LES EDITIONS DE PARFUMS FRÉDÉRIC MALLE – En Passant (Olivia Giacobetti)

Hier muss ich etwas weiter ausholen…

Nachdem ich eine sehr großzügige Probe von “Portrait of a Lady” kaufte, war ich besessen von diesem Duft. Er sparng mich jedesmal aus meiner Duftschublade an, biß mich, kniff, und liebkoste und peitschte meine olfaktorischen Fähigkeiten. Oder eher: Un-Fähigkeiten.

Das ist ein Duft, der äußerst offensiv ist und den ich persönlich wohl niemals tragen würde. Er kann bestialisch stinken, wenn man die Ingredienzen nicht mag; oder er ist der Himmel auf Erden.

Es sollte also etwas anderes aus der Reihe von Malle sein – ich verließ mich da auf den Ehemann… Weiterlesen…

ETRO Jacquard – Aldehyde für Anfänger

Abgesehen vom herrlich bunten Flakon, eine ausnehmend gelungene Komposition aus dem Hause ETRO.
ETRO – das ist Lemon Sorbet, der Duft von Sommer, Zitronen und Fruchteis in der herben Luft einer Zitronenplantage. Vicolo Fiori, der lachend-tanzende Blumenduft, der gleichzeitig erwachsen und eloquent ist.

Jaquard?

Jaquard, die offizielle Duftbeschreibung mal beiseite gelassen, ist holzig und aldehydig zugleich. Zwischen der guten alten Guerlinade und den Aldehyden aus einem L’Heure Bleue Extrait und Chanel No 5 Eau Premiére, der verjüngten Version von Chanel No 5 – es schwankt und seift so vor sich hin, doch immer im Bereich des Wundervollen.
Kräftig aufgesprüht, wirkt der Duft regelrecht herb und zeigt sich als deutlicher Unisex-Kandidat.
Iris und Jasmin als übliche Verdächtige im herrlichen Triumvirat des Duftes – eine zarte, aber feste Blütennote.
Ein Hauch Pfeffer macht den Duft zuweilen staubig beziehungsweise erweckt die Assoziation von frisch angespitzten Bleistiften, ein Akkord, der gar nicht so selten verwendet wird.

Aldehyde sind eine schwierige Baustelle – ich mochte sie noch nie wirklich, dennoch habe ich ein, zwei Düfte und etliche Proben, die davor nur strotzen. Aufgesprüht sind sie herrlich, bitter, seifig und sauber-herb, auf meiner Haut allerdings schwitzig, kalt und bestenfalls nach Katzenklo stinkend.

Jaquard schafft es die Verbindung von Haut und Duft im Guten enden zu lassen: Bitterkeit und Blüte, Festigkeit und Holz, das Herbe im Sauberkeits-Akkord.
Hier habe ich endlich das gefunden, was BYREDO Blanche für sehr viel mehr Geld und mit viel weniger Rafinnesse versprach: Ein Sauber-Seife-Duft. LIEBE!

Empfehlenswert zum schnuppern, aber wie üblich, Liebe erst auf den dritten Riecher.

Die Haltbarkeit und die Sillage sind mittelprächtig, es macht Sinn diese Düfte in 50 oder 100ml zu verkaufen. Wenig oder opulent, beides geht, mit Jaquard kann man sich definitiv sogar ein wenig einsprühen. Wird dem Begriff Nischenduft auch endlich mal gerecht…

MAISON FRANCIS KURKDJIAN Amyris for her

EDIT 11. August 2014:

Nachdem ich nun seit Wochen Parfums teste, muss ich sagen, dass der hier der beste Duft ist, der mir bislang begegnet ist, und zwar im Nischensegment.
Ich muss nochmal wegen der Duftbeschreibung in mich gehen. Ich werde dem nicht gerecht.

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Ich weiß gar nicht, wie ich über einen Tester gestolpert bin, vermutlich aufgrund der angegebenen Duftnoten.
Weder finde ich den Parfumeur sympathisch, noch gefällt mir sein OEuvre. Ihr müsst wissen, dass dieser Mann an dem scheußlichsten aller Düfte schuld ist: Jean-Paul Gaultier Le Male. Ein Duftklassiker, der gewiss seine Fangemeinde hat.

Mein Ehemann, der mit Duft nichts am Hut hat, trug diesen Duft zu einem unserer ersten Dates um mich zu beeindrucken. Es war sein einziger Duft und ein Geschenk – der einzige Grund, das durchgehen zu lassen. Er kam rein – ich lief weg. Übelkeit und Kopfschmerzen sind bei mir die äußerst heftigen Reaktionen auf diesem Duft, und so geschah es an jenem Tag, dass bei dem romantischen Date der Alltag seine hässliche Fratze zeigte: Ich meckerte, bis er unter der Dusche stand. Ich meckere nämlich immer, aber er, er kann damit leben. Ende der Geschichte: Ich schmiß sein Parfum weg und wir heirateten.
Ich meckere immer noch, aber ich versuche mich zu bessern – und er benutzt alles, was ich ihm hinstelle. Das nennt man eine funktionierende Beziehung, schätze ich.

Nun ist Amyris etwas ganz anderes. Ganz andere Baustelle. Die Verpackung ist sehr hübsch, langweilig, hochwertig, ja, hm, okay. Zu schwer zum mitnehmen, das ist eher mein Problem.

Eigentlich mag ich diesen Duft nicht von Anfang an – die Kopfnote wirkt auf meine Schleimhäute reizend und es kribbelt in der Nase. Unangenehm und ein K.O. Kriterium. Eigentlich.
Verfliegt die Kopfnote, offenbart sich das lichte und fröhliche Duftbouquet von Maiglöckchen und spitzigen weißen Blüten, die nichts, aber rein gar nichts mit der Duftbeschreibung zu tun haben. Der Duft umweht einen mit einem kostbaren und sehr französischen Blütenschleier, elegant, ohne den Hauch von Schwere oder Süße. Nichts holziges, nichts cremiges, aber eben auch kein Kloreiniger, keine Colognenote noch sonst etwas, was auch nur ein Hauch männlich oder gar Unisex wäre. Iris? Niemals, wenn ich es auch immer wieder versuche zu entdecken. Vetiver? Ich fresse einen Besen! NEVER! Ambra? Hasse ich, kann also gar nicht sein.
Zitronenblüten, Orange – der Auftakt ist gekünstelt, das “echte” dahinter bleibt aber den ganzen Tag präsent. Ein Mix aus zarten Rosen und Maiglöckchen, nach wie vor. Keine Basisnote, die das trägt. Der Duft bleibt konstant und entwickelt sich nicht weiter.

Der Duft ist wahrlich nicht besonders, er ist aber so angenehm, so weiblich und so erfreulich wie ein tschirpender Vogel an einem warmen Frühlingsmorgen, wenn alles blüht. Ich habe viele Kritiken gelesen, dass er überteuert sei, und ja, mein Gott, das ist er. Aber er gefällt mir. Der edle Businessduft, nicht allzuweit weg von den gefälligen KollegInnen aus dem “department store”: Ja, dem stimme ich zu. Der Duft ist nicht weiblich, sondern “feminin”, er ist gefällig, aber nicht “liebreizend”, er ist frisch und blumig aber niemals, niemals warm, anheimelnd oder hautnah. Es ist ein Stück Bekleidung, das sehr gut für sich alleine stehen kann.