Das erste Mal: Chanel No 5 mögen und benutzen

Das ist ungefähr das fünfte Mal, dass ich eine Flasche Chanel No 5 gekauft habe und die letzten zwei Male fand ich den Duft ganz gut – ein deutliches Zeichen für Reife (geistige!! HUST), aber mein allergiegeplagter Körper wehrte sich gegen die Kopfnote dermaßen, dass ich den Flakon jede Mal weiter verschenken musste.

Die Flanker Eau Premiere und L’Eau kamen ebenfalls – und gingen, dankbare Abnehmerin war immer wieder meine Mutter, die diesen Gruselkram schon seit… immer benutzt? Natürlich das wesentlich schlimmere Eau de Toilette, das so mottenkugelig riecht, das einem ganz schwindelig wird. Versuche, sie auf das Parfum umzustellen, gelangen zwar, aber ihre feine Nase entdeckte auch, dass der Duft alljährlich reformiert wird. Ich fand ihre Kritik undankbar, wenn man bedenkt wieviel das Parfum mich als Schenkende kostete, aber sie hatte recht: Regelmäßig riecht dieses Parfum gleich, jedoch sind einzelne Noten immer wieder anders.

Diese Reformulierungen sind zum Teil irgendwelchen Regelungen geschuldet, die die Verbraucherin und die Umwelt schützen sollen, zum anderen sind die den Unternehmen geschuldet, die Wege finden, Dinge noch billiger zu produzieren. Und in diesem Falle mit noch kürzerer Haltbarkeit. Dieses Eau de Parfum hält von der Wand bis zur Tapete, und bei diesem Duft sollte man sich auf gar keinen Fall eindieseln. Da macht der neue Reiseflakon schon irgendwie Sinn – der übrigens weniger enthält und mehr kostet, gel, so ist das! SHRINKFLATION!

Dieses Mal allerdings geht die Reformulierung zu meinen Gunsten: Entweder diese macht den Duft jetzt für mich erträglich, oder meine Allergie spinnt herum. Wir werden es nie erfahren.

Dieser Duft gibt tatsächlich alles her, was die Beschreibung verspricht. Und ich bin so begeistert! Es ist unglaublich elegant, voluminös, interessant in der Komposition – um dann nach 10 Stunden leider komplett abzuflachen und zu verschwinden. Passt für mich ganz gut, denn die letzten Noten, also der dry down, ist eine unglaublich enervierende, falsche, billige Vanille-Pressspan-Note. I don’t need that.

Aber die Aldehyde!

Ich liebe die Aldehyde Noten, die man auch in No.22 und in Le Lion richtig großartig findet, die „weißen Blüten“ sind keine, sondern eher ein expressionistisches Gemälde weißer Blüten, und deshalb umso spannender, und der dry down – wenn es der Rahmen des Gemäldes wäre… nun, lassen wir es, das Bild ist halt nicht gut gerahmt. Aber, und das ist ein absoluter Pro-Tipp: Parfüms reifen (und manchmal kippen sie auch…) und daher kann so eine Flasche Chanel, dunkel und kühl aufbewahrt, nach einigen jähren tatsächlich richtig gut werden. Das ist mir mit Coco Mademoiselle zumindest passiert. Die Flüssigkeit ist etwas dunkler, der Duft fabelhafter und nicht zu vergleichen mit dem Original. Allerdings stand die Flasche wirklich ein ganzes Weilchen herum. Das ist nicht wirklich praktikabel, es sei denn man hat keine so große Kollektion, dann würde sich dieses Experiment lohnen.

Nun ist es so, dass Chanel No5 in der Öffentlichkeit sicherlich keinen besonders großen Freundeskreis hat. Ich habe es bislang super selten an jemanden gerochen, und genau so wie die roten Lippenstifte frage ich mich, wer das Zeug kauft und vor allem benutzt? Männer kaufen und verschenken es, ja, aber wer zum Teufel benutzt es?!

Die Kommentare dazu lauteten: „Du riechst wie Oma“, „Ja, ganz okay“, und: „Seife!“, begleitet vom belustigten Gelächter meines Partners angesichts meines Gesichtsausdrucks. Er war auch etwas beleidigt, dass ich mir das selbst gekauft habe. Pfft, es gibt ja noch das Extrait für fast drei tausend Euro! Wer kauft denn sowas, jetzt im Ernst?

