Warum Steffen Schraut auf Teleshopping setzt

Falls Ihr die Mode des Designers Steffen Schraut nicht kennt: Der sympathische, stets in schwarz gekleidete Typ hat “peppige” Mode für den mittleren Preissegment angeboten. Eine Mischung aus trendy und klassisch, gute Qualität, und mit einem Auge auf Online-Absatz in bekannten Shops wie Breunninger, Jades und … die anderen habe ich vergessen.

Egal. In letzter Zeit fiel mir auf dass die Designs, passend zum Alter des Designers vermutlich, etwas gesetzter wurden, um nicht zu sagen altbacken. Ich bin nun auch nicht mehr 30 und fühlte mich dennoch immer weniger davon angesprochen. Ich fand es trotzdem interessant, die Entwicklung zu verfolgen und einzelne Stücke im Sale habe ich mir durchaus angeschaut (Schwarz hat er aber nicht, deswegen… wir Kreativen tragen Schwarz-bei mir hat es bloß lange gedauert mich dazu zu bekennen).

Auf einmal hieß es: Schraut exklusiv bei QVC!! Schock Horror Erstaunen und Gelächter – oder doch nicht?!
Angeblich geht es dem Label so gut wie nie und man hat angefangen, einen weniger stressigen Vertriebskanal zu suchen. Das macht Sinn, er wird ja nicht jünger (er ist super geliftet, Hut ab) und die Kosten senken damit auch. Nur – ist QVC für das Label die richtige Plattform? Man stellt sich vor, dass Hausfrauen aus Vorstädten den ganzen Tag dort shoppen. Stimmt aber nicht – die Altersvarianz dürfte recht breit sein, und der Charme der Sendungen liegt offensichtlich im Auge der Betrachterin. Im Fernsehen kann man wie im Laden die Sachen an der Frau zeigen, erreicht aber nicht eine Kundin, sondern ein paar Hundert Tausende.

Steffen Schraut bekennt sich, zuerst Kaufmann zu sein (in einem Interview der Branche). Und so ist sein Weg wirklich gar nicht unklug: Angesichts einer alternden Bevölkerung, die nicht unbedingt bei Zalando kaufen mag, und dazu ein wenig Entertainment haben will, eine gute Wahl. Es wird immer weniger Menschen geben, die stationär shoppen und da haben große Händler und Ketten einfach die Nase vorn. Um also den Absatz zu erhöhen, ist die Strategie den Verkaufschannel zu beschränken vermutlich klug, denn er hat dort seine Zielgruppe ohne Streuverluste. QVC ist zudem ein amerikanischer Konzern, die gucken auch wo sich die meiste Knete abschröpfen lässt.

Nun, ich fand das sehr interessant, weil Schrauts Weg eine Demographie antizipiert, an die wir uns noch gar nicht gewöhnt haben, aber schon längst da ist (und ich schaue dabei in den Spiegel): Die sog. “alternde” Bevölkerung.
Diensteistungen, die jetzt für die ü50 Fraktion rauskommen, werden in Zukunft sehr nachgefragt sein. Mark my words!

Und während die digital affinen ü50er in die Coaching Ecke gehen, und viel Geld für zum Teil seltsame Dinge wie Spiritual Awakening ausgeben, gibt es eine wesentlich breitere Masse, die man nach wie vor per Fernsehen erreicht.

Ansonsten ist das hier meine offizielle Bewerbung für QVC – nicht als Model, aber als Verkäuferin. Live erpressen, drohen, Druck erzeigen: “Nur noch 200 Stück auf Lager, schnell, es ist gleich alles weg!” oh ich weiß um die Chemie der Angstmacherei, das Dopamin nach dem Telefonat und um die “Zahlung auf Raten”, um die Kaufsuchtspirale aufrecht zu erhalten.

Kleiner Scherz. Obwohl… ich würde es vermutlich machen, stelle ich mir als spannend vor. Was sollte ich verkaufen? Kosmetik? Kleidung? Staubsauger?

