Bock auf

…neue Dinge! Ich möchte ein paar neue Highlights in meinem Kleiderschrank, stelle ich fest.
Auf der anderen Seite müsste ich mal wieder ausmisten, was natürlich erst dann der Fall sein wird, wenn ich sehr viel zu tun habe. Effizienz ist, wenn man A mit B prokrastiniert, oder wie war das (das Zitat ist übrigens von Luhmann).

Seit langer Zeit habe ich mal wieder Interesse an einem Hermés Tuch. Das Modell ist beidseitig in verschiedenen Farben bedruckt und wirklich toll gestaltet. Leider stolze 520€, wobei ich denke, dass man es als Sammlerstück später mit Gewinn loswerden kann. Hier gucken https://www.hermes.com/de/de/product/doubleface-seidentuch-90-hermes-dress-code-H903780Sv04/

Eine schwarze Messenger Tasche ist langweilig, aber “ich brauche die”, wie es immer so schön heißt. Das Modell Marcie von Chloé hat mir sehr lange gute Dienste geleistet, und wird wohl demnächst nochmal angeschafft. Der Versuch, mit einer preiswerten CLOSED Tasche glücklich zu werden, scheiterte an der Qualität. Und ich kaufe gerne “für’s Leben”, da kann ich nichts brauchen, was sich nach zwei Tagen anfängt aufzulösen.

Einen Mantel besitze ich tatsächlich nicht, dabei ist es ein ziemlich elementares Stück. Norddeutsche lachen allerdings über Dinge, die nicht regenfest sind, und so bleibt es erst einmal beim Gucken und Suchen. Wichtig ist die Stoffqualität und ein zeitloser Schnitt, mit wenig Nähten und auf gar keinen Fall mit aufgesetzten Taschen, zumindest was mich betrifft. Im Frühjahr werde ich mich dann auf die Suche machen, antizyklisch shoppen und so.

Schuhe sind und bleiben ein Drama: Schwarze Stiefel, die warm sind und Strumpfhosen nicht ruinieren und trotzdem elegant? Und keine fürchterliche grobe Sohle haben? Modern sind momentan immer noch Combat-Boots und ich bin sicher noch irgendwo welche zu haben, aber ich mag die einfach nicht.

Das schwarze, kurze Strickkkleid Ebony von Iris von Arnim aus dickem Kaschmir bleibt sicherlich auch erstmal im Laden, wobei ich es tatsächlich als sinnvollste Anschaffung sehe. Das ist warm und sehr versatil, und wird nie aus der Mode kommen. Leider ist so etwas permanent ausverkauft.

Die Weihnachtsfrau bin ich dieses Jahr selbst, ich fürchte ich werde mir selbst ein Bild malen und gut is’ LOL Kunst wäre auch auf der Wunschliste, aber ich fürchte die mögen es so gar nicht, wenn man sich aus dem Museum etwas mitnimmt.

Welche It Pieces sollte eine Frau besitzen?

Gnaha. Keins!!
Was sind It-Pieces? Irrsinnig teure Handtaschen? Die modischen Schuhe der nächsten Saison?
Muss da überall ein fettes Label drauf prangen eh?! Und wenn ja, warum und vor allem, welches?

Es ist ein schwieriges Thema, das dazu unscharf ist. Welches Alter, welches Einkommen, und welches Umfeld?

Da finde ich es einfacher, das IT weg zu lassen und den Vorschlag zu machen, welche Stücke frau als Klassikern besitzen könnte. Oder wofür sich eine höhere Ausgabe lohnt. Hint: Eine Chanel Handtasche kommt und käme nie vor.

– Schmuck, der entweder echt ist, oder echt sein gut imitiert. Ein besonderes Stück am Besten, ausgefallene Ohrringe oder ein Armband. “Günstige” Ringe lieber nicht, denen sieht man häufig den Preis anhand des Materials und Verarbeitung an. Vintage Schmuck ist übrigens eine Option, Ebay Kleinanzeigen ist eine echt gute Fundgrube.
– Gute Schuhe. Also heile und saubere Schuhe, nach Möglichkeit keine Turnschuhe, weil es nun mal keine richtigen Schuhe sind (and that’s the hill I will die on!) und wo sich ein Investment richtig lohnt: Winterstiefel und/oder Stiefeletten, die man viel tragen würde.
– Seide und Kaschmir, oder aber gute Wolle und gute Baumwolle. Gute Materialien machen aus dem langweiligsten Kleidungsstück einen Keeper. Fleckenlos und gegebenenfalls gebügelt.