Heute Abend in der Oper kann ich nur sagen: ICH. Passend zur französischen Oper werde ich Chanel tragen, zumindest Make-up und Parfüm, plus drei Schichten, denn schick ist bei vier Stunden rumsitzen nicht angesagt und als Dauergästin hat man ja keine Muße sich ständig aufzutakeln, n’est ce pas.
Tatsächlich warte ich auf etwas wärmere Tage und weiß ausserdem, dass man sich in Hamburg nicht auftakelt, weil man ja nicht nouveau riche ist, sondern diskret schweinereich.

In diesem Sinne, wenn ich #eattherich sage, meine ich nicht diejenigen, die in die Oper gehen, Chanel Extrait kaufen und Millionäre sind, ich meine diejenigen, die sich Opern kaufen.

LANCÔME La Nuit Trésor Eau de Parfum – mein peinliches Geheimnis

Wir erinnern uns an Angel. Thierry Mugler Angel, die Zuckerbombe. Unvergessenes Exemplar und Meisterwerk der Parfümeriekunst. Liebe oder Hass – dazwischen gibt es nichts. Und dessen Flanker, Angel Inocent, eine etwas gedämpfte Version, habe ich lange und gerne getragen. Das war 2007!!

Ja, sogar Angel habe ich mal getragen, in einem Anfall von Midlifecrisis – absolut nicht meine Baustelle, es wanderte dann weiter an meine Schwägerin.

Unendlich oft kopiert und verbessert: La Nuit Trésor ist unverkennbar eine Angel Version. Es ist keine 1:1 Kopie des Originals, aber die Struktur ist deutlich die selbige: Gourmandig-süß. Da ist zwar weniger Patschuli drin, und mehr Karamellbonbon, aber diese gefühlte heftige Süße ist unverkennbar.

Nun, dieser Duft ist nicht elegant, nicht raffiniert, und auch nicht unverkennbar, weshalb er eigentlich nicht meine Baustelle ist. Dazu der absolut nervige Flakon, der nicht nur hässlich ist, sondern sich schlecht verschließen lässt, der überteuerte UVP, nö! Ein No Go für eine Connaisseurin. Ich bin ein Snob, ich weiß.
Und ich habe eigentlich etwas ähnliches mit BYREDO Black Saffron, zumindest etwas Süßes, wenn mensch so will.

Der Duft: Obstkorb, aber make it sweet. Pflaume, Birne, Erdbeere, Maracuja, aber frisch eingekocht. Mag ich. Dazu gleich Karambolage-artig die Vanille, das Karamell und die Schokolade und was man da auch immer reingekippt hat. Haltbarkeit ist gut, wenn auch die Kopfnote schnell verschwindet, Sillage ordentlich, hier ist man gut beraten sparsam damit umzugehen (habe trotzdem 50ml gekauft und werde großzügig abfüllen!).

Ein Sprüher ist hier wirklich genug. Der Duft wird auf meiner Haut zu einer süßen und pudrigen Note, die sehr kuschelig ist. Allerdings ist der gesamte Duft einfach… dolle. ZU doll, meine Allergiker-Nase hadert damit, aber es geht um Meilen besser als mit Chanel Mademoiselle oder Diors Miss Dior Cherie, beide Duftklassiker, die ich mag und die ich leider nicht vertrage. Wobei, Mademoiselle habe ich seit mehreren Jahren in der dunklen Schublade und der Duft hat sich verändert, ist quasi gereift, und jetzt bin ich dagegen nicht mehr allergisch. Ob das mit anderen Düften auch geht???

Oh, und warum ist mir der Duft peinlich? Weil er wirklich super *in your face* ist. Er ist sexy und feminin und null raffiniert. Der Leopard-Print der Parfümerie Kunst LOL
Erotisch kann man nicht mehr sagen, es ist, um es mit den freundlichen Worten meiner Bekannten zu sagen: “Ein Männermagnet.” Solche Männer will frau eigentlich nicht anziehen, denke ich mir, aber am Ende des Tages gab es ausgerechnet von meinem Sohn einen Daumen hoch, aber nur für die Version “ein Sprüher”. Ich denke, dass mein Süßzahn, der sich regelmäßig meldet, auch mal befriedigt werden darf, und warum etwas “nischiges” suchen? Mittlerweile sind die Preise hanebüchen und, was viel schlimmer ist: Es reißt mich nichts von Hocker.

Für mich läuft der Duft unter “cheap thrills” und ich empfehle für den Einstieg einfach das Duschgel oder die Bodylotion. Das reicht für eine Duftwolke, die nicht gleich einen Waffenschein braucht.

