EDIT: Der Titel ist clickbait, ist klar…
Ich breche die erste Lanze nicht für, sondern gegen ein Magazin von Frauen für Frauen.
Anfangs, als Edition F auf dem Markt kam, dachte ich: Geil. Auch: Schon wieder hat es jemand geschafft, meine total geniale Idee [hier geniale Idee für eine Veröffentlichung einsetzen] vor mir auf den Markt zu bringen. Na gut, Kohle habe ich nicht, das verdammte Geld verdienen muss ich selber, Mama und Papa lassen ewig nix springen und so kann man eben nicht mal was auf die Beine stellen.
Ich war neidisch, und ich fand es geil. Anfangs, und der Anfang ist nicht lang her.
Dann kam, nachdem man dort als Frau für lau schreiben durfte, für andere Frauen versteht sich, die Anzeigen nach nicht bezahlten Praktikanten, die Werbeschaltungen* (YAY) für Nestlé (NEIN?!!) und als ich dann schon etwas die Augenbrauen runzelte: Die Akademie! Irgendwie sowas – ich weiß gar nicht mehr wie es sich nannte, ist auch unwichtig.
…irgendeine Veranstaltung, wo man hinkommt, netzwerkt und ein paar Euronen zahlt (250 waren es) und sich ein paar Vorträge anhört, namentlich von den natürlich nicht ehrenamtlich dort tätigen Frauen, die erstens noch nie einem richtigen Arbeitsverhältnis nachgegangen sind noch einem erfolgreichen Arbeitsverhältnis nachgegangen sind. Meistens. Coaching nennt sich das, und ich fände es wunderbar, wenn es nicht ähnlich wie diese hyyge Geschichte reine Augenwischerei und reine Geldmacherei wäre. Es zielt auf Frauen, von Frauen, und es bringt genau betrachtet nichts. Mentoring Programme: Nichts. Vorträge: Nichts.
Alle guten Artikel, aller guten Texte, die man bei Edition F findet, zum Trotz: Wenn Frauen aus der Not der Frauen ein Geschäft machen, das ihnen NICHT hilft, sondern sich nur in der Reihe der kapitalistischen Maschinerie einreiht, dann ist das kein Feminismus.
Wir können es alle: Das Richtige sagen. Im Fernsehen auftreten und das Richtige sagen. Aber etwas TUN, das bleibt den Frauen überlassen, und damit werden sie wieder ver-lassen, bis zum nächsten Event, bis zur nächsten Abbuchung auf der Kreditkarte.
Nein, im Ernst: Feminismus hat ein Problem. Das Problem heißt: privilegierte Feministinnen. Feminismus kann nicht gedacht werden ohne die $$$ Komponente, ohne Kapitalismus, und wer könnte da besser ins Feld geführt werden als die gute Alice Schwarzer, die früher BHs verbrannte und heute nur noch Yohji Yamamoto trägt, Designerkleidung im vierstelligen Bereich… gut so, Geld ist wichtig, aber mehr für mich, weniger für die (nicht den) anderen ist halt, nach wie vor, nicht besonders emanzipiert.
Privilegierte Feministinnen setzen sich ein für: Ihre Rechte. Niemand setzt sich für die untere Einkommensschicht ein, immerhin sind die Alleinerziehenden nicht mehr unsichtbar dank der Arbeit von unter anderem Christine Finke, die ihr Privileg genutzt hat und etwas macht, was andere nicht machen: Sie ist in die Politik gegangen. Aktive Teilnahme mit all ihren Tücken, Zeitaufwand, Langeweile, Formalitäten, Papierkrieg…
Edition F hat die Kurve nicht gekriegt, ist den Weg gegangen den man halt geht, und sich den zweiten Porsche zu finanzieren, und das ist auch okay. Irgendwo und irgendwie schon, und wer sagt schon nein zu Schotter, fällt ja nicht vom Himmel und mehr ist mehr. Gier steht Frauen genauso gut oder schlecht wie Männern. Aaaber: Wenn 200 Frauen für 250 Euro oder mehr den Raum füllen, die Rednerinnen ein paar Tausender absahnen, die Getränke und der Raum abgezogen werden und es bleibt am Ende ein Gewinn und ganz viele begeisterte Frauen, ganz viel heiße Luft die sie eingeatmet haben, die sie vielleicht auch
belebt, für ein paar Tage bis sie sehen dass eine Selbständigkeit doch nicht mal eben gewuppt werden kann wenn Rechnungen bezahlt werden müssen und Kinder neue Schuhe brauchen, also dieser Gewinn – cui bono?
Ähnlich wie die Plattform utopia.de, die den LOHAS Trend aufgriff und den finanzstarken Luxusökos eine Plattform bot, ist das Ganze eine, sagen wir mal, sloppery slope. Du kannst nicht mit dem Kapitalismus ficken und dann rausgehen uns sagen: Fickt den Kapitalismus. Also, man kann schon, ist halt…
…kein Feminismus**. Es ist auch nicht nachhaltig.
