Robe als Latzhose und Bauernhof. Der Duft soll der Favorit von Prinzessin Diana gewesen sein, und es passt. Irgendwie burschikos, irgendwie hochgradig elegant und arrogant, irgendwie sehr sehr feminin. Sehr widersprüchlich!
Nach Stunden fast, gefühlt zumindest, wird der Duft weich, sanft, süßlich und weiß-fleischig. Orangenblüte, Pfirsich, Jasmin, undefinierbare Hölzer und Vanille umhüllt von Amber, eine helle und transparent-orangige Gelegenheit. Eau de Merveilles finde ich darin wieder, ich finde Caléche darin wieder, und der Grund warum ich den Duft dennoch liebe, ist der pudrige, transparente und helle Eindruck, den der Duft hinterlässt. Er wird wie das weiche, feine Kaschmir-Tuch, das ich eigentlich immer trage.
Die Haltbarkeit ist übrigens sehr gut, der Duft bleibt hautnah oder auf der Kleidung sehr lange, aber dezent erhalten. Definitiv etwas, womit man den Kleiderschrank einsprühen kann. Für ein Kopfkissen finde ich den Duft zu viel, die Duftnoten sind zu präsent, auf der anderen Seite gibt es wenige Düfte, die sich dafür eignen, bestenfalls mein heißgeliebter Rose Ikebana, der fein genug ist.
Der Flakon ist übrigens die helle Freude, in der Form eines wehenden Tuches, mit einer Blütengravur auf der Rückseite und roségoldenem Verschluß. Letzteres eher nicht mein Fall, ich bevorzuge mittlerweile kühle Metalltöne, aber es ist auf alle Fälle (wieder, immer noch?!) modern.
Man bekommt 50ml für 50 Euro, wenn man ein wenig online sucht und das finde ich einen fairen Preis.
Aus dem Hause Hermès stehen noch Caleché Soie de Parfum auf meiner Wunschliste, weniger zum sammeln als tatsächlich zum tragen, denn man sollte sich wundern, ich brauche Parfums auf!