…you can have it all, sure.

Ich habe es probiert. Ich habe gearbeitet, dabei versucht mein Promotionsprojekt wieder zu beleben und Zeit mit meinem wundervollen kleinen Frechdachs zu verbringen.
Ermöglicht wird mir das durch einen sehr flexiblen Arbeitgeber an der Uni. Durch einen außerordentlich fleißigen Ehemann und weitere Strukturen, die mir alles andere abnehmen.
Eine Promotion zählt schon mal 100 Prozent, dazu ein Job von 20h+, und hinterher “geruhsame” Freizeit mit dem Kind. Was ergibt ein 150% Job und ein Kleinkind? Am Donnerstag hatte ich bereits schon meine 50h um, Freitags hing ich halbherzig in den SeilenArmen des Geliebten Wissenschaft. Schaffe ich, schaffe ich.

ICH SCHAFF DAS!
Ich bin gescheitert. Natürlich. Weiterlesen…

Das erste Mal: Suffizienz

Ich muß was ganz schlimmes beichten: Ich bin satt.

Der Wissenschaftler und vor allem Mensch Niko Paech hielt jüngst einen Vortrag an meiner Broterwerbsstätte, wo ich sogar bezahlterweise teilnehmen konnte, sprich im Rahmen meiner Arbeit. Und dieser Vortrag ist gerade dabei, grundlegend mein Leben zu verändern. Natürlich war der Vortrag ein Katalysator oder sagen wir mal ein Spiegel, in dem ich sah auf welchem Weg ich mich gerade befinde, aber diesen letzten Tropfen brauchte es, um das Faß zum überlaufen zu bringen.

Er nennt es Konsumverstopfung, ein Kampfbegriff, der sicherlich ausschließlich in unserem Breitengraden anzutreffen ist.

Ich bitte Euch, sich den Niko Paech selbst und in Farbe anzusehen – im Verein, in Schulen, in Firmen; er geht durch’s Land und verbreitet die Botschaft. Ihr könnt ihn zu Euch einladen, bis auf Reisekosten macht er das, um zu ändern. Selten so eine galubwürdige Person erlebt.
Was er erzählt? Ein Interview mit ihm in der Süddeutschen fasst es gut zusammen:
http://www.sueddeutsche.de/wissen/oekonomie-und-oekologie-gruenes-wachstum-gibt-es-nicht-1.1865075

Weniger konsumieren, mehr Zeit haben. Weniger Wachstum, weniger “mehr ist mehr”. Natürlich gilt das ausschließlich für eine bestimmte Bevölkerung(sschicht) und diese kann sich nun mal glücklich schätzen, dazu zu gehören, trägt aber die Verantwortung und auch die Möglichkeit als kulturelle Avantgarde zu agieren und somit als nachahmenswert zu erscheinen. So ändert man die Welt. Man ändert sich selbst und ist ein Vorbild.

Ein genügsames Vorbild. Ein Social Change Agent.
Und jemand, der lernt zu priorisieren.

Die Frage lautet: Brauche ich das?
Die Antwort lautet bei mir natürlich fast immer nein, aber ich will. Ich habe Bock. Es ist viel spannender, Lösungen zu finden statt sich neuen Probleme zu stellen, um den alten zu entkommen. Oder, einfacher, etwas was man hat schon zu benutzen, statt etwas neues zu kaufen, nur weil es – nun ja, neu ist?!
Suffizienz.
Ich lebe ein ganz bisschen anders als meine Umgebung. Und ich hatte manchmal Mühe, mit den Nachfragen umzugehen – jetzt sage ich einfach: Suffizienz. Und damit mehr Geld oder Zeit oder beides, für etwas, was mir persönlich wichtig ist.

Also probierte ich es aus (gleich vorweg: Ich habe am Ende des Tages echt viel Geld ausgegeben, aber für etwas, was ich tatsächlich noch nicht habe und von meiner Liste streichen kann).
Im Alltag ist es am einfachsten – krame frau ihre alten Sachen aus; die alte Jacke ist nach wie vor Jacke, und man kann sie tragen. ODER?
Der rote Lippenstift – ach, ich habe derer 6 Untertöne, viel geht nicht mehr, ich nehme einfach einen, den ich schon länger nicht verwendet habe und stelle fest, er ist perfekt.
Noch ein bisschen Spielzeug? Nö.
Noch ein Shampoo? Nö.
Noch eine neue Dose irgendwas anderes? Nö.

Suffizienz. Das heißt nicht Verzicht, sondern Fokussierung in erster Linie. Und leider auch, und das ist sicherlich für viele schwer und häßlich, die Frage ob man glücklich und zufrieden ist. Sich mit sich selbst beschäftigen (pfui). Die Zeit nicht mit Konsum totschlagen, auch nicht mit Freizeitkonsum, wie Partys und Reisen (Spaß sollte man trotzdem haben, nur etwas bewußter und entschleunigter und auch weniger konsumatorisch, zum Beispiel einfach mehr vögeln oder, für Eltern, schlafen.).
Das Glück fördert dieser Fast-Verzicht ja nun nicht augenblicklich zutage, die Zufriedenheit erst recht nicht. Es braucht eine Zeit. Doch ein bisschen entlastet von der Jagd nach Dingen und der Flucht vor sich selbst, ist man der Konfrontation mit sich selbst auf einmal gewachsen.