Fun fact zusätzlich ist, dass das Team von Edition F aus rein weißen Frauen mit langen Haaren (das fiel mir sofort auf!) zwischen 20-40 besteht. Ich wette nun, dass mindestens 50% von den Damen zusätzlich von Mama und Papa finanziert werden (alternativ Partner/Erbe/…). Alles Spekulation natürlich. Angeheizt von meiner Erfahrung mit gut versorgten, gut betuchten AkademikerInnenkinder, die bis Mitte 30 promovieren und sich mit einem Gehalt von 1300 netto Kleidung von Burberry kaufen können und privat versichert sind. Ihr versteht.
*Wer TSCHAKKA hören möchte, kann mich gerne anrufen, ich bin ein Tasendsassa und kann motivieren; zusätzlich zeige ich Euch wie ihr unter zehn Minuten ein super tolles ICH mit ein bisschen Farbe zaubert, das Euch einfach motiviert so GEIL ZU SEIN WIE IHR GEIL SEID. Nebenbei singe ich ein Lied für OB Tampons (das Geld muss rein), sage aber vorher Bescheid damit ihr den Ton ausstellen könnt. Ich habe nämlich nichts gegen Werbung.
**Boah, und ich kotze, weil ich wünschte dieses Wort wäre nicht überall, wäre nicht nötig, wäre nicht noch eine Hürde die wir nehmen müssen. Frauenrechte wurden die letzten Jahrzehnte regelrecht abgebaut, und keiner hat genau hingeguckt. Wir haben Nazis in der Politik – in ganze Europa! – und in der Reihe Menschen zweiter Klasse stehen wir Frauen ganz vorne an. Erinnert Euch dran, wenn es uns an den Kragen geht.
UND JETZT KÖNNEN MICH ALLE STEINIGEN! Noch lieber: Diskussion 🙂
EDIT DREI:
Die Akademie heißt Future Female Force. Ihr könnt ein T-Shirt davon kaufen!
Ich finde, dass es angebracht ist die andere Seite der Medaille zu zeigen, denn mich erinnern solche Dinge an eine riesige Merchandising-Maschinerie, mit der man T-Shirts, Bücher, Videos und wer weiß, irgendwann eine eigene Kosmetiklinie verkauft (das hier ist durchaus selbstironisch). Es zeigt sich, dass solche Veranstaltungen wirkungslos bleiben, sie werden als allgemeine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme einerseits gehandelt, als ablenkende Beschäftigung andererseits.
Meine Intention ist die andere Seite der Medaille zu zeigen. Was frau damit macht, bleibt ihr selbst überlassen. Persönlich finde ich das nicht schlecht, eine tolle Sache, aber eben mit schalem Beigeschmack, wenn ich meine privilegierte Sicht, in der ich heute bin, verlasse.
Danke – auf den Punkt gebracht. This is Jane Wayne ist auch privilegierter Feminismus in Reinform. Kooperationen und Markennennung animieren zum Luxuskonsum mit ständig wechselnden inszenierter Hypes, wovon letztlich nur die Gründerinnen der GbR profitieren.
Es reiht sich im Kapitalismus eben auch nur ein kapitalistisch gedachtes Konzept von Feminismus ein. Wie eine tolle Frau (Dr Benisek) auf Twitter sagte, ich zitiere mal:
“Und es hat mich sehr geärgert, weil sie alle “abgesichert feministisch” sein können. Dass das Modell immer noch funktioniert, ein bisschen Teilzeit, ein bisschen Kind. Aber wer geht aus der Komfortzone schon freiwillig raus?!”
Quelle
https://twitter.com/merlefriederike/status/1015904545803730945
Danke! Meine komischen Gefühle mit dem Laden auf den Punkt gebracht.
Ha… HA!
Da ich meine kleine digitale Sommerpause gemacht habe, habe ich diesen wunderbaren Artikel leider erst heute entdeckt. Du sprichst mir aus der Seele. Ich habe leider immer mehr das Gefühl, dass sich Feminismus zu einer Art Luxus-Lifestyle entwickelt. Viele junge Frauen merken nicht, wie wenig man mit so einem Feminismus erreichen kann. Aber Hauptsache, es fühlt sich gut an und wir haben darüber geredet. Tut mir leid, dass ich so zynisch bin. Meine Mama ist dafür auf die Straße gegangen, dass Frauen und Männer gleichgestellt sind. Wenn ich mich so an meinem Arbeitsplatz umschaue, sind wir weit davon entfernt. Fast alle Frauen arbeiten Teilzeit, neue Kolleginnen bekommen auch nur noch Teilzeit angeboten. Ich bin eine der letzten die Vollzeit arbeitet, und mein Chef liegt mir auch mit meiner Work-Life-Balance in den Ohren. Aber eigentlich soll nur ein Kollege endlich wieder aufstocken können. Ich bekomme dann zu hören, ich habe ja einen Partner, der gut verdient. Ich habe es ja gar nicht nötig, Vollzeit zu arbeiten und würde nur den Männern den Job wegnehmen die außerdem sowieso besser arbeiten als ich. Mehr verdienen tun die Männer sowieso. Ich liebe meine Arbeit, ich kann mich darin ein Stück weit selbst verwirklichen. Meine Kunden sind sehr zufrieden, ich bekomme die besten Bewertungen. Und trotzdem bleibt immer dieses Manko, ich bin ja nur eine Frau. Und müsste ich nicht eigentlich Kinder bekommen und den Haushalt schmeißen, irgendwas ehrenamtliches machen und vor allem meinem Mann den Rücken frei halten? Ich habe es so satt, diese Sachen ständig von allen möglichen Leute an den Kopf geworfen zu bekommen.
