#RadikaleUnhöflichkeit – wie ich zur “schreienden Karen” wurde oder auch: Don’t fuck with me

Den Hashtag #RadikaleUnhöflichkeit möchte ich am liebsten auf einem T-Shirt drucken (er stammt von Frau Frohmann, der Berliner Verlegerin, hier könnt ihr mehr lesen: https://steadyhq.com/de/newfrohmanntic/posts/aa9dec6f-9225-41ab-bdae-0cd11968f4e3.

So geschah es neulich auf einem Bahnsteig, dass ich von hinten angerempelt wurde. Natürlich war ich etwas pissig, und schließlich ging ein schmerbäuchiger widerlicher Typ ohne ein weiteres Wort an mir vorbei. Ich habe doch keine Augen im Hinterkopf, hallo… aber ich sagte nichts.

Einige Schritte weiter blieb ich stehen, um daraufhin regelrecht nach vorne geschoben zu werden – von dem Bauch dieser Person! Nicht nur das, ich wurde wieder vollständig ignoriert, viel zu verdattert um mich zu beschweren. Nun empfing das kleine Arschloch andere Leute am Bahnsteig und so ergriff ich die Chance, als die Meute an mir vorbei kam und schimpfte laut und deutlich los: Was das solle, mich zu schubsen, und das mehrfach?
Statt sich zu entschuldigen, sagte das Arschloch “ich sei ja einfach so zur Seite gegangen” – wow, mir auch noch die Schuld fürs anrempeln geben, das muss man schon können. Ja, mag sein, brüllte ich über den ganzen Bahnsteig, ob er schon mal was vom Abstand halten gehört habe?

Und ehrlich? Ich denke so mach einer würde denken “Was für eine Karen”, also was für eine nervige, sich permanent beschwerende, anstrengende Tussi. Egal. Ich habe die Nase voll von weißen älteren Männern (seltenst junge Männer) die einen permanent im Alltag beschneiden, sich vordrängeln, schubsen, dumme Sprüche bringen und auch sonst sich so aufführen, als ob die Welt ihnen gehörter.
Das tut sie leider immer noch, aber sie gehört auch meinem Fuckfinger: 🖕🖕🖕!

Natürlich stellt sich die Frage, ob man mit den selben Mitteln wie diese Horde Arschlöcher agieren sollte. Das ist ein ethisches Dilemma, das kluge Frauen radikal anders beantwortet haben. Ich bin noch nicht so weit. Don’t fuck with me. Ich bin laut und ich schäme mich nicht.

Passend dazu zitiere eine andere mutige und vorbildliche Frau:

Ich traumatisiere Männer gerne mit rotem Lippenstift und meinem Parfum. Damit sie mich nie vergessen.

Also wenn das hilft – so viel roter Lippenstift und soviel Parfüm kann frau gar nicht tragen!


Gefallen Dir die Texte?
Hier ist die Lippenstiftkasse:
P A Y P A L ❤️ M E

Die Scham als Marketinginstrument

“Weil ich es mir wert bin.”

Damit verkauft man alles. Immer mit Angst: Wirst Du XY sein/erreichen, wenn Du nicht XY hast/kaufst/bist?? und natürlich mit der großartigen, leisen kleinen Peitsche der letzten Jahrtausende, der Kirche, des Patriarchats, des Wirtschaftssystems, der Scham. Bist Du Dir XY nicht wert?! Schäm Dich!

Beschämt werden fürs nicht gut genug sein, für nicht “mehr wollen”, für deine Wünsche, für dein Dasein, für dein Tun, für dein Äußeres, für dein Inneres:
Sag mir, dass Du eine Frau bist, ohne mir zu sagen, dass Du eine Frau bist.