HERMÉS UN JARDIN EN MÉDITERRANÉE

EDIT: Nachgekauft und als Signaturduft gekrönt. Genderbender-Duft seit 2003 😍

Un Jardin en Mediterranée ist der Duft, oder einer der Düfte, die für mich ein Grundpfeiler meines Hobbys Düfte sind. Angefangen hat es mit einem YSL Duft mit Grapefruit und Zeug, In Love Again hieß es. Es war für mich damals unbezahlbar, aber ich konnte mich durchringen und kaufte die Flasche für unsagbare 86 DM – und kaufte sie sogar nach, nachdem sie alle war. Fruchtig, saftig, holzig und wenig girly, trotz des kitschigen Flakons mit dem güldenen Herz drauf.
Der Parfumeur: Jean-Claude Ellena. Der Duft: Eine Iteration seiner Bestseller-Kompositionen: Zitrus, Obst, Holz, Rose.

Sehr viel später entdeckte ich dank einer Freundin den Duft von Hermès, und war interessiert und abgetörnt zugleich, entwickelte er an ihr eine säuerliche, unangenehme Note. Völlig ahnungslos wie ich damals war, schreckte mich alles ab, die Parfümerie, der Preis, und die grimmige Aceton-Komponente. Dass dieser Unisex-Duft an mir anders riechen würde, wusste ich damals nicht. Wie alle Hermés Einsteiger:innen fand ich die zitronige Variante Un Jardin sur le Nil besser. Ich glaube, ich kaufte das sogar als erstes.

Als ich zu bloggen anfing, hatte ich unlängst Nischendüfte entdeckt und nannte einen Rest La Chasse aux Papillons meins. Das war der Anfang vom Ende. Ich habe eine sehr empfindliche Nase, ich habe regelmäßig Duft-Dejá-vus und durch eine leichte Synästhesie kann ich Düfte taktil beschreiben. Duft fühlt sich an wie etwas, was ich anfassen kann. Schräg? Normal. Sehe ich bei einem Duft zum Teil komplette Bilder oder gar Outfits? Normal.
Das ist übrigens in der Tat auch das Können einer wirklich guten Parfumeurin, nicht einfach Duftnoten zusammen zu stellen, sondern ein Storytelling olfaktorisch anzustreben. Den Geschmack muss es nicht mal treffen, wichtig ist, ob die Geschichte dahinter erkennbar ist.

Jajaja, ich komme nun zum Duft, den tatsächlich nicht alle kennen!! Wie geht das?? WIE KANN MAN DIESES STÜCK KULTURGUT NICHT KENNEN!
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FLORAïKU Enigmatic Flowers Kollektion I see the clouds go by

Es ist passiert-ich habe etwas aus Versehen gekauft, per Apple Pay. Und ich war zu faul, es zu stornieren oder vielleicht war der Betrag zu gering LOL – so kam ich zu einer Kiste mit Floraïku-Samples und werde die Düfte nun vorstellen.

Floraïku gehört zu Memo Paris, und ich würde sie fast der cultural appropriation beschuldigen, aber who am I to judge. Das Konzept sieht Düfte als Gedichte vor, die Flakons sind japanisch angehaucht, Ikebana, das übliche.
Die Parfümeurin ist Alienor Massenet. Sie mag Rhabarber in Parfüms. Das ist kein Scherz, das hat sie neulich selbst auf Instagram gepostet. Und sie mag es, Freude in Duft umzuwandeln!

Der Duft zaubert mir zumindest instantan ein Lächeln auf den Lippen. Die Erinnerung an Un Jardin Sur Le Nil ist sofort da, aber trügt. Je nach Tagesform meiner Nase wechselt der Duft zwischen Reiniger und Maiglöckchen, wird aber dann raffinierter und weniger “spritzig”. Es soll ein Soliflore sein, und zwar schwarze Johannisbeere, meine momentane Obsession.

Nun, die Duftnoten und die Beschreibung auf deren Website haben nichts mit meiner Probe zu tun, es sei denn, sie ist falsch beschriftet. Moschus und Kirschblüte, Zedernholz?! Wo?! Bergamotte und Petit Grain kann ich definitiv detektieren, insbesondere die Bergamotte, die ja so schnell ins künstliche Kloreiniger-Aroma kippen kann.

