Mütter reiten auf Einhörner durch’s Kita-Land – Erziehen ist Versagen

Teddy wird drei.

Ein Anlass zur Freude! Umso mehr, als das sturste Kind der Welt, in dessen Händen wir wachsweiche Knete sind, schon die Wahrheit dieser Welt in einem Satz zusammen gefasst hat:

Natürlich nicht! Er wird drei! Schwanzlängevergleiche überlasse ich anderen Eltern.

Solange hat man gewartet, dass er spricht und dann steht er morgens um sechs in der Küche und sagt: “Mann ey, scheiße!” und man ist schlagartig wach und fragt sich, woher er diese un-mö-glichen Worte hat. Von Mami. Womöglich.

Erziehung.
Während wir anfangs jeden Wunsch unseren kleinen Lieblings von den Lippen ablasen, sind wir abgeklärter. Nach einigen Wochen Terror, schlafloser Nächte, und “Nein, ich will nicht!” als Antwort auf eigentlich alles, zogen wir die Zügel an und zögerten nicht, dem Kind Grenzen aufzuzeigen. In allererster Linie: unsere.
Wer hält länger durch beim wegrennen? Wer muss jetzt doch noch was essen, um nicht ins Bett zu gehen? Wer schreit so lange bis die Decke, nun beide Decken!, das Kopfkissen und der Hasi in richtigem Winkel zueinander für seine Hoheit in seinem (erratum: unser! war es doch mal?!) Bett bereitliegen, damit er seinen Morgentrunk zu sich nehmen exen kann? Wer lässt sich mit der Androhung, Haare gewaschen zu bekommen, dazu bringen, sich doch noch die Zähne putzen zu lassen?

Aber wir bekommen es hin. Eine latente Schwerhörigkeit, bedingt durch die dauerlaufende Waschmaschine, Wasserkocher sowie Dunstabzughaube (Wie kann ein Kind nur so viel essen?!) haben sicherlich ihren Teil dazu beigetragen. Teddy bedankt sich fürs Essen kochen, sagt “Mami ist hübsch!” und “Papa, hab dich lieb!” – ohne Essensentzug. Umso mehr ist man wie vom Donner gerührt, wenn solche Perlen seinen Mund verlassen, während man vorher kurz überlegt hat eine Bank zu überfallen, nur um wegzukommen und vielleicht auch mal länger als bis sechs Uhr zu schlafen (Gefängnis=Schlaf).

Gelernt haben wir folgendes:
Lektion eins: Keine Erklärungen, Begründungen und Diskussionen.
Lektion zwei: Ein Eltern/paar, eine Meinung. Diskutiert wird, wenn das Kind komatös nebenan schnarcht.
Lektion drei: Mach deine Fehler nur einmal. Kinder sind verdammt schlau und nutzen alles aus.
Lektion vier: Es gibt Regeln. Solche benennen und sich auch selbst dran halten. (Das ist das schlimmste!)

Natürlich haben wir das alles auf die harte Tour gelernt. Alles andere wäre gelogen.
Und oh ja, man kann ein Kind zu sehr verwöhnen und nein, es gibt nicht immer einen echten Grund, warum es nachts aufwacht und rumschreit. Aber das muss jeder selbst durchmachen.

Die größte Herausforderung jedoch ist, jeden Tag ein Vorbild zu sein. Das schafft man nicht, nur in Ansätzen – natürlich sagt das Kind scheiße, aber dafür auch von alleine Bitte und Danke. Es will im Laden keine Süßigkeiten, sondern Saft oder Tomaten in der Dose für Sauce. Es räumt auf, es hilft im Alltag, und geht alleine aufs Klo. Es ist stolz drauf, selbstständig zu sein, was normal für das Alter ist, aber auch gefördert wurde. Alleine spielen oder ein Buch lesen, nickend die Info zur Kenntnis nehmen dass man jetzt dies&das täte oder hier&dort sei: Das sind die Momente, in denen man durchatmen kann. Und liebevoll das Monster aus sicherer Entfernung beobachten kann, vor Liebe und Stolz platzend (lass es Dir nicht anmerken! es will dann Kekse!)

Und jeden Tag, jeder Kampf, alles, ja alles wird gut wenn ein 3-jähriger sein Hasi auf dein Kopf legt und sagt: “Pssst, Mami schläft! Bis nachher! Guten Appetit!”
Glücklich zur Kita geht, in seinem aufregenden Alltag. Und man ihn dort abholt und er sagt: “Mami, geh wieder arbeiten, ich spiele.” Aber das ist eine andere Geschichte.

Was wir nicht tun dürfen

Schwierige Zeiten. Zumindest jetzt, wo es greifbar nahe an uns gerückt ist – nicht nur durch eine Flut von Menschen, die um ihr nacktes Leben fürchtend geflüchtet sind, sondern auch durch direkte Angriffe auf uns, in der nächsten Umgebung.