Viele Dinge, die ich von Frauen gelesen habe, die älter sind als ich, und viele Dinge die ich lese von Frauen, die ganz anders leben als ich, drehen sich um Schamlosigkeit*.
Schamlosigkeit ist das einzige Instrument, das ich bezeugen kann, immer und in allen Situationen zu funktionieren. Gerade für uns Frauen! Und doch sind wir genau damit aufgewachsen, beschämt zu werden. Für Beinbehaarung, für zu lautes Sprechen, für den Partner, für existentielle Bedürfnisse “Willst Du das wirklich noch alles essen?” Die Schamlosen unter uns hingegen machen es richtig und haben es gut. Natürlich darf Schamlosigkeit nicht zum Mobbing werden (tut es leider aber oft), und das Ausbeuten anderer Personen durch die inhärente Schamlosigkeit des Kapitalismus ist auch nicht schön. Das ist dann der sehr schmale Grat zur Dreistigkeit und wird von der Sorte Mensch verwendet, die man genuin als Arschloch oder Psychopath*in bezeichnet. Stets lächelnd und freundlich laufen diese Personen häufig unerkannt in unserem Umfeld unterwegs. Und häufig sagt man über diese Leute “Ich kann es kaum glauben, dass…”, weil aufgrund unserer Moralvorstellungen und auch anerzogenen Scham manche Geschehnisse außerhalb unseren Horizontes bleiben.
Deshalb – eine Abgrenzung für den Begriff der Schamlosigkeit ist notwendig. Weiterlesen…

Warum Madonna mit ihren Schönheitsoperationen Recht hat

Haters gonna hate, bakers gonna bake, sagte schon Taylor Swift in einem ihrer Lieder.

Wir können uns schon mal darauf einigen, dass egal was Frauen machen, es kommentiert wird, und zwar negativ.
Ich zähle mal einiges aus dem Internet auf: Hätte sie bloß in Würde altern sollen, bitte nur dezente Eingriffe wie Schlupflider, sie sieht aus wie die Messerschwester von XY. Es gibt sogar eine Bildstrecke, in der analysiert wird, wie sie gealtert ist – und es fängt in den 80ern an!! WTF sage ich da, und jede Klatschzeitschrift hat vorher7nachher Bilder von Frauen im Vergleich. Allerdings nicht vor und nach dem Eingriff, sondern mit 20 Jahren Unterschied. Was für ein Abfuck für jede Person – so viel Therapie kann man gar nicht machen. Ich glaube es war Selena Gomez, ein veritabler Jungspund, die auch medial permanent wegen ihrem Äußeren gemobbt wird, die gesagt hat, sie konsumiert keine Medien mehr. Sie ist zwar dabei und liefert Content, guckt aber nicht. Ganz ehrlich, ich mache das auch so, denn es wird sonst echt düster.

Nun wird von Madonnas Fans oft geschrieben, es sei traurig, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der so etwas nötig ist. Ja, dem stimme ich zu. Allerdings wird dabei das Narrativ verbreitet, dass Madonna quasi unter dem Druck, jung auszusehen, leiden würde und sich deswege das Gesicht neu zimmern lässt.

Leider ist keiner auf die Idee gekommen, zu sagen: Weil sie es kann! Sie ist Mitte 60 und eine sehr gute Musikerin, Produzentin UND Tänzerin. Sie hat darüber hinaus Geld wie Heu und kann auf die öffentliche Meinung schon lange pfeifen. Sich immer wieder neu erfinden war ihr Erfolgsgeheimnis, und der reißt nicht ab. Ihre treuen Fans, solche wie ich, die langsam auch jenseits der Lebensmitte kommen, werden weiter ihre Musik hören und ihre Tickets kaufen.

Ich bin der Meinung, und unterstelle das mal sehr selbstsicher, das sie sich sicherlich nicht nur aus Eitelkeit hat operieren lassen, sondern weil es schlichtweg eine Möglichkeit ist, sich auszudrücken. Silvester Stallones Gesicht wird komischerweise nicht durch Bildstrecken analysiert?! Und ja, sie ist ein Vorbild, ein Star, ein Idol – whatever. Aber in erster Linie ist sie Madonna, und sie hat ihren Erfolg dem Konzept zu verdanken, dass sie sich immer wieder neu und anders erfindet, immer unverkennbar sie selbst bleibend dabei.

