Hier muss ich etwas weiter ausholen…
Nachdem ich eine sehr großzügige Probe von “Portrait of a Lady” kaufte, war ich besessen von diesem Duft. Er sparng mich jedesmal aus meiner Duftschublade an, biß mich, kniff, und liebkoste und peitschte meine olfaktorischen Fähigkeiten. Oder eher: Un-Fähigkeiten.
Das ist ein Duft, der äußerst offensiv ist und den ich persönlich wohl niemals tragen würde. Er kann bestialisch stinken, wenn man die Ingredienzen nicht mag; oder er ist der Himmel auf Erden.
Es sollte also etwas anderes aus der Reihe von Malle sein – ich verließ mich da auf den Ehemann…
…der allerdings nur Proben schnorren sollte. Er überraschte mich mit diesem Duft von Olivia Giacobetti. Gar nicht meine Baustelle zum einen, zum anderen lautete der Auftrag, er solle nach etwas Pudrigem und Süßem schauen/riechen.
Fast ein Soliflore, aber nur fast – En passant heißt im Vorbeigehen und BAMM!! Erinnerungen werden wach, Wärme auf den Haut, meine Großeltern, das Gesicht in einem weißen Fliederbaum getaucht, der Sommer, die grüne Fläche und das endlose Licht…
Mit Leichtigkeit malt der Duft ein intensives Bild von Gefühlen und von Fröhlichkeit, anmutig und selbstsicher, wach und konzentriert. Obwohl ich den Duft nicht wirklich gleich mochte, konnte ich nach drei Tagen sagen: Oh, hier riecht es nach mir! Mein Kissen, meine Kleidung, überall dieser winzige Hauch von Flieder, der über einem sommerlichen Bachsturz wacht. Nach weiteren vier Tagen, wo ich ganz andere Düfte trug, wurde ich nervös und vermißte diesen Duft.
Flieder – ist das nicht das Zeug, was als Kloduft überall rumsteht? Nicht dieses…
Was ist mit dem “Wasser” und mit der “Gurke”? Klare, frische und natürliche Akkorde, niemals dieses Gedöns aus der Ecke Davidoff Cool Water. Der Regen, der die Luft klärt.
Blé – also Getreide, Brot, das soll auch drin sein?!… Die Kruste von einem echten Baguette, das trockene, im Steinofen gebackene Aroma. Brot. Quintessenz.
Doch hier ist Vorsicht geboten: Der leichte Hauch von Weizen und Staub kann unter Umständen sehr stark rauskommen. Bei meiner Mutter roch der Duft zwischendurch echt unangenehm. Dazu ist ein wirklich starker Akkord drin, der nach Naphtalin riecht – das ist auch das, was mich an meine Großeltern erinnert, was nicht unbedingt schlimm ist, aber nicht in einem Parfum gehört.
Der Duft ist leichttransparent, hat aber eine unheimliche gute Sillage.
Dazu gab es noch einige andere Proben des Dufthauses, und ich muss sagen: Dieser Duft hier fällt wirklich aus dem Rahmen. Man kann vielleicht nichts damit falsch machen, weil es sicher vielen gefiele, aber er kann auch definitiv “verärgern”.
Die kürzeste Beschreibung? Dieser Duft ist zum Weinen schön.
Dafür liebe ich meinen Ehemann, dass er mich so liebt.
P.S.: Nach ordentlichem Testen muss ich sagen, dass die Malle-Düfte vielleicht ein bisschen überbewertet werden, was dem hervorragendem Marketing zu verdanken ist. Sie sind gut gemacht, das Konzept wird deutlich, aber… *schulterzück*
Ich finde alle Malle-Düfte qualitativ sehr hochwertig und auch nicht überbewertet. Ich sehe die Collection gerne als Ganzes und habe viel durch sie gelernt. En Passant gehört allerdings zu den Düften, welche mich weniger ansprechen (ich bin kein Blumen-Fan). Wünsche dir aber viel Freude mit ihm!
Wenn du pudrig und leicht süß magst, wären vielleicht Iris Poudre / Lipstick Rose / L’Eau d’Hiver passend gewesen? Versuch mal von denen eine Probe zu bekommen 😉
(Mein persönlicher Favorit ist übrigens Le Parfum de Therse, den ich jahrelang links liegengelassen habe und inzwischen liebe.)
Marie: ja, sind hochwertig, keine Frage, dennoch halte ich sie für überbewertet, weil sie natürlich durch das geschickte Marketing den Eindruck erwecken es wäre die Offenbarung schlechthin! Iris Poudré habe ich auch, hm hm, und Parfum de Therese finde ich ziemlich genial, muss mich aber noch mehr damit auseinandersetzen – bislang mein Favorit.
En Passant ist wirklich nicht meine Baustelle und als Duft sogar schräg – aber irgendwie toll und tragbar.
Die Kollektion als OEuvre zu sehen macht definitiv Sinn, da gebe ich Dir recht, da ergänzen sie sich wunderbar. Man müsste eben alle haben 😉
Kenne von Frédéric Malle nur Iris Poudré. Den fand ich anfangs genial! Super Duft, genau mein Ding, dachte ich. Dann ist mir aufgefallen, warum. Der ist nämlich ganz ähnlich wie Chanels No. 5 Eau Première, den ich auch schon mal hatte. Allerdings habe ich bei Iris Poudré auch den EIndruck, dass die Inhaltsstoffe hochwertiger sind, weniger kopfschmerzträchtig. Mich würden die anderen auch mal interessieren…
Wo macht FM denn so massiv Werbung? Ich bin nur durch Zufall drauf gestoßen und habe nie was von dem Marketing mitbekommen, dachte das sei totale Nische…