Was haben beide diese Düfte gemeinsam? Ridiculously overpriced* they are.
Es ist Zeit für Frühling und Zitrusdüfte! Einen Hauch von Sommer und Licht, der Tagtraum eines Tages am Strand, oder in einem Zitronengarten am Pool, während die Stille nur vom Klirren der Eiswürfel einer mit Zitronenlimonade gefüllten Karaffe unterbrochen wird…
Fangen wir also mit dem ersten an.
Annick Goutal, Dich mag ich nicht-nie mochte ich dieses Dufthaus, was nicht zuletzt an einigen Interviews mit der Dame des Hauses lag. Die Düfte sind nett und überteuert, die Parfumeurin unsympathisch, und meine Freundin hatte bereits einen der gefälligeren Düfte als ihren Signaturduft ausgewählt. Nix mehr zu machen.
Ein gefühltes Jahrzehnt später entschied ich mich – ob der mageren Auswahl?! – meinen Un Jardin sur le Nil zumindest vorübergehend mit einem anderen Zitrusduft zu ersetzen.
Et voilà.
Eau d’Hadrien ist als Eau de Toilette eine Ohrfeige aus Zitrusfrüchten, gedämpft durch einen Hauch… Maggikraut. Eigentlich Liebstöckel. Laut Zutatenliste handelt es sich dabei um Zypresse, außerdem sollen da noch Ylang-Ylang drin sein sowie Aldehyde. Nichts von alledem! TRUST ME!
Der Duft verfliegt innerhalb von Minuten, das ist altbekannt, ist jedoch sehr fröhlich, beschwingend und spritzig. Keine Anmutung von Katzenpipi, Fensterreiniger oder beißende Künstlichkeit. Gerade zur Jahreszeit von Heuschnupfen ist das etwas, was zunehmend an Bedeutung gewinnt.
Übrigens ist das Eau de Parfum die gleiche Version in LAUTER und fast haltbar – dafür kommen hier die Duftnoten mit Wucht zum Vorschein, was spätestens beim (eindeutig durch mehrere Nasen identifizierten Liebstöckel…) etwas unangenehm wird. Man stelle sich vor, wie eine altmodische Zirkuskanone gleich eine halbe Tonne Zitrusfrüchte in die Luft schießt: Während diese aufplatzen schaust Du hoch, Du lachst und bist verwundert, und da kommt dieser dunkelhaarige, junge Mann schelmisch lächelnd auf Dich zu und ohrfeigt Dich mit einem großen, weichen Bündel frischgepflückter Liebstöckel und ruft Dir zu: […was ihr wollt…]!
Ich liebe den Duft dennoch sehr und empfehle ihn überall drauf zu sprühen, um einen Hauch von Haltbarkeit zu bekommen. Da der Duft recht schlicht ist, lässt er sich zur Not auch layern. Angeblich auch so ein single USP von Annick Goutale (kennen wir von wem?! Na? Na? ETRO!)
Der Flakon ist bei allen Goutale Düften gleich, ein altmodisches, französisch angehauchtes Oval, mit einem etwas schrabbeligen Plastikdeckel.
Kommen wir zu Neroli Portofino. Das ist ein Bestseller in der Kolletkion – es gibt nämlich alles davon, Bodyöl, Shampoo, beduftetes Klopapier und vergoldete Tam… ich meine, eine komplette und wundervolle Körperpflegeserie.
Zunächst der Dämpfer: Bei Neroli Portofino handelt es sich um eine klassische Cologne par excellence. Wer Hermès Eau de Orange Vert mag, es aber zu herb findet (moi, par example!), sollte hier schnuppern. Weder herb noch altmodisch, wie der Hermès Duft zuweilen anmutet.
Dieser Duft ist wahrlich UNISEX. Er ist mir nicht zu maskulin – edgy, herb, aber nicht männlich. Davon abgesehen würde den jeder Mann tragen können, vielleicht außer meinen Ehemann, der wesentlich moderatere Duftwässerchen tragen muss (er muss nur an Parfum vorbeigehen, schon duftet er tageweise danach… beneidenswert!)
Nach der scharfen Zitrusnote (nix Neroli, stingy cypress and limes kind of SHARP, selbstbewußt und auf den Tisch hauend), kommt schon der tadaa-Cologne-Seife-herbe-Kräuter-und-Wurzeln Eindruck, begleitet vom eindrucksvollen Seifen-Zauber. Der Duft ist sehr gut gemacht, nichstdestotrotz ein Eau de Cologne, der es aber schafft, nicht zu kippen. Nicht ins Seifige, nicht ins Herbe, niemals in die männlich-schweißige Angelegenheit, die Bergamotte auch mal mit sich bringen kann.
Ein Sprüher hält übrigens locker 24h auf der Haut- zurück bleibt eine sauber-seifige Note.
Doch wann ist Neroli Portofino richtig? Niemals ist er mit 4711 zu vergleichen, ein absoluter Nonsense, das Prinzip ja, aber weder der Duft noch die Qualität sind dem 4711 nah.