P.S. Oh, ich hätte die Marke jetzt nicht als Luxury Brand bezeichnet…

Trends, die ich nicht mehr sehen kann

Instagram sei Dank, denn sonst sehe ich ehrlich gesagt keine Menschen.

Die hochgebürsteten, explodierten Augenbrauen sind nun auch auf dem Dorf angekommen, scheint mir, und obwohl es nun schon wieder out ist, sehe ich diese fragenden Augenbrauen immer mehr bei deutschen Instagram Frauen aufploppen. Eine Art Theo Waigel meets junge, hübsche Frau – es ist gruselig. Nun, dieser Kelch ging knapp an mir vorüber, und auch dieses wird vorbei gehen und angesichst des Revivals der 90er Jahre sind vielleicht demnächst die verzupften Brauen wieder da.

Männer, die Nagellack tragen oder verkaufen und sich als Feministen oder Allys (Verbündete) fühlen. Nein! Putz das Klo und spende Deine Millionen für Frauenhäuser und alleinerziehende Mütter, dann können wir nochmal darüber reden. Ein Rock, eine Bluse oder eine Maniküre mit Lack macht noch keinen Agitateur aus und es ist auch bedingt queer.

Oh, und natürlich “ugly boots” und abgeschnittene, weite Hochwasserhosen, obwohl ich das Ansinnen, sich unattraktiv zu präsentieren durchaus begrüße. Leider wird bei vielen die Reflexion nicht so weit gediegen sein. Nun, solange keiner rafft dass man damit genauso schlecht läuft wie mit Highheels, ist es irgendwie auch schon wieder problematisch.

Mehr habe ich gar nicht, was derzeit vielleicht nicht erstaunen mag. Ich setze mich an meinem Schreibtisch einfach einen Stuhl weiter und schon ist Wochenende YOLO!

Vorschau zur Pandemie und Survival Programm

Guten Morgen, hier ist die Pandemie-Schau mit folgenden Nachrichten:

Wie bereits von Wissenschaftler:innen vorhergesagt, wird die Pandemie ca. 4 Jahre dauern. Wir haben somit zwei Jahre erfolgreich um. Wenn Sie dies lesen, sind Sie immerhin nicht tot. Diese Prognose wurde desweiteren von Pfizer heraus gegeben. Die schlechte Nachrichte: Die Nachrichten sind alle schlecht.

Die guten Nachrichten: Da es keine gibt, muss und kann man selbst welche erstellen!

Die Lage in Deutschland ist weiterhin desolat, es liegt ein 404-Fehler vor:
Strategie zur Pandemiebekämpfung nicht gefunden.
Es gibt natürlich alles, was es dafür braucht, jedoch ist der Fachkräftemangel im Bereich Politik, Verwaltung und Digitalisierung zu groß.

Survival-Programm wird nun groß geschrieben und die Frage nach der individuellen Wahl diesbezüglich ist ähhh wahlweise ob man preppen solle, ob man noch mehr Hobbys finden und wieder sein lassen soll, eine Heißluftfriteuse anschafft oder endgültig alle Hoffnung, Disziplin und Goodwill fahren läßt.

Die Frage war für mich fix beantwortet, ich werde Chipstütenkünstlerin und lerne mit kaltem Wasser zu duschen. This comes in handy, wenn die Infrastruktur tatsächlich zusammen brechen sollte und wir keine Elektrizität haben. Oh und ich werde jeden Tag roten Lippenstift tragen, das ist meine Challenge und ich werde ein Buch schreiben oder so.

Sind Blogger:innen für noch mehr Müll verantwortlich?

Ja.