Langweilig?

Wer IT Piece sagt, sagt eben auch etwas über Mode aus; wer Basic sagt, sagt etwas über Stil aus.

Zeig mir Deine Uhr, und ich sage Dir wer Du bist!

Die Uhr ist das einzig kulturell anerkannte Schmuckstück des Mannes. WAR. Gen Z trägt jetzt auch Perlenketten, wie vormals auch, Tiffany’s hat die LGBQIT+ als Zielgruppe entdeckt und verkauft nun Verlobungsringe für “Männer”, gerne mit fünf Karat. Uhren für 5k oder für 25k oder für 1Million Keks – Sky is the limit!

Und natürlich geht es stets um den symbolischen Wert. Also um die Marke, und was damit verbunden wird. Technik und Ästhetik sind die Kirsche auf der Sahnehaube, allerdings wissen wir alle, dass diese niemals so teuer sein müssten. Es gibt bereits gute, schöne Automatikuhren ab 500 Euro, ab tausend Euro, und das ist schon der Endpreis. Was eine Rolex für 5K also in der Herstellung kostet? Wer weiß, aber was sie so begehrt und teuer macht ist definitiv die krasse Marketingmaschinerie dahinter. Das nötigt einem schon Respekt ab! Rolex ist einfach bekannt. Snobs kennen auch Dinge wie De Bethune oder Jacob & Co, aber natürlich ist das nichts, was man an den Handgelenken so tagtäglich sieht.
Nach einem überaus anregenden Gespräch mit einer erfolgreichen Ingenieurin, machte ich mir den Spaß und fragte auf Twitter nach Traumuhren. Meine Timeline füllte sich im Nu mit den üblichen Verdächtigen, die auch ich bevorzuge. Überwiegend cleane Ästhetik und technisches Raffinesse.

Doch geht die Diskussion vielleicht darüber hinaus – ist Luxus verwerflich? Ist es noch Luxus, wenn es für andere “erkennbar/sichtbar” ist? Ist “the untangible”, also das nicht Fassbare, der eigentliche Luxus? Ist Zeit ein Konstrukt, das uns abfuckt und hat gar nicht den Wert, dem wir es beimessen?
Luxusuhren vermitteln eine gewisse Art von Sicherheit und einen Gegenwert, was bei Uhren natürlich eine krasse Ironie sein kann, wenn man bedenkt wieviel Lebenszeit mensch dafür opfert, um sich so etwas ans Handgelenk zu schnallen, quasi eine tägliche Erinnerung an die Sklaverei der Lohnarbeit *höhö*

Bösartig wie ich bin, habe ich mir eine Auflistung der gängigen Uhrenmarken überlegt und einen Träger(sic) dazu assoziiert:

– Rolex bis 15k – Du hast Dir diese Uhr erarbeitet und zeigst es gerne, oder Du hast weder Geschmack noch Rückgrat und trägst das, was alle im Golfclub so tragen. Deine Gattin hat Dir eventuell von Deiner eigenen Kreditkarte das Teil zu Weihnachten gekauft.

– Breitling – Du bist sportlich und ein Vielflieger oder aber Du willst diesen Eindruck vermitteln, denn Du hast weder eine Taucherschein, noch gehst Du golfen, und in der Szene-Kneipe reisst Du auch niemand auf. Die Uhr hast Du eventuell günstiger im Duty-Free geschossen oder die Schwiegereltern haben dir mal “was ordentliches” zur Hochzeit geschenkt.

– Rolex ab 25k – Zuhälter. Schweinewirt. Eventuell ein Sammler. Oder Profi-Sportler. Eventuell korrupter Vorstand und die Rolex wurde abgeschrieben als Firmengeschenk.

– Rado – die schwarzen Keramikuhren sind Kult, und Du bist auch ungefähr so alt wie dieser Kult. Boomer! Eventuell hast Du die Uhr von der Oma übernommen und weißt gar nicht, was sie wert ist, sieht aber kultig aus, als Bruch zu Deinem Kapuzenpulli in der Agentur.

– Jaeger-Le-Coultre – Du bist ein ruhiger, erfolgreicher Notar, liebender Familienvater, innerlich ausgeglichen und äußerst kultiviert. Protziges kommt Dir nicht ins Haus, Du bist mit der Bahn ins Büro gefahren und das Haus auf Sylt ist in dritter Generation im Familienbesitz. Deine Bibliothek, dein Kulturabo, deine tolle Familie, und wer weiß, ob Du in Wirklichkeit nicht ein Kettensägenmörder bist.