Wer vermißt diesen wundervollen Morgen in Italien, wo man sich am frühen Morgen in einem etwas zu kühlen Bad kräftig abschrubbt, ein weißes Leinenhemd von ihm anzieht und den Duft des Tages in sich aufnimmt, der verspricht unendlich heiß und trocken zu werden?
Der Urlaubstag, wo die Hitze flirrend ist; zum relaxten, sehr späten Dinner ein Hauch von dunklem Nichts angezogen wurde – die Hitze vorher kräftig abgeschrubbt.
Neroli Portofino ist der Unterschied zwischen einem ollen Ökoleinen und italienischer Leinenmanufaktur, zwischen “Wässerchen” und Duft. Der Flekon ist übrigens auch sehr schön, ich mochte die Farbe und Form, hätte mir aber beim Deckel was festeres gewünscht als Büllo-Plastik.
Gegenüber Hermès’ Eau de Orange Verte hat es eindeutig die Nase vorn – das fand ich immer gut, aber einfach zu herb und männlich für mich. Ich würde allerdings die Körperpflegelinie dazu nehmen, geschenkt! Auch Victoria von Bois de Jasmine findet die Körperpflegelinie geil.
*Äußerst ärgerlich – ich habe Eau d’Hadrien (ab 47 Euro) spontan im Laden zum UVP gekauft, dabei hätte ich ihn online für die Hälfte des Preises bekommen. Wunderbarerweise kann ich bei Tom Ford (150 Euro)auf ein luxuriöses Sample zurückgreifen, wobei man da eh kein Schnäppchen schlagen kann.
Himmel, ist dein kleiner Mann groß geworden! Sieht wie ein richtiger Junge aus 🙂
Ich finde das Portofino Teil ziemlich lecker an mir, aber der beste Ehemann von allen sagt: igitt. Was soll man da tun? Nix. Nun ja, spart mir ja richtig was!
ich möchte keinen von beiden. Es ist nicht meins. ABER ich liebe deine Duftbeschreibungen. Nun weiß ich wieder warum ich meine Düfte nicht rezensiere 🙂 Du machst mir sogar bei Düften Lust zu schnuppern, von denen ich weis das ich sie nicht mag 😉
Christina Dingens kürzlich veröffentlicht..Bye Bye Tristesse mit German Curves
Mag keinen der beiden Düfte,bin bei Serge Lutens hängengeblieben .
La fille de Berlin und Frühjahr -Sommer Fleurs d´oranger 🙂
Deine Duftbeschreibungen sind phänomenal !
Aber…..den jungen hübschen Mann in der Mitte ,den würde ich nehmen.
Dicker Kuss dem kleinen Teddy 😉
Bärbel, dann befrei mich von meinem Filles denn der wird von mir null getragen! gerne im Tausch oder für wenig Geld. ich bin bei SL eh dem Bois Vanillé verfallen. sehr unerwartet und der einzige süße Duft derzeit.
hach, dein teddy ist ein ganz süßer!
ich mag goutals düfte, nun ja, einige von ihnen (allerdings bin ich auch nicht durch sym-/antipathien beeinflusst, und das macht auch bei mir sehr viel aus). das eau d’hadrien gehört zu meinen präferenzen. erstaunlich: an/bei mir rieche ich gar keinen liebstöckel (gut so, den kann ich gar nicht leiden!), und auch die haltbarkeit ist für mich in ordnung (aber nicht überragend, wohl wahr). ich hab davon auch so ein körperöl mit goldschimmer, das liebe ich heiß und innig (und spare es wahrscheinlich so lange, bis es dann doch ranzig geworden ist *humpf* wäre nicht das erste mal).
es ist immer wieder bemerkenswert, was die unterschiedliche hautchemie so mit identischen düften an verschiedenen menschen macht. ich hatte neulich bei meiner schwester “royal vintage” von martine micallef drauf. mein derzeitiger favorit. den fand meine schwester an mir grandios – an ihr roch der wie putzmittel. und war von einer penetranz, das war erstaunlich und erschreckend. und dabei sind meine schwester und ich immerhin “aus demselben genetischen baukasten”. kann man mal sehen.
btw, hast du einen guten (insider-)tipp, wie man so ungeliebte düfte von der haut möglichst gut wieder runterbekommt? wir waren beide einigermaßen ratlos, weder waschen noch abreiben mit alkohol halfen.
viele grüße!
hi Hühnerschreck, den Royal Vintage kenne ich auch-eine seltsame Komposition irgendwie. gut aber. Jedenfalls kriegt man den Gestank runter indem man mit einer fetten Creme oder Öl die Stelle einreibt und dann erst mit Seife wäscht. Das kann auch gerne zweimal hintereinander benötigt werden. Für Dich getestet. Was gar nicht geht ist Silver Mist von Serge Lutens. An den erinnere ich mich mit Grauen. Könnte aber sein dass ich den mittlerweile mag. Duftempfinden ändert sich ja.