In Bezug auf Nachhaltigkeit kann ich nur sagen – #FAIL. Ich sehe regelmäßig sogenannte “Aufgebraucht”-Beiträge, in der ich mich regelmäßig wundere, wieviele Produkte verwendet wurden und vor allem, wieviel Müll dabei entstanden ist. Wer ständig “billig” kauft, schmeißt nun mal auch schneller weg. Aber auch sonst scheint der Konsum von Tonnen von Duschgel, Shampoos und Körperprodukten in wirklich großen Mengen modisch zu sein. Da nützt es gar nix, wenn das Zeug öko ist. Die Verpackungen lassen sich soweit ich weiß nicht recyceln, oder werden gar nicht recyelt. Die gute leere Chanel Dose wird halt verbrannt, sagte mir ein Professor für Abfallwirtschaft mal.

Wenn wir dazu die Fashion Nummer mit rein nehmen, in denen Bestellungen hin und her versendet werden aber vor allem Fast Fashion konsumiert wie Zara und H&M wird, dann ist es klar.

Deshalb dachte ich mir, den Blog nicht mehr auf MEHR und NEU NEU NEU sondern auf geil und hält ewig auszurichten – trotzdem schelte ich hiermit offiziell die Kolleg:innen, die ihren Müll unreflektiert zelebrieren. Müll produzieren wir alle, das ist nicht die Frage, aber man kann sich ja ein wenig die Frage stellen, ob der ganze Krempel sein muss.

Weniger, besser, Leute. Kauft was Gutes, dann schmeißt ihr es nicht weg.

Normschön – wenn mediale Bilder eine verheerende Wirkung haben

Meine Technik funktioniert nicht, ich müsste putzen, und auch sonst ist alles prima, Pandemie hab’ vielen Dank.
Stresslevel? Ich wache mit Kopfweh auf, ich gehe mit Kopfweh schlafen. Anspannung.
Eine Sache macht mir derzeit absolut keine Kopfschmerzen – mein Aussehen. Entweder weil ich keine Zeit dafür habe, oder aber weil ich mit meinem Spiegelbild, bis auf die Augenringe, sehr zufrieden bin. Bin ich in Topform? Nö. Bin ich bis unter den Haarspitzen gepflegt und geschminkt? Nö NEIN nö.

Bin ich normschön? Ja. Ich bin schlank, ich habe keine weißen Haare, ich habe keine Falten, die Augenbrauen modisch, der Haarschnitt passend. Vor 20 Jahren wäre ich definitiv zu dick gewesen, vor 70 Jahren viel zu dürr und unweiblich. Für heute bin ich okay, müsste aber mehr Muskeln haben oder aber sehr dünn sein. Dass ich mich okay finde, macht mich gerade sehr immun gegenüber Konsum: Ich nutze, was ich habe, ich weiß was mir steht, kaufe nichts überflüssiges, und renne hinter keinen Trends nach. Geld gebe ich ausschließlich für Luxus aus. Dass ich normschön bin, macht mir das Leben definitiv leichter, das weiß ich.

DIE NORM. Die Norm ist das, was wir sehen, und sie ändert sich permanent, weil ohne diese Veränderung der Konsum nicht angetrieben werden würde.

Die Norm bei Männern ist ebenfalls entweder sehr schlank, was mittlerweile zu einem eklatanten Wachstum an Essstörungen bei Jungs und Männern führt, oder muskelbepackt, was permanentes Training erfordert. Hier ist ganz klar die Sache mit der Disziplin, der Härte, eben alles was toxische Männlichkeit parat hält, ein kultureller und emotionaler Hintergrund. Die Models, die Schauspieler, die Moderatoren im Kinderfernsehen, die Leute, die wir in den Meiden sehen, außer es sind Politiker, sind entweder schlank oder muskulös. Die paar Ausnahmen bestätigen ironischerweise das Bild.
Auch hier gibt es den DILF und den daddy bod – das sind Sexismen, wie wir Frauen sie auch hinreichend kennen. SO haben wir Gleichstellung aber nicht gemeint.