Ich habe sie auch – Angst. Mehr diese unbestimmte Form dessen, das einem die Handlungshoheit aus der Hand entgleitet. Angst vor der Angst – dass man nicht mehr rausgeht, dass man sich von Furcht und Mißtrauen nährt. Nachts träume ich von Konzentrationslagern und wache weinend auf.
Ich habe keine Angst vor Anschlägen, ich habe Angst vor denen, die Ängste schüren und nutzen. Angst vor meinem sonst sehr netten Nachbar, der auf einmal ein Pegida Anhänger werden könnte. Angst vor Leuten, die etwas auf Reinrassigkeit halten. Die andere Menschen pauschal als nicht lebenswert verurteilen.
Das alles passiert permanent die ganze Zeit um uns herum, in Indien, In West-Afrika, in Amerika – jetzt kommt es aber hier spürbar an.
Menschen, die in der Einkaufsschlange ihre Demeter-Milch an die Brust drücken und gegen Flüchlinge schimpfen. Menschen, die sagen, dass wir kein Platz haben und man uns was wegnimmt.
Wir haben alles schon durchexerziert in dieser Weltgeschichte: Kriege, in denen sich die Menschen unter Drogen andere und selbst getötet haben (Kreuzzüge). Genozide.

Eine kleine Menge von Angst, potentiert und angestachelt, kann wüten und sich entladen und alles zerstören, was sich in ihren Weg stellt. Mißtrauen und Geheimnistuerei, Schweigen, Isolation, das sind die Dinge, aus denen Angst entsteht. Zwist. Wenn Radikalisierung eine Waffe hat, dann diese – und deshalb dürfen wir das nicht tun.

Wir dürfen nicht schweigen, nicht wegsehen, nicht tuscheln. Nicht zu Hause bleiben. Nicht vorverurteilen. Nicht Angst um Dinge haben, die eigentlich uns besitzen.

Nicht schweigen, nicht wegsehen. Unsere Kultur ist nicht in Gefahr durch Terrorismus, sie ist stets in Gefahr durch uns selbst.

Business as usual? Ja, und das sehr bewusst.

Mütter reiten auf Einhörner durch’s Kita-Land – Gebt dem Kind keinen Zucker

Jeder macht es anders und gut auf seine Art und Weise. Zumindest immer gut gemeint. Das mit seinen Kindern…

Eine winzige Sache sticht mir aber immer wieder ins Auge: Kinder, die “auf Zucker” aufwachsen.

Letztens wurde ein unserem Kindergarten gebeten, den Kindern keine süßen Sachen mehr zum Frühstück mitzugeben. Keine Obst-Quietsche-Tüten, keine Schoko-Pops-Riegel-Pudding irgendwas.
Dabei sind die da beileibe nicht öko!

Diabetes ist die verbreiteste Zivilisationskrankheit der Welt, und sie nimmt auch in Entwicklungsländern rapide zu. Zuckerkrankheit heißt sie nicht umsonst.

Und Vorsicht – die Bio-Label sind kein Garant für Gesundheit!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Zucker: In Säften, in Schorlen, in diesen Quietscheobst-Tüten. Ganz schlimm in Müsli-Riegeln, in Obstgläschen, in Kinderprodukten allgemein. Auch wenn es kein Kristallzucker ist, sind Dinge wie Apfeldicksaft oder Agavensirup nichtsdestotrotz süß und – Zucker.
Gerade die Biobranche ist leider ein schwarzes Schaf, da es mit den Siegeln Gesundheit suggeriert. Kinderprodukte wie Säfte und Kekse sind meist viel zu süß, Bio hin oder her – einfach mal probieren.
Fertigprodukte sowieso, Fabrikbrot usw. Die ganzen Joghurts! Warum können Kinder kein Naturjoghurt essen?! Ein bisschen Müsli rein, fertig.

Kinder brauchen aber viel Zucker bzw. viel schnell verfügbare Energie!
– Ja, und die gibt es in Bananen, Äpfel, und in Vollkornbrot, oder in Müslis mit getrocknetem Obst. In Kartoffeln. Getreide und Reis, in Gemüse wie Karotten oder Hülsenfrüchte.

Mein Kind isst nichts anderes!
-Scheiße, dein Kind ist schon zuckersüchtig. Es wird essen, wenn es wirklich Hunger hat, das braucht allerdings einige Tage Entwöhnung/Entzug. Das Kind wird drei-vier Tage schrecklich sein, schreien, Essen verweigern aber irgendwann lieber eine Banane essen als gar nichts. Du bist der Elternteil, du trägst die Verantwortung (und es kann nicht schaden, mal bei Dir selbst auch mal zu gucken…).

Du spinnst – Du bist ein Zucker-Nazi!
-Nein, ich habe auch Marmelade im Schrank und es gibt auch Schokolade oder ein Keks bei uns. Verboten ist nichts, aber die Menge macht es. Apfelschorle gibt es bei Anlässen, aber nicht jeden Tag. Obstgläschen pimpen gelegentlich Joghurt mit Müsli auf, und Schokolade oder ein schöner Keks können einfach so mal zelebriert werden.

