ETRO Jacquard – Aldehyde für Anfänger
Abgesehen vom herrlich bunten Flakon, eine ausnehmend gelungene Komposition aus dem Hause ETRO.
ETRO – das ist Lemon Sorbet, der Duft von Sommer, Zitronen und Fruchteis in der herben Luft einer Zitronenplantage. Vicolo Fiori, der lachend-tanzende Blumenduft, der gleichzeitig erwachsen und eloquent ist.
Jaquard?
Jaquard, die offizielle Duftbeschreibung mal beiseite gelassen, ist holzig und aldehydig zugleich. Zwischen der guten alten Guerlinade und den Aldehyden aus einem L’Heure Bleue Extrait und Chanel No 5 Eau Premiére, der verjüngten Version von Chanel No 5 – es schwankt und seift so vor sich hin, doch immer im Bereich des Wundervollen.
Kräftig aufgesprüht, wirkt der Duft regelrecht herb und zeigt sich als deutlicher Unisex-Kandidat.
Iris und Jasmin als übliche Verdächtige im herrlichen Triumvirat des Duftes – eine zarte, aber feste Blütennote.
Ein Hauch Pfeffer macht den Duft zuweilen staubig beziehungsweise erweckt die Assoziation von frisch angespitzten Bleistiften, ein Akkord, der gar nicht so selten verwendet wird.
Aldehyde sind eine schwierige Baustelle – ich mochte sie noch nie wirklich, dennoch habe ich ein, zwei Düfte und etliche Proben, die davor nur strotzen. Aufgesprüht sind sie herrlich, bitter, seifig und sauber-herb, auf meiner Haut allerdings schwitzig, kalt und bestenfalls nach Katzenklo stinkend.
Jaquard schafft es die Verbindung von Haut und Duft im Guten enden zu lassen: Bitterkeit und Blüte, Festigkeit und Holz, das Herbe im Sauberkeits-Akkord.
Hier habe ich endlich das gefunden, was BYREDO Blanche für sehr viel mehr Geld und mit viel weniger Rafinnesse versprach: Ein Sauber-Seife-Duft. LIEBE!
Empfehlenswert zum schnuppern, aber wie üblich, Liebe erst auf den dritten Riecher.
Die Haltbarkeit und die Sillage sind mittelprächtig, es macht Sinn diese Düfte in 50 oder 100ml zu verkaufen. Wenig oder opulent, beides geht, mit Jaquard kann man sich definitiv sogar ein wenig einsprühen. Wird dem Begriff Nischenduft auch endlich mal gerecht…