Und bekommt sie mediale Aufmerksamkeit? Japp. Hat sie eine neue Single rausgebracht? Auch ja.
Haters gonna hate, stars gonna earn – das wäre wohl die passendere Liedzeile gewesen, nur dass sie sich nicht reimt.
Natürlich ist #hatespeech auch in diesem Segment absolut ein Unding und misogyn ohne Ende, aber hier beginnt eben der schmale Grat, bei der man hinterfragen kann ob (unser) Objekt Madonna nicht in Wirklichkeit das Subjekt Madonna ist, das einfach ihr Ding macht.

Das neue Lied heißt übrigens BACK UP TO THAT BEAT und ein super Tanzstück.


Wertschätzung zeigen:
P A Y P A L ❤️ M E

Alte Frauen dürfen nicht auf Covern

Eigentlich hatte ich einen anderen Beitrag für heute geplant, wachte jedoch nach einer schrecklichen Nacht auf und öffnete die Twitter-App um mich zu vergewissern, dass der größte Teil der Welt steht. Leider ja, und die Welt macht weiter wie sie es immer tat, Krieg, Misogynie, Kolonialismus und Diebstahl. Läuft ja Hand in Hand. Um es kurz zu fassen: I woke up and I chose violence. Na ja, ein bisschen Tee holte mich wieder runter…

Ich stolperte auf Twitter über das Cover eines Magazins, das unter viel Arbeit entstand und mit sicherlich guten, kritischen Inhalten aufwartet. Auf dem Cover prangt eine Zeichnung von der britischen Chef-Kolonialistin, der Queen. Jetzt stolze ü90, bezieht sich die Zeichnung auf ein Bild, als sie etwa 30 Jahre alt war. Nun ist es nicht die VOGUE, die so dermaßen frauenfeindlich ist, dass wir es nicht mehr sehen, sondern ein Intelektuellen-Blatt.
Ich habe also mal nachgefragt.

Wird beispielsweise Gerhard Schröder medial so abgebildet, wie er ist? Ja. Kein Bild, wo er 40 war. Arschloch damals und auch heute, ist er als alter, weißer Mann aber scheinbar als Bild tragbar. Queen Elisabeth, die den Spruch “You are not ugly, just poor” sinnbildlich darstellt, ist hingegen auf diesem einen Cover ca. 60 Jahre jünger. Und so geht es vielen Frauen, insbesondere den von Berufs wegen schönen Frauen.
Einzig intelektuelle Frauen dürfen im Ansatz über 40 sein – da fallen mir allerdings auch nur Hannah Arendt ein, und Jutta Allmedinger, die allerdings auch relativ jung aussieht.

Also, ich habe den Chef des Blattes wie gesagt, freundlich gefragt. Die Antwort kam von anderer Seite zwar, aber konnte das Bild als Juxtaposition zum Überbleibsel der Monarchie, also eine junge Frau und die Symbolik des Relikts Monarchie als Gegenspiel, erklären. Das Bild zeigt die junge Königin bei der Krönung, mitsamt ihren Reliquien. Okay, dingdong. Ich habe die Bildunterschrift gar nicht erst gelesen/gesehen, gebe ich zu, shame on me.