– Cartier – Adel verpflichtet, und Du weißt das. Cartier hat die Armbanduhr erfunden und wie es kein anderes Label der Welt geschafft, stets ohne Werbung präsent zu sein, an jedem Handgelenk, an jeder Celebrity und irgendwelchen modrigen Royals. Die kleine Cartier gab es zur Konfirmation. Die große Cartier gab es zum Abschluß. Du hast ein Segelschein und fährst Ski, aber nicht in St. Moritz, das ist zu teuer. Deine 2-4 Kinder gehen aufs Internat, und Du selbst lebst recht bescheiden. Deine Kaschmir-Pullis haben Löcher und Deine Barbourjacke war schon Mal auf einer echten Jagd, Du hast sie aber auf einem Segeltörn mal mitgehen lassen. Etikette und Manieren sind nicht Deins, das brauchst Du auch nicht, und Dir beim Essen zuzusehen ist purer Schmerz.
Dein Bildungsstand ist genauso gekauft wie die Uhr, oder aber Du bist inkognito unterwegs und in Wahrheit der Sohn eines Ölscheichs.

– Nomos – Du bist Lehrer/Akademiker/Öko. Eventuell alles drei zusammen.

– Audemar Piguet – Auf dem ersten Blick erkennbar und am Handgelenk vieler Stars, Sternchen, Influencern und sonstigen Rich Kids. Völlig auswechselbarer Träger, daher hier keine weitere Erläuterung.

– A. Lange & Söhne – Dir gehört der Laden. Man kennt Dich, aber niemand wird in Deiner Nähe laut, nur respektvoll. Du hast Personal, das aus Überzeugung für Dich arbeitet. Du bist korrekt, sympathisch, ein guter Bürger und genauso langweilig, ebenso wie das perfekte Interieur und die perfekte Ehefrau, der perfekte Garten und die perfekt kuratierte Sammlung moderner Kunst.

– Patek Phillipe – Du bist eine Frau mit Geschmack, Eier und min. sechsstelligen Gehalt.

Welche Firma habe ich vergessen? Was tragt Ihr für eine Ihr? Welche wollt Ihr kaufen? Welche würdet Ihr niemals tragen?

P.S.: Ich habe eine Nomos, ich möchte eine Rolex Oyster oder Cartier Tank (es ist wirklich das Design), ich würde niemals eine Bicolor/Gelbgolduhr tragen.

Kleidung für Kinder

Mein Sohn hat eine perfekt kuratierte Garderobe, mit Socken passend zu den Schuhen und seinem Farbtypen entsprechenden Oberteilen (ich hege eine große Liebe für Petit Bateau). Nur ist er sehr groß, sehr schmal, und sehr Kind. Die Auswahl wird jedoch mit zunehmender Größe ziemlich mau, denn bunt ist nicht vorgesehen, und man hat die Auswahl zwischen Khaki, Grau, und Dunkelblau. Das sieht einfach traurig und düster aus. Dabei gibt es Farbe! Und Farben haben bekanntlich kein Geschlecht, weshalb mein Sohn gerne bunt trägt. Skandinavische Hersteller und Outdoormarken haben sich entsprechend darauf spezialisiert, diese Lücken abzudecken, und sie nehmen dafür viel Geld. Ist das denn überhaupt wichtig, diese Sache mit der Bekleidung?
Ich denke ja, es ist eine Art ästhetische Bildung und Bildung für Nachhaltigkeit – das Wissen um Farbgebung und Qualität der Stoffe und auch einiges Über Herstellung und Herstellungsbedingungen. Deswegen ist das Wort Kinderarbeit durchaus schon mal gefallen, und eine kindgerechte Aufklärung führte dazu, das Wünsche etwas reflektierter geäußert werden. Mit acht Jahren schon Bücher über Umweltverschmutzung zu lesen und über Mülltrennung zu dozieren ist das eine, es auch im Alltag zu erleben, das andere.

Und während es im Bereich Babykleidung alles in Öko und Schicki gibt, hört es im Alter, in denen die Kids ihre Klamotten einfach nur noch abrocken, damit auf. Dabei ist es eine ziemliche Lücke: Ich würde lieber häufiger waschen und dafür weniger und teurer kaufen. Es ist tatsächlich sogar umweltfreundlicher, denn die Herstellung und vor allem die Überproduktion verursacht viel mehr Müll und Energiekosten, als eine Waschmaschine, das bei 30Grad wäscht. Und das ist hinsichtlich Mental Load für alle eine Erleichterung, denn die Auswahl zwischen drei Pullis macht den Morgen vor der Schule etwas entspannter.
Doch “coole” Kleidung für Jungs, die gleichzeitig fröhlich ist, nicht nach dem ersten Trocknergang auseinander fällt, das in Europa hergestellt wurde, und bei dem Preis-Leistung stimmt – schwierig.

