Man kann aber auch alles pathologisieren – FOMO als psychische Krankheit ist der Krankenkasse sogar einen Beitrag wert. Dabei soll die Angst davor, etwas zu verpassen, zu Depressionen führen. Ich würde sagen, die Tatsache dass man nichts unternehmen kann oder unternimmt führt zu Depressionen. Die zwangsweise Beschäftigung mit dem Handy, oder wie es so schön im vorwurfsvollen Ton heißt: “DU bist handysüchtig!” kann tatsächlich eine Sucht sein. Mir wird das ständig vorgeworfen, was ich sehr belustigend finde, ist das Handy für mich ein Arbeitsgerät und weniger vergnüglich.
Die FOMO in meinem Fall ist real und nicht virtuell. Findet draußen ein Leben statt? Bin ich dank Homeoffice jetzt immer alleine und wechsle zwischen Schreibtisch und Behausungen – und das war’s? Die Pandemie und Infektionszahlen sind real, ich verpasse gar nichts, und virtuell wird oft genug bestätigt, dass Zuhause bleiben gerade das Nonplusultra ist.
Es bleibt ein merkwürdiges Gefühl im Bauch, wenn ich an vollen Restaurants vorbei gehe, wenn ich mal zwangsweise das Haus verlasse. Mein Leben sieht nicht so aus. Verpasse ich etwas? Ich könnte… und dann erinnere ich mich daran, dass Information und Reflexion mir seit Beginn der Pandemie den Arsch gerettet haben. Keine Flugreise, obwohl ich könnte, keine Barbesuche, obwohl ich wollte, keine Spaziergänge an der Alster, kein Bahntrip in die Schweiz. Nix, nada, nothing, nüscht.
Vielleicht verpassen wir alle nichts, alle die nicht ins Kino gehen, die Zuhause kochen, die Netflix und chill machen, die nicht tindern, die nicht nach Dubai geflogen sind, die ihre Pediküre und Pflegemaske daheim machen, solange die Pandemie noch andauert (zwei Jahre prospektiv, yay, erschießt mich!).