Selbst-Überforderung.
Unsicherheit.
Schlafentzug im Foltergrad.
Schmerzen.
Und dann: Glück, Glück, Glück.
In einem nicht mehr so zarten Alter wie meinen ist das Wochenbett mit 6-8 Wochen eine Zumutung. Aber so gibt es der Gesetzgeber vor. Ich kann kaum was heben, kann nur kurze Strecken laufen, und bin körperlich völlig am Ende. Stilldemenz, wie es so schön heißt, gibt es übrigens nicht: Es ist schlicht und einfach der Schlafentzug, der einen fertig macht.
Und doch wird jeden Morgen der RESET Knopf gedrückt – nach drei Stunden Schlaf, bei mir glücklicherweise sogar am Stück und manchmal sogar dreimal hintereinander (so nach 6 Wochen…) – Teddy, der nachts zuvor ein Folterknecht war, geschrien, gejault und geseufzt hat, lächelt Dich an und alles ist gut.
Da wäre noch die Einsamkeit – man kann schlecht raus, vor allem nicht lange, das Baby schreit, man selber ist kaum in der Lage den Kinderwagen zu schieben. Shoppen? Vergesst es mal ganz schnell. Dafür duzt man sich mit allen DHL Zustellern (als Bloggerin eh, aber neuerdings sehe ich die Jungs fast täglich).
Dein Tagesrhythmus ist anders als von jemand, der arbeitet – kommt der Ehemann abends nach Hause, bist Du reif für’s Bett.
Was das Stillen betrifft – ja, das ist das Beste für’s Kind. Und wenn Du es nicht tust, bist Du ein Arschloch. Und wie Du es tust – es ist egal, ob es Dir Spaß macht oder weh tut oder was, wenn etwas nicht klappt, ist es eben Deine Schuld. Tja.
Bei mir klappt es, hurra, aber ich bin keine begeisterte Übermutti, die sich daran aufgeilt und es so toll und gemütlich findet. Es ist praktisch und gesund für beide, okay. Aber ich würde auch mal gerne Zeit für mich haben (was mich betrifft, ich flüchte mich unter die Dusche/ins Bad, da habe ich meine Ruhe, meine tägliche Portion Freiheit!!)
Natürlich strömt alles auf einen ein: Der übermüdete Ehemann, der alles macht, und das eigene schlechte Gewissen darüber; die wirren Gefühle zwischen Liebe, Heimeligkeit und das Bedürfnis, wieder sein altes Leben zu haben, morgens ins Büro zu stratzen und etwas anderes zu denken.
Entzündete Brüste, weil man versucht hat, ein wenig staubzusaugen und der Körper einen schachmatt gesetzt hat, mit Fieber und Schüttelfrost.
Und dann das Baby – jeden Tag anders. Jeder Tag ein Kampf, um regelmäßige Mahlzeiten oder das Ratespiel, aus welchen Grund es schreit. Manchmal gibt es keinen, aber wehe, du lässt ihn schreien, dann bist Du einfach scheiße. Quatsch natürlich, aber es ist sehr schwer das zu ertragen – und auch die Blicke, wenn man sich doch vor die Tür gewagt hat. Ein schreiendes Kind ist in den Augen vieler Leute nicht das Leben, sondern einfach nur eine schlechte Mutter. Die entsetzten Blicke im Bus oder sonst – wow, das ist echt hart.
Ja, hier ist sie, die Außenwelt, die auf die frischgebackene Mutter prallt, Erwartungen, von aussen, die an sich selbst, einen Haufen dumme Ratschläge und noch schlimmer: Von Fachleuten völlig widersprüchliche Aussagen (Kinderarzt sagt A, Hebamme sagt B, und dann die Freundin mit zwei Kindern: C!).
Unglaublicherweise fickt dich der deutsche Staat als Mutter am meisten: Die Zeit des Mutterschutzes (2 Monate nach der Geburt) wird mit der Elternzeit verrechnet – sowohl dein Gehalt wird somit schon reduziert, als auch die Elternzeit, die faktisch (mit 67-65% Gehalt) nur zehn Monate beträgt. Angesichts der Empfehlung der WHO, vier Monate zu stillen, sind zwei Monate Mutterschutz der Hohn, von der jeweiligen Fitness einer Frau, die nicht 19-20 ist, abgesehen.
Der Mann/PartnerIn? Der wird eh außen vor gelassen. Er kann froh sein, sein Kind überhaupt mal zu sehen. Elternzeit für Männer ist ja rechtlich möglich – in der Regel jedoch immer noch ein Kündigungsrisiko.
In anderen Ländern gibt es für beide Eltern eine kurze Elternzeit, zwangsweise, und dann wird wieder geackert, das Kind kann mit anderen Kindern in die Betreuung. Davon sind wir weit entfernt.
So macht der Ehemann das, was sonst Frauen machen: Arbeiten, Haushalt, Kind, und ich den Rest: Noch weniger schlafen, Kind. Und jeder versucht, den anderen noch mit der letzten verbleibenden Kraft seine Liebe und Unterstützung zuzusichern. Kurz bevor man einschläft, was in der regel der Fall ist bevor der Kopf das Kopfkissen berührt hat, vorausgesetzt das kleine Monster schläft auch schon.
Fassen wir zusammen: Keine Kohle, kein Schlaf, keine Patnerschaft, keine Privatsphäre – wer Angst vor der Geburt hat, sollte mal an die Zeit danach denken. Es spielt sich alles irgendwie ein, ja, aber bis dahin heißt es: Zähne zusammenbeissen.
Und sich jeden Morgen auf den RESET Knopf und auf das Lächeln freuen… LIEBE ist das Zauberwort – jeden Morgen wird alles gut.