Wie macht die PR eine Marke kaputt?
+++ACHTUNG SEITENHIEB+++
Ich bin nicht die einzige Bloggerin, die sich fragt nach welchem Prinzip Pressemuster verteilt werden. Wenn Dior&Konsorten in Giesskannen-Selektion Muster aussendet, mich als reine High-End Bloggerin aus persönlichen Gründen (ich habe mal über eine Print-Anzeige gelästert und auf Twitter nachgefragt,ob Produkt XY wirklich so schlecht ist wie alle Blogger schreiben) ausläßt, kann ich das persönlich nehmen – oder auch nicht. Es bietet jedoch ein herausragendes Beispiel, wie man eine Marke durch Social Media versauen kann.
Denn: Wer in der Drogerie dekorative Kosmetik für den Bruchteil eines Preises kauft, wird gewisse Dinge zwar anschmachten, aber nicht erwerben – denn wer aufs Budget achtet, dem sind die 90% Marketing, für die er drauf zahlt, scheißegal. Es ist sicher ein potentieller Kunde, doch wen wir ehrlich sind – Kosmetikkäufe im Luxusbereich sind irrational besetzt und preissensible Menschen werden da nicht weich. (sehr vernünftig.)
So endet letzten Endes die Vorstellung eine Dior Palette für 55 Euro im Vergleich mit einem Drogerieprodukt für 5-6 Euro meist in Lobeslieder, wird jedoch niemals gekauft bzw. es findet sich etwas vergleichbares (wird gleich mit angeboten) bei Rossmann und DM.
Meist gelesener Kommentar zu High-End Sachen:
“Da gibt es doch auch was von… Catrice.”
Stimmt!
Und Dior&Konsorten versauen ihre Marke für in bisschen appearence?!
Was passiert für mich als Kundin?
Ganz einfach: Ich empfinde die Marke subjektiv als “verramscht” und entwertet.
Natürlich gucke ich trotzdem regelmäßig nach deren Produkten, doch ich bin ehrlich: Ich kaufe Luxus. Doch wenn die Dinge kein Luxus mehr verströmen, weil ich an Catrice denken muss (nichts gegen Catrice!!), dann bin ich auch nicht bereit, das viele Geld hinzublättern.
Da kann man Chanel verstehen, die in Deutschland absolut keine Social Media Tätigkeit betreiben. Sie verpassen zwar damit Marktanteile, sicher, aber an der Marke kratzt dann wenigstens nur ein tatsächlich misslungenes Produkt (von denen sie ja auch etliche haben…), jedoch bleibt das Image zumindest in der Luxus-Hinsicht unangetastet.
Und jetzt kommt mein persönliches Lieblingsbeispiel…
My ass! Seitdem verschenke ich nichts teures mehr außer an echte Addicts!
Lange ist’s her… ich schenkte einer Freundin einen Dior Lipgloss. Zum einen weil diese mit die besten sind, zum anderen stand ihr die Farbe ganz wundervoll, zum ganz anderen wollte ich, dass sie etwas besonderes hat, was sie sich nicht selbst kaufen würde (dafür kaufte sie damals tütenweise bei H&M billigen Schrott und billiges Essen ein, aber das ist eine andere Geschichte…)
Sie bedankte sich – und das war’s.
Ich sah sie das Produkt nie nutzen und auch nie wieder in ihrem Fundus.
Da gab ich ihr ein paar Muster von Manhattan, eine Marke, die sie immerhin kannte. Rot und klebrig und mit Kirschduft, der Inbegriff einer Katastrophe für mich – für sie ein Highlight. Ein Gloss muss kleben, dazu der Geschmack, großartig! Und dann so etwas teures!
Ich mag Manhattan gerne, aber ein 3,50 Gloss ist etwas, was ich als Teenie gekauft habe. Heute gebe ich 30 Euro aus, weil ich es kann, weil ich es möchte und mir das Gesamtpaket wichtig ist – von Image bis Verpackung, zuallererst jedoch Qualität und die besondere Farbe.
Mir ist das alles schon mehrfach passiert, und daher weiß ich – wer kein Wert auf Luxus legt, der legt kein Wert drauf und wird niemals Dior kaufen.