Meine Tochter wiederum sagte gestern, sie hätte genug Kleider – wer bist Du? Wohl kaum mit mir verwandt?! und suchte sich dennoch was “mit Blumen” aus. Sie sieht stets aus wie aus dem Kleidercontainer gezogen, eine wilde Mischung aus Farben und Mustern, Hosen mit Kleid, Trekking-Parka mit Tutu, doch passt es immer wieder zusammen. Die Mischung aus COS, Petit Bateau und H&M, wofür ich mich ziemlich schäme, bereitet mir Zahnschmerzen schon beim Hinsehen. Doch da ist das Problem ein ganz anderes: Mein ohnehin zartes kleines Wesen passt in den Klamotten “für Mädchen” nicht rein. Sexualisiert, winzig und mangelhaft in der Qualität: Das ist Kleidung aus der Mädchenabteilung. Eine Ausnahme ist COS (gehört leider zu H&M), die nur eine Kinderabteilung haben, die nicht nach Geschlecht getrennt ist. Alles ist bunt, und alles ist wirklich Unisex. Die Kleider haben alle Taschen! Weshalb ist das immer noch besonders?!
Obwohl es nur Kleidung ist, empfinde ich es für Mädchen auch nochmals als Herausforderung: Der Wunsch nach Tutu ist kein Widerspruch dazu, Astronautin werden zu wollen, aber es gibt keine Vorbilder. Es gibt entweder “Junge” oder Tussi. Und so bringen wir Mädchen bei, dass sie nur so oder so sitzen sollen, damit man ihnen nicht unter dem Rock schauen kann, statt Jungs entsprechend zu erziehen oder Mädchenhosen zu haben, die fröhlich-bunt sind und ausreichend Bewegungsfreiheit erlauben.

Diese Unterscheidung zieht sich also bis ins Erwachsenenleben hinein, und nicht genderkonforme Menschen leiden darunter. Überhaupt ist die permanente Trennung zwischen zwei Geschlechtern eine unseriöse Sache, ist diese biologisch und somit wissenschaftlich nicht belegbar und eine rein kulturelle und gesellschaftliche Entwicklung.

Die Kleidung ist dabei nicht mal das Erste, womit man konfrontiert wird, aber gehört, zusammen mit Spielzeug, zu den ersten Dingen, die die Kinder lernen: Es gibt Sachen für Mädchen und Sachen für Jungs. Mein Sohn wird wohl kein Kleid anziehen, aber hat Nagellack drauf. Meine Tochter findet rosa Lego toll, aber baut Türme und Autos.

Und weil es Kleidung für Kinder heißt: Bunt und bequem soll sie sein, so wie unsere Kleidung ja auch. Und wer erwachsen sein möchte, kann gerne schwarz tragen – ich tue es zumindest sehr gerne, ist aber auch so ein Wäschesparding LOL.

Eine ganze wichtige Sache dürfen wir nicht vergessen: We don’t owe you pretty (Wir schulden es Dir nicht, hübsch zu sein)..
Das gilt für Kinder, das gilt besonders für weibliche Wesen, und das gilt für alle: Niemand schuldet seiner Mitwelt, “gut” auszusehen.
Viele von uns wollen es, und es wäre toll, wenn wir es jeweils für uns definieren.

Lasst uns für unsere Kindern eine bessere Welt hinterlassen.

Eitelkeit oder angeborenes Bedürfnis nach Ästhetik

Heute bekam ich eine Nachricht von einem potentiellen Klienten. Zwischendurch fiel der Satz: Ich bin aber ziemlich eitel. Da musste ich erst grinsen, dann schmunzeln, dann war ich kurz verwirrt – klar ist jede:r eitel. Ist jede:r eitel?! Dann war ich erfreut, weil es gut und wichtig ist, um seine Sichtbarkeit auch ins Souveräne zu überführen. Mit solch einer Prämisse, laut ausgesprochen zumal, lässt sich gut gemeinsam arbeiten.