Die Norm bei Frauen, nun ja, machen wir Instagram an, und gähnen eine Runde – dort gibt es selbst innerhalb deren, die explizit nicht Norm sein wollen, die Norm der “Jugend”. Ab dreißig läuft nix, oder es wird kokettiert damit, dass man schon “so alt” ist und noch so gut aussieht=geliftet ist. Die Norm ist also bei Frauen schon noch etwas härter, erfordert es schließlich einen lebensgefährlichen Eingriff. Hinzu kommt der übliche Kram wie tätowierte Augenbrauen, Extensions/Perücken, künstliche Wimpern etc.

Warum ist das problematisch? Nun, es gibt in der Jugend einfach den Wunsch, dazu zu gehören (seltener sich abzuheben…) und das schafft den Druck, zumindest äußerlich mitzuhalten. Es gibt Cliquen mit bestimmten Stil, bestimmten Merkmalen, es gibt Tussis, Skaterinnen, und Ökos. Menschen wollen dazu gehören und trotzdem sichtbar sein.
Und so kommt es , dann Abweichungen von der Norm bestraft werden, und zwar von der Gruppe, innerhalb derer es eine Gruppendynamik gibt (Anführerinnen, Mitläuferinnen, usw), entweder um den Machterhalt zu sichern oder um dazu zu gehören.
Wer also das Pech hat, der medial kolportierten Normschönheit nicht anzugehören, durch andere Haare, schlechte Haut, Gewichtsklasse, wird ausgeschlossen und wird natürlich alles tun, um doch noch dazu zu gehören. Hungern, Haare glätten bzw. verbrennen, viel Geld für Kleidung oder Fakelashes ausgeben. We all have been there.

Wer nun glaubt, im gehobenen Alter hört das auf: Mitnichten! So werden wir im Dating Alltag mit Kommentaren konfrontiert, im beruflichen Alltag wird das Aussehen kommentiert, sollte es NICHT der Norm entsprechen, die ja vom Umfeld abhängig ist, und jede Person, die ihr Ding durchzieht, wird natürlich durch die Gemeinschaft oder von Einzelnen durch die Gemeinschaft gedeckt, bestraft bzw. gemobbt.

Was ist der Grund für die “Norm”? Ich habe lange darüber nachgedacht und denke, die Norm ist ein Spiegel der aktuellen Zeit, die Werbung ist ja für mich der stärkste Spiegel der aktuellen Zeit ohnehin und wir werden von der permanent präsenten Dauerbefeuerung durch Werbung sehr stark geprägt. Die Norm ist dafür da, uns eine Art Richtlinie im Alltag zu geben, insofern nicht ganz verkehrt – diese Norm aber ist nicht unbedingt richtig. Früher war die Norm, immer und überall zu rauchen und Alkohol zu trinken, und das war keine gute Norm (letzteres ist sogar geblieben…) Normen sind im Alltag ein Werkzeug, um uns zu entlasten.
Was passiert, wenn man abseits der Norm lebt? Und leben wir nicht eigentlich alle abseits der Norm? Es ist ein Trugschluss, einer Norm zu entsprechen, die letztlich nur ein Idealbild ist.

Und so ist der Grund für die Strafe der Gruppe gegenüber denjenigen, die sich dieser Norm offen und sichtbar verweigern, schlicht und einfach die eigene Unzufriedenheit und unausgesprochene, inhärente Einsicht, etwas hinterherzujagen, was nicht erfüllt werden kann. Der Ausschluß aus der Gruppe sorgt dafür, dass die Gruppe weiterhin funktioniert, insofern als dass die Norm nicht in ihrer Richtigkeit angezweifelt werden kann.

Die Konsequenzen für die außerhalb der Norm sind immer ambivalent, zum einen persönliche Freiheit, zum anderen der Verlust einer Peer-Group und die Suche nach einer neuen.

So falle ich mit allen anderen Dingen aus der Norm raus, und hmm, wenn ich so überlege, ich habe sogar eine Peer-Group, die sehr divers ist. Ist es das? Diversität als Norm? Ist das nicht das eigentliche…?!