Diese Art des Sehens und der Bebilderung hat allerdings eine sehr lange Tradition, das ist etwas, was sich so hartnäckig hält, dass wir es weder bemerken noch hinterfragen. Aus meiner Warte als Kulturwissenschaftlerin denkend, sprechend und fragend, ist das bildhafte Denken, gerade in Bereich Medien, das spannendste Untersuchungsobjekt, das mir nicht nur über uns, unsere Zeit, sondern gelegentlich auch über mich selbst viel sagt. Wir können Erkenntnisse ja nicht losgelöst von der eigenen Subjektivität haben, lediglich diese hinterfragen und aus anderen Perspektiven betrachten und betrachten lassen. Ja, Wissenschaft ist nicht nur fallibel, sondern diskursiv, man kann nicht alleine Erkenntnisse haben, diese werden stets in einer Gemeinschaft evaluiert und überprüft. Deswegen war es wichtig zu fragen und eine andere Sichtweise zu bekommen – und diese nebeneinander gestellt sind beide valide. Vom Blatt-Chef kam zusätzlich die Antwort, dass sie die alte Queen schon mal auf dem Cover hatten, und jetzt halt ein anderes Bild genommen haben. Easy. Nach meiner Frage wette ich, dass er das nächste Mal diese Frage im Hinterkopf hat. Solche Leute kritisieren ist immer einfach und das habe ich lange getan, aber es ist viel cooler, wenn sie stattdessen eine neue Facette in ihrem Denken aufnehmen. Weil sie es können und weil sie an den richtigen Hebeln sitzen, und wir eh alle davon profitieren würden.

Anyway, ich habe medial nicht mehr all zu lange zu leben, denn ich bin demnächst Mitte 40, dann 50, und dann muss ich mir eine Tüte über’m Kopf ziehen und den Platz freimachen. Einzige Ausnahme: Ich bin schlank, operiert und medial als Gegenbeispiel erfolgreich (da fallen mir grad’ nur kinderlose Frauen ein, komisch). Da beißt mir meine eigene, internalisierte Frauen- und Altersfeindlichkeit, die dazu einen besonders starken rumänischen Hintergrund hat, in den Hintern. Ist übrigens ein rumänischer Spruch, das mit dem in den Hintern beißen, ja.

#FixMen – wie gehen wir eigentlich toxische Männlichkeit an?

Ich habe männliche Leser. Wirklich. Vielleicht nur drei, aber es gibt sie da draußen. Oder es gibt zumindest sehr viele Menschen, die sich für folgenden Beitrag interessierten: Warum wissen Männer so wenig über Frauen? und ich kann schon mal sagen, da steht sonst nix drin. Weil – es ist eine ehrliche Frage.

Nun richtet sich der Aufruf #FixMen nicht an Frauen, wir müssen es nicht wieder richten, oder? Aber auf der anderen Seite – die Medien richten es auch nicht. Men’s Health oder GQ sind toxische Medien, die das Bild der Macho-Mannes zementieren. Die Papa-Blogger sind eine extreme Ausnahme, mit der sich wiederum viele in ihrer Lebensrealität nicht identifizieren können.

Und warum schreie ich eigentlich so laut “Schönheit ist Unisex” und biete das zwar als Sytlistin an, aber trage sonst nicht noch weiter gegen toxische Männlichkeit bei? Schließlich ist es von meiner Position aus sehr easy, und ein Blogbeitrag macht schnell die Runde. Die Fragen, die ich im Styling bekomme, haben viel mit Frauen zu tun, denn so mancher traut sich in unserer gemeinsamen Arbeit und der dadurch entstehenden vertrauensvollen Atmosphäre Dinge zu fragen, die sonst einem peinlich sind. Zum Teil sehr grundlegende Dinge, ob Kosmetik oder Partnerschaften.

Und so merkt man schon, die meisten Männer leiden selbst unter toxischer Männlichkeit, sind aber auch aufgrund ihrer Privilegien einfach blind und wundern sich, warum es immer wieder knirscht, im Büro, im Bett und im Bewerbungsgesprächen. Und wer soll es ihnen sagen, ein anderer Mann? Wäre sicherlich jemand, der mehr Wirkung hat als aich, aber wollen wir doch mal sehen… wenn es die ignoranten Insta-Coaches gibt, die Frauen sagen was Männer wollen und das ist zum teil schlimmer, frauenfeindlicher Dreck und die toxische Männlichkeit dazu, puuuh! warum kann ich nicht Männern sagen, was Frauen wollen?

Weil es sie nicht interessiert, wird es heißen. Glaubt mal, das interessiert sie brennend. Sie würden es nur eben niemals zugeben. Außer ihrer besten Freundin, die eh auch “so’n bisschen wie ein Mann ist”. Also. Here I am.