Wir lieben Musik. Es ist ein ästhetisches Vergnügen. Wir lieben Farben, Muster und Symmetrien. Kinder beginnen sehr früh eigene Vorstellungen zu entwickeln was bestimmte Farbgebungen, Formen und Haptik betrifft. Sehr zum Leidwesen der Eltern nebenbei bemerkt. Bei meinen eigenen Kindern beobachtete ich auch, dass sie aus dem Bauch heraus die “richtigen” Farben auswählen. Das scheußliche Mint-Poppel-Verwaschen-Grün ist an meiner Tochter einfach wunderschön und edel. Kreischiges Zitronengelb verwandelt sich an ihr in leuchtendem Glück. Was übrigens farblich nicht passt, wird nicht getragen, – wer Farbberatung braucht, wende sich an mich, ich frage meine Tochter LOL.

Im Ernst: Eitelkeit ist sicherlich irgendwie auch biologisch geprägt, mensch will anziehend sein für das jeweilig präferierte Geschlecht, man will sich als Alpha erkennbar machen oder eben nicht.
Menschen , die behaupten nicht eitel zu sein, sind häufig mindestens fest gefahren, was ihr Äußeres betrifft; und somit per Definitionem auch eitel. Wer sich wohlfühlen will, und das geht nicht nur mit bequemer Kleidung einher, diese ist quasi Vorbedingung, will wissen, dass sie auch “gut” aussieht, wobei die eigene Ästhetik nicht nur am wichtigsten ist, sondern eben auch subjektiv. Mode gibt es ja auch nur, um diese subjektive Ader herauszunehmen, damit man eben mehr konsumiert: Nach der jeweiligen Mode/Ästhetik.
Wer seinen Stil gefunden hat, kann drumherum oszillieren, wird aber immer stilvoll statt modisch bezeichnet werden. Stil kann man immer zeitgemäß übersetzen, wenn man möchte.

Eitelkeit gehört jedoch zu den Todsünden, was auch sehr interessant ist. Warum? Was ist die Absicht dahinter, Eitelkeit zu verbieten? Nun, Eitelkeit führt zu Sexualität, führt zu Macht – das ewige Paradigma des Menschseins, und ja, Erkenntnisgewinn in diesem Paradigme zu sehen wäre schön, aber streben wir das wirklich an?! Wer ein Wissensvorsprung hat, verfügt am Ende auch über Macht.

Eitelkeit kann also eine gute Eigenschaft sein, weil sie einen als trivial angesehenes Bedürfnis befriedigt und damit den Menschen ja eigentlich auch befriedet. Gut gekleidet ist man gut gestimmt. Eine einfache Formel. Wer lächelnd einen Blick in den Spiegel geworfen hat (das habe ich gerade getan!) ist besser gelaunt. Dafür muss man keine Studien bemühen und kein Serotonin- und Oxytocin-Spiegel messen.

Da erinnere ich mich auch an das Kita-Kind, das von den Eltern mal nicht in dem Junge/Mädchen Ding gesteckt wurde: Er liebt Nagellack und geblümte Stoffe, trägt eh alles was weich ist, also auch Leggings, und ist stets eine Augenweide. Ist er eitel? Nein, er ist frei, seiner Ästhetik zu genügen. Respekt an den Eltern, die das Privileg, das sie haben weiter geben.

Eitelkeit im beruflichen Kontext? Nun, kann tödlich wirken, zumindest auf taktischer Ebene. Wer Interna preis gibt, um schlichtweg anzugeben, ist nicht gut beraten. Wer sich hingegen gut kleidet oder besonders kleidet, wird eher wahrgenommen, rein nach dem Motto: Wer nicht sichtbar ist, findet nicht statt. Und natürlich ist ein gepflegtes Äußere etwas, was wir sofort wahrnehmen, ohne es benennen zu können. Eklige Fingernägel, ungepflegte Haut/Haare, ja, das ist die angeblich nicht vorhandene Eitelkeit schnell ein Boomerang.
Diese explizite “Mir doch egal” ist ja immer so eine Sache. Ja, wir sollten alle weniger nach dem Äußeren urteilen und das am besten gar nicht kommentieren, zumal bei Frauen. Aber wir können es nicht anders, weil wir anhand des Äußeren, der Kleidung, schon sehr viele Informationen aufnehmen und diese unseren Erfahrungen entsprechend einordnen. Wir können ja nicht frei von Urteilen sein; das nennt man Sozialisation und Kodifizierung. (Hilfe, das wird schon wieder zu intelektuell, hoppla…)

Eitelkeit also ist etwas zutiefst positives, es ist Liebe und Wertschätzung und auch Genuß. Punkt. Einfach mal zugestehen. Dann wird es auch nicht extrem.