Instagram ist mittlerweile eine Art LinkedIn für Coaching. Es sind viele tolle Sachen dabei und viele Aktivist*innen, die großartige Inhalte teilen und beispielsweise über Fatphobia, Diskriminierung von dicken Menschen, aufklären.
Ein Angebot stieß mir sauer auf: Work-Life-Balance, an Angebot, das sich, nun ratet!
…an Mütter natürlich richtet. Hat jemand mal versucht, den Männern was zum ausbalancieren zu geben? Zum Beispiel den Haushalt, wenn Frauen schon die Care Arbeit übernehmen? Ich glaube nicht.
Es ist gut gemeint, das ja, und sicher hier oder da eine Hilfe, wenn man nicht die Möglichkeit hat eine Therapie zu machen.
Es verdeckt jedoch einen wichtigen Punkt: Die Notwendigkeit solcher Dinge ist strukturell und bei der Aufteilung zwischen Arbeit und Mutterschaft gibt es in Deutschland speziell eine loose-loose Situation, der nicht Mal ein Drittel der Frauen entkommen. Laut Statistik sind mehr als zwei Drittel der Mütter von Altersarmut betroffen-es sei denn, sie bringen rechtzeitig ihre Ehemänner um und kassieren Witwenrente, aber da muss man schon den Zeitpunkt abpassen 🤡
Verpackt unter dem schönen Begriff der Selbstfürsorge oder im schicken Denglisch “Self Care” werden nicht nur Badesalze an die Frau gebracht, sondern auch die Veränderung des Mindsets. Richtig, die Situation ist scheiße, es wird daher helfen, sich das schön zu reden und es weg zu atmen. Man kann ja doch nichts tun.
Und immer wieder, immer wieder wie eine kaputte Schalplatte: DOCH, WIR KÖNNEN WAS TUN!
Streik der Frauen in Island sage ich nur.
Und ja, die unermüdliche Arbeit am Selbst ist letzten Endes eine Ablenkung vom strukturellen Problem, das “historisch gewachsen” ist, aka “es war schon immer so”. Es ist gelinde gesagt in diesem Ausmaße einfach nur Verarschung, weil es Dich Geld kostet, gegen die Ungerechtigkeit dieser Welt NICHT anzukämpfen, sondern es zu akzeptieren. Also delegieren ist Selbstfürsorge, klar, ein Badezusatz meinetwegen auch, aber wer lässt sich darin schulen, mehr besser zu ertragen?
Mütter. Deutsche Mütter, die dem Mythos der eben, deutschen Mutter, nicht widerstehen können. Und sollen. Sei für Dein Kind da, geh arbeiten, sei was auch immer was bequem ist für… für wen eigentlich? Oft wird die “herrschende Klasse” gesagt aber sind wir ehrlich, es handelt sich dabei sehr oft auch schon um die andere Person im Haushalt, die ihre Privilegien genauso ungerne aufgibt. “Hier Schatz, ein Gutschein für ein Selfcare Kurs, wie Du besser Arbeit und Familie managen kannst.” Da würde ich doch glatt die Scheidungsanwältin anrufen.
Self Care kann leider auch zur Beschäftigungstherapie verkommen und dann ist es, pardon my french, Verarsche. Mir fiel tatsächlich kein schöneres und elegnateres Wort ein, weil man eben nicht alle beschönigen kann.
Streiken wir doch alle mal. Das ist doch mal echte Self Care!