Es tut mir leid für die Leute, die denken, dass sie damit ein Interesse an der Marke züchten, oder dass Omnipräsenz alles sein kann. Nein, ist es nicht. Und wer nur den Hauch eines betriebswirtschaftlichen Studiums hinter sich gebracht hat, kann es sogar vorrechnen.
Mir sind so etliche Marken regelrecht unsympathisch geworden.
Als Bloggerin frage ich mich zudem eh – warum soll ich für etwas bezahlen, was eine andere Bloggerin, die sich auf Drogerieprodukte spezialsiert hat, kaum Reichweite hat und das Produkt eh mit einem Catrice Etwas in den Topf schmeißt, für umme als Pressemuster bekommen hat? Da frage ich aber auch nicht mehr nach, ob ich auch noch eine Rezension dazu schreiben “darf” – neeee, ein bisschen mehr Exklusivität darf es für mich dann doch sein.
Zur Klarstellung: Ich finde es gut, wenn Pressemuster demokratisch verteilt werden, doch so wie ich mit Manhattan wenig anfangen kann, weil ich einen anderen Schwerpunkt habe, so können andere mit Dior&Konsorten ebenfalls (noch) wenig anfangen.
Ach ja – ich betrachte die Bemusterung mit Produkten nach wie vor als Job der PR und nicht als meine Aufgabe, um etwas zu bitten, und freue mich wenn die Sachen auf mein Profil zugeschnitten sind. Man schickt der VOGUE ja auch keine no-name-Seife, gell?
…und ja, es gibt PR-Leute, die das können. Die machen ihren Job nämlich gut, und von deren Produkten lest Ihr hier sicherlich häufiger (nur gutes, die schlechten Dinge lasse ich weg, es sei denn, es eignet sich für einen witzigen Beitrag, rein nach dem Motto nur keine Presse ist schlechte Presse).
Und jetzt dürft Ihr mich grillen!!
P.S. Ich finde es sehr wichtig, dass es günstige Make-up Produkte gibt. Ist bloss nicht meine persönliche Baustelle.
EDIT: Weil der Name Dior hier fällt:
Die PR großer Konzerne ist nicht per se unfähig. Gerade Dior als Teil einer Aktiengesellschaft/weltweiten Luxuskonzerns (LVMH) ist sehr auf den Kosmetikbereich angewiesen. Da geht es um nackte Zahlen und leider wird nur kurzfristig für die Anleger gehandelt. Da geht Marketing und PR leider so, dass sie “schnell” mal was machen sollen; blinder Aktionismus, der von oben angeordnet wird, gefolgt von plötzlichen “Stopp”, natürlich von einer Führungsriege, die keine Ahnung hat, aber sehr viel Geld dafür bekommt. Und dann gibt es noch Gemecker von den “Kunden”. Das ist natürlich die andere Seite der Medaille. Deshalb dürfen sich die PR Mitarbeiter von Dior und anderen auf keinen Fall persönlich angegriffen fühlen, es sei denn, solcher Mist liegt in deren Verantwortung – und das tut es in der Regel nicht, sondern viele Etagen weiter oben.
EDIT 2:
Bitte beachtet den Kommentar von Jettie:
Die dritte Seite der Medaille ist die Tatsache, dass Blogger eine “für lau” Mentalität entwickelt haben. Nicht weiter verwunderlich, denn sie bekommen einzig ein Pressemuster für ihre Arbeit und Reichweite, falls überhaupt. Wir sind lange davon entfernt, Sponsoring und Werbung auch einnahmeneffizient zu betreiben. Dennoch sind Blogger keine Bittsteller und Abgreifer – auch wenn die paar schwarzen Schafe existent sind. Die Klasse der Masse hat sich mittlerweile etabliert und deckt ein sehr großes Feld ab, von Exklusiv hin zu reinen Produktests (die auch eine Daseinsberechtigung haben).
Man kann der PR durchaus zutrauen, ein Kriterienkatalog zu haben, nachdem sie agieren. Und weil Zeit kostbar ist, kann man Anfragen zwar ignorieren, aber regelmässig mal die Listen neu sortieren. Das ist nun mal der Job.
EDIT 3:
Dieser Beitrag ist einen vierstelligen Betrag wert aufgrund der vorhandenen Expertise. Es gibt ihn hier kostenlos, aber hoffentlich nicht umsonst!