Die Haltbarkeit ist “as the cluds go by” und trotzdem bleibt ein Hauch des Duftes auf der Haut stehen, mehr ein Eindruck als ein Parfüm. Zwischendurch scheint die Sonne, zaghaft, freundlich, lächelnd, und die Zitrus-Note wird weich und macht etwas Platz, was ich beim besten Willen nicht mit Johannisbeere in Verbindung bringen würde. Vielleicht unreife Früchte? Grüne Rhabarberstengel? Ja, das würde ich eher konnotieren. Davana soll drin sein, Artemisia Pallens, ein Korbblütler und Verwandter von Wermut und Estragon. Ungefähr da bin ich raus, nicht ob des Estragons, sondern Botanik, habe ich leider keinen Plan von. Wenn man es essen kann kenne ich es manchmal, ansonsten: Pflanze, Baum.

Tatsächlich ist das eine leichtfüßige, fröhliche und transparente Interpretation von Jardin Sur le Nil, wesentlich ausgereifter und schöner – die Kollektion heißt nicht umsonst “misteriöse Blumen”. Der Duft braucht und entwickelt sich, er gefällt mir zwar auf Anhieb, dennoch muss er entdeckt werden.

Den Preis für 255 Euro halte ich allerdings für latent übertrieben. Überhaupt schwanke ich zwischen “großartig!” und dem Gedanken, dass ich einen Lufterfrischer draufgeballert habe.

Insgesamt ist das Konzept schlüssig: Leichtigkeit, Transparenz und künstlerische Wirkung, trotzdem haut es mich einfach nicht um. Wer allerdings einen hochwertigen Ersatz für den Hermès Duft sucht, weil den einfach alle haben, könnte sich hier mal umtun.

BYREDO Black Saffron Eau de Parfum

EDIT:

Es ist wie es ist, der Duft gefällt mir und die Haltbarkeit überzeugt, ich mag in diesem dunklen Beet aus Himbeeren und Veilchen und grünen Zweigen aufwachen. Das Staubige entpuppt sich beim hundertsten Test als Veilchen? Vetiver? Safran ist tatsächlich auch “staubig” – jedenfalls ist der düstere Duft gerade absolut meins. Vielleicht, oder ganz sicher, weil es durchaus etwas weniger gefällig ist, weil es “schwarz” ist, weil es sich wie ein Kleidungsstück anfühlt, das sich harmonisch in die restliche Garderobe einfügt.

Sollte ich nächste Woche den Duft immer noch goutieren? Ich bin gespannt!


Passend zur Preiserhöhung also eine Rezension zum Geschwisterkind von Pulp und Mixed Emotions.
Interessanterweise ist Black Saffron das mittlere Kind zwischen den dreien, und die sind bekanntlich die schlimmsten. Besten. Weiß ich nicht.

Zum Vergleich hatte ich sogar noch Pulp aufgetragen, das spritzig und fröhlich im Verhältnis dazu erscheint. Die immer wieder auftauchende Note von verbrannten Reifen aus Mixed Emotions gibt es hier nicht, aber dafür eine etwas harzig-staubig-rauhe Mischung, die das marmeladig leckere Grapefruit- und Himbeer-Cokctail ausbalanciert. Der Duft ist schon schön!

Das wirklich erstaunliche dabei ist, dass es eine sehr ernsthafte, düstere und gar traurige Note hat. Dabei soll, laut Storytelling des Hauses, der Duft an Indien und Safran erinnern:

Die Gerüche, Geschmäcker und Farben Indiens kennt der BYREDO Gründer seit seinen Kindertagen. Inspiriert ist der Duft vom Konzept der Einheit und Dazugehörigkeit.

Passend zur Preiserhöhung LOL ist dann auch der Take mit den:

hinduistischen Mönche(n) und Weisen, dass sie allen materialistischen Dingen, Gedanken und Freuden entsagen

Die Kopfnote ist wunderschön, klar und kurz, stechender heller und frischer Grapefruit mit Schale, der dann aber schnell weg ist. Allerdings bleibt die Herznote mit Himbeere, quasi ein dunkel-pinker Lippenstift zu einem schwarzen Samtkleid, und dem düsteren Vetiver bis zum nächsten Tag auf der Haut bestehen. Und das in einer angenehmen und sich sehr ausgewogene anfühlenden Art und Weise. Ein wenig “Fels in der Brandung”, ein Duft der Seriosität suggeriert, und trotzdem ästhetische Bedürfnisse erfüllt. Und irgendwie stylish dabei ist.

Outfit dazu: Lippenstift Chanel Epitomé, Ballerinas, schwarze Culotte und ein Clever Crêpe Oberteil von The Fold.

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