Selbst ich, die einen ausgeprägten Hang zu Dingen hat, und ich meine die Art von Geldanlage, die Carrie Bradshahw in Sex and the City so schön predigte: “Am liebsten habe ich mein Geld dort, wo ich es sehen kann – hängend in meinem Kleiderschrank!“, selbst ich kann sagen, dass ich an dem Punkt gelang bin, wo mich eine äußerst merkwürdige Konsumverstopfung ereilt hat. Merkwürdig, weil sie sich eingeschlichen hat, weil sie gar nicht so schlimm ist, und weil sie damit einhergeht zu wissen, was man alles hat. Nicht was einem fehlt – und diese Sichtänderung bringt doch alles gehörig durcheinander.

Und Suffizienz im Laden zu stöhnen ist noch geiler, als zu shoppen.

Im Ernst – ich habe mich einfach mal gefragt, was ich gerade tue. Ich arbeite, habe Geld, aber irgendwie wachsen die Ansprüche mehr als das Guthaben; Zeit es auszugeben habe ich nicht, und ob die Schuhe 200 oder 400 oder 600 Euro kosten, es bleibt eben dabei, ein paar Schuhe mehr in den Schrank zu stopfen. Weil, ich habe ja schon Schuhe. Ich habe Schuhe, die sind kaputt und passen nicht mehr, okay, die können ersetzt werden, aber neue Schuhe zu kaufen weil ich die anderen schon länger/so lange/schon so lange/viel zu lange/ habe? Ähm.

Als Mutter kommt noch etwas hinzu – das Kind mit Sachen vollstopfen. Ich kaufe gerne Bücher und Spielzeug, ist auch für mich irgendwo, aber wieviel Lego und wieviel Auto braucht’s, wenn man das Kind eh nur ein paar Stunden am Tag sieht? Wenig, und dann ist es ein Besen oder ein alter Küchentopf, Kastanien und ein Schneebesen und die Bereitschaft, Quatsch zu machen. Suffizienz heißt also nicht auf Spielzeug zu verzichten, sondern zu merken, wann es reicht.

Puh.

Ist echt einfach. Suffizienz. Am Ende eines Monats hatte ich dann so viel Kohle über, das ich mir einen alten Traum erfüllt habe. Konsum, ja.

Gleichzeitig konnte ich mich auf etwas konzentrieren, was mir wirklich am Herzen liegt: Denken. Man nennt das im Gebrauchsdeutsch forschen oder untersuchen, ich nenne es denken und es ist die höchste Form von Luxus. Natürlich muss dieses den Lebensunterhalt absichern, und ist sicherlich keine Absolution für die Verhältnisse von Wissenschaftler_Innen in diesem unseren Lande – denken, um den Lebensunterhalt zu verdienen, darf im Bildungssegment kein Luxus sein! – doch denken an und für sich ist der höchste Grad von Freiheit, und das ist schon ganz schön sexy. Ironsicherweise häufig etwas, was einem Geld kauft. Oder aber, was man durch den Verzicht/Einschränkung auf Geld(-verdienen und -ausgeben) auch halbwegs erreichen kann.
Ich wiederhole: Das gilt nur für bestimmte Schichten, für bestimmte Einkommensklassen, bla bla bla. Es gilt immer noch auch am stärksten für Männer; Frauen müssen diesen Zustand ironischerweise stets erarbeiten oder sie entscheiden sich aus struktureller Notwendigkeit dafür (schlechte/keine Kinderbetreuung, niedriges Gehalt, ein Partner, der sich beim Putzen aus dem Staub macht).

Suffizienz. Ich habe sie mir erarbeitet. Genauso wie die Konsumverstopfung. Ist das geil, oder was?
Und was mache ich jetzt? Ich verrate es Euch.

Denken. […jetzt wirklich, einfach denken, ohne Ironie und Zweideutigkeiten, schreiben, untersuchen, forschen, hinterfragen, argumentieren, denken halt… ]

Mütter reiten auf Einhörner durch’s Kita-Land – das Glück

Okay, wer seine Mutterschaft keine Sekunde bereut hat, werfe den ersten Stein. Zumindest ein leiser Zweifel?! Anyone??

Und das Glück?

Das bleibt natürlich unerwähnt von Leuten wie mir, die in erster Linie genau diese Erwartung nicht erfüllen wollen – DAUERGLÜCKLICH zu sein, weil ihre Gebärmutter eine längere Zellteilung ausgeführt hat. Vielleicht aber auch, weil es schwierig ist, so etwas in Worten zu fassen. Für mich persönlich auch, weil ich weiß, dass es viele Menschen gibt, die ungewollt kinderlos sind, und ich ihnen diese Worte nicht zumuten möchte.

Daher gleich am Anfang: Man kann es nicht vermissen oder verpassen, man kann es sich nicht vorstellen. Es ist zudem unglaublich subjektiv, unglaublich volatil und unglaublich…
Unbeschreibbar. Weiterlesen…