Was ist Quiet Luxury?
EDIT: Wer sich fragt, was “generational wealth” für Codes hat… weiter lesen!
EDIT: Ich lese gerade bei BOF Business of Fashion, dass in Nord-Amerika 43% weniger Produkte mit Logo verkauft wurden…
Einer meiner Lieblingsthemen beim Personal Styling, und heuer der Trend schlechthin. Gesellschaftskritisch betrachtet, ist “Quiet Luxury” einfach Ausdruck von “generational wealth”, also von viel Geld, das lange in der Familie ist und sich einfach vermehrt – man muss es nicht sagen oder zeigen, man hat es.
Genau so ist es mit der Mode: Die Marken, die sich dieser Klientel verschreiben, haben natürlich keine schreienden Logos wie Luigi Futtong aka Louis Vuitton. Es besteht die Erwartungshaltung, dass man die zum Teil unsagbar teuren Produkte an kleinen Dinge erkennt – wenn Du es kennst, gehörst Du halt dazu. Also ob sich Superreiche Gedanken über so etwas machten?! Nö! Man verkehrt schließlich in geschlossenen Kreisen, wo alle Geld haben. Hängt man da herum und hat kein Geld, – es wird trotzdem angenommen, wir erinnern uns an den Fall von der Deutschrussin Anna Sorokin. Die hat exakt das ausgenutzt, großartig einfach!
So werden Loro Piana, Brunello Cuccinelli mit Ermengildo Zegna und Agnona in einem Atemzug genannt. Tolle Stoffe, hervorragende Schnite, keine sichtbaren Label.
Am Ende des Tages kann man diesen Trend super kopieren – auf Instagram und TikTok. Denn im Tageslicht sieht man dann doch, welche Stoffe kostbar sind und welche nicht. Für die Social Media Welt war es nie einfacher, mit einem guten Auge den Trend von Quiet Luxury zu faken:
- Keine Muster
- Eher cleane und avantgardistische Schnitte
- Edle, klassische Farben
- Accessoires ohne Logo
- Bequeme Wildlederschuhe, Loafers und Pantoletten
(keine High-Heels)
Der Witz an diesem real existierenden Produkttrend ist: Es gibt ihn tatsächlich im echten Leben.
Dabei ist Quiet Luxury viel mehr als ein Viçuna Pullover (der teuerste Garn der Welt) – es ist Maßanfertigung von Anzügen, vererbter Schmuck, und abgetragene, abgeranzte maßgefertigte Schuhe.
Taschen und Gepäck sind nicht so wichtig, dafür gibt es Personal, das sich kümmert.
Worum geht es bei diesem Trend eigentlich? Erstmal: Es ist als Trend etwas, was kommt und geht.
Zweitens: In einer Welt, in der Reichtum sich akkumuliert, wird es wichtiger, sich auch in eigenen Kreisen eine “bessere” Identität zu schaffen. Was man nicht möchte oder wovon man sich abgrenzen will: Neureiche. Neureiche haben kein Geschmack, sondern Preisschild aka Labelfetisch.
Es geht also um soziale Distinktion innerhalb einer schon sehr dünnen Gesellschaftsschicht, dessen Blut mitunter auch sehr dünn ist, wie so manch einer scherzt.
Wer sich dem trotzdem verschreiben will:
Bei COS shoppen und abändern lassen; auf gute Stoffe wie Kaschmir und Leinen setzen; Beige, Blau und Brauntöne sind die 1. Wahl; in wirklich guten Vollederschuhen investieren, schön aus empfindlichen Wildleder. Schmuck eher klassisch wie Perlen oder aus dem Antiquitätenladen. Als Label ist maximal eine Cartier-Uhr erlaubt, gibt es bestimmt auch als Fake LOL…
Im Ernst: Natürlich ist das stilistisch keine schlechte Sache. Es ist nachhaltig, allerdings mit dem Aspekt, dass man vorab das Geld für einen 400 Euro Kaschmir-Pullover hatte. Der hält dann ewig und wird sogar sexier mit ein paar Ellenbogenpatches, aber das Geld muss man erstmal ausgeben können. Wer zu mir kommt, hat in der Regel genau das nicht gelernt: Weniger, besser, schöner – denn wir definieren uns nicht nur über Konsum leider Gottes, sondern auch über die Menge des Konsums. Das muss ich immer aus den Leuten heraus bekommen – es ist okay, sich was teures zu kaufen, man kauft eben weniger. Wer also Quiet Luxury mag, aber ein stinknormales Budget hat: Es ist machbar, denn Geld kauft einem tatsächlich auch Stil-wenn man es bei mir 😬 in Auftrag gibt.
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