Als Eltern ist man nunmal in der Ausbildung. Sein Leben lang. Machen wir das Beste daraus!

Mütter reiten auf Einhörner durch’s Kita-Land – muss Frau alles tun?

Durch meine Leserinnen angespornt, will ich mal wieder ein bisschen aus meinem Universum erzählen. Respektive mich megamäßig aufregen, den Kopf schütteln und den Stinkefinger zeigen.

Der Hintergrund dazu war ein Gespräch, dessen Inhalt folgernder war (sachlich formuliert, gar nicht gehässig, aber lasst Euch das mal auf der Zunge zergehen…):

Du bist ja gar nicht belastbar – andere Frauen schaffen das auch, arbeiten, haben zwei Kinder, sind alleinerziehend, müssen den Haushalt komplett alleine machen, jammern jedoch nicht. Irgendwie erweckst du den Eindruck, du wärst überfordert. Ist doch alles nur eine Frage der Organisation.

Die ältere Frau, die mir das erzählte, kennt das heutige Berufsleben eines Angestellten mit Termindruck, Dauerbefeuerung per Mail und einem wesentlich hektischeren und vollerem Arbeitsalltag in sogenannten “Bürojobs” nicht; geschweige eine Berufstätigkeit mit Kleinkind. Der ganze Alltag ist aufmerksamkeitszehrender durch die vielen Kontakte und Kommunikationssituationen, durch viele Autos und Verkehr, Licht- und Geräusch-Belastung.
Wow.
Ich muss selbst jetzt noch tief durchatmen. Diesen Spruch habe ich mehrfach von, Obacht!, älteren Personen und von kinderlosen Menschen, aber leider auch häufig von Müttern gehört. Stets wird die Keule rausgeholt und ein “Extrem-Beispiel” angeführt, und Alleinerziehende müssen noch die Ergänzung hören von wegen “ohne Waschmaschine und sowas”, ohne “Unterstützung vom Staat und Kita”. Aaaaaaaaaahhh… tief durchatmen.

Okay, dann will ich mal was fragen:

HABT IHR SCHON MAL VON EINEM MANN GEHÖRT, ER HIELTE DIE DREIFACH BELASTUNG (JOB, HAUSHALT UND KIND) NICHT AUS?

Ich nicht. Nicht weil Männer nicht jammern, sondern weil diese Situation für die überwiegende Mehrheit nicht zutrifft.
Warum muss ich/frau das tun und what the fuck ist daran verkehrt, zu sagen dass es viel/anstrengend/suboptimal ist? Was für Happy-Hekse muss man fressen, um das als selbstverständlich zu erachten? Ach, und nicht vergessen, dass Frauen häufig aus der Kinderpflege nahtlos in die Altenpflege wechseln. Den Euphemismus “Familienarbeit” schon gehört?

Wenn ich/wir nicht die perfekte Orga haben, weiß ich nicht, wer die hat. Der Ehemann und ich sind Effizienz-Maschinen. Trotzdem, und erst recht, habe ich einen Anspruch drauf, zu jammern oder sogar krank zu werden. Entschuldigt den Magen-Darm Virus, der mich mal eben fast zwei Wochen außer Gefecht setzte. Ich gehe arbeiten und schreibe meine Dissertation. Unsere Bude wurde neulich als “stylish” klassifiziert, zugegeben war es gerade frisch aufgeräumt; wir sind alle drei stets gut und sauber angezogen, es gibt jeden Tag frisch gekochtes Essen auf den Tisch, das Kind ist mit unter drei Jahren trocken, kann zählen und ist einfach glücklich und ausgeglichen.

ICH HABE VERFICKT NOCHMAL DAS ANRECHT, NICHT ALLES TUN ZU MÜSSEN, NUR WEIL ICH DIE FRAU BIN.
DARÜBER ZU SPRECHEN, DASS DER ALLTAG ARBEIT IST UND ANSTRENGEND.
WER SICH VERFICKTERWEISE ANMASST, MIR/JEDER MUTTER ZU SAGEN, SIE SEI EIN SCHWACHMAT, SOLL BITTE ZWEI WOCHEN MIT MIR* TAUSCHEN UND DANACH DIE FRESSE HALTEN.
WIR FRAUEN HABEN GRUNDSÄTZLICH KEIN GRUND, UNS ANDEREN GEGENÜBER ZU RECHTFERTIGEN.

ICH BIN GEIL, WEIL ICH ES EBEN NICHT BIN UND DAS LAUT SAGE.

Sorry, aber das musste sowas von raus… Ich bin kein Übermensch, aber was ich leiste, ist verdammt viel und ich brauche mir nichts, aber auch gar nichts anzuhören oder mich zu rechtfertigen, denn nur ich weiß, wieviel Kraft mich dieses oder jenes kostet. Punkt aus.


*Nur mit mir, weil ich es vergleichsweise einfach habe. Sonst gerne mit der viel beschworenen, in Vollzeit arbeitenden, alleinerziehenden Mutter, die dazu noch ihre Mutter pflegt und zum Sport geht.