Ich mag Deinen Blog und vor allem Deine Sichtweise der Dinge. Mach weiter so!
LG, Claudia
Danke Claudia, vor allem weil du mir aus dem herzen sprichst. Ich habe nun Kinder, konnte ich nicht delegieren, aber arbeiten in Vollzeit wird mir verwehrt. Dabei bin ich nicht alleinerziehend und mein Partner schrägstrich Ehemann kann auch Kinderärsche putzen. Er möchte es auch gerne, aber das Geld muss auch rein. Wir leben in den 50er Jahren von der Mentalität her, aber die Wahrheit ist dass niemand mehr von einem Gehalt leben kann (Ausnahmen gibt es, habe ich im Freundeskreis) und vor allem – wir Frauen wollen das auch nicht alle?!
Die Feminismus Masche ist, wie es so schön heißt, Opium für’s Frauenvolk – mehr nicht. Ohne knallharte Quoten wird sich nichts ändern. Hast du schon mal vom Thomas-Effekt gehört? Ich bin wütend, ich bin sauer, und ich komme selber aus der Teilzeitfalle nicht raus. Ich will 4-50h arbeiten und am Wochenende frei haben, verdammt gutes Geld verdienen, und damit ist Kinderbetreuung auch kein Thema. Es geht außerdem niemand was an, wie die Kinder betreut werden, schließlich gibt es auch andere Menschen als die Mutter – und spätestens wenn ich sage, dass ich 506 Euro!!! jeden Monat für die Krippe zahle, interessiert sich niemand mehr für diese brisante politische Komponente.
Ich schreibe lustigerweise gerne über Schminke, oh Chanel meine neue Liebe – aber diese Beiträge finden immer mehr Anklang LOL
Ah, und ich ergänze zum Lifestyle-Luxus-Feminismus: Ja, natürlich! Du hast vollkommen recht – es ist ein Feminismus der privilegierten weißen Akademikerinnen, die sich die “freie Wahl ob Hausfrau oder bisschen Texterjob” sich aussuchen können. Mit Erbe oder gutverdienendem Mann. Pffft. Feminismus ist 2018 in DE vor allem Klassismus. Mein Feminismus steht für TransLeuute ein und für SexWorker. Und vor allem für die “Armen” – und ich weiß dass ich privilegiert war und das war ich nicht immer. I am Jenny from the block 😉
Danke für Deine ausführliche Antwort. Deine Artikel zu Parfum lese ich übrigens auch sehr gerne. An Chanel habe ich mich noch nicht richtig versucht, ich hatte mal vor Jahren so eine Lippenstift-Palette. War mein erster richtig teurer Kosmetikkauf und ich habe die Palette geliebt und wurde richtig angefixt, Chanel, Dior, Clinique und wie sie alle heißen. Mittlerweile bin ich wieder “vernüftig” geworden, ich trage kein Make-up, also kaufe ich auch keins – außer Lippenstift 🙂 Und da hast Du mich ganz schön mit Tom Ford angefixt. Muss ich wohl mal wieder nach der Arbeit ins Alsterhaus.
LG, Claudia
Davon habe ich ein paar vor, alles Chanel 🙂 Tom Ford im Alsterhaus ist eine Katastrophe vom Licht her – nix kaufen bevor du kurz rausgegangen bist ans Tageslicht. Oder nix kaufen und bei Douglas mit 20% bestellen, denn ehrlich ist das Zeug irre teuer. Trotzdem: De letzten, Quiver, ein Lip Shine, habe ich fast aufgebraucht. Gute Empfehlung am Counter, tolle Qualität, und eine Frabe außerhalb meines Beuteschemas… wenn man die Textur mag-ich liebe das Zeug! Lieber ein guter, täglich benutzter Lippenstift als fünf aus der Drogerie, zusammengeramscht im Kosmetikbeutel. Preis ist nämlich recht gleich dann. Kommst Du denn ohne Mascara und Concealer und sowas aus?? Soll ich Dir ein paar Farben empfehlen?
[…] Bewegung, die leider immer noch Anstalten macht, sich dem herrschenden Patriarchat zuzuwenden und ihre Umdeutung dahin nicht ganz ablegen kann, wir haben die #metoo Bewegung an der sich nun rasend schnell auch #metwo anschließt und […]
Ich wollte eigentlich schon viel früher antworten, aber war mal wieder tagelang nicht online.
Ich trage tatsächlich nur Lippenstift, ich besitze nicht mal einen Concealer. Meine Haut erlaubt es mir und ich bin mittlerweile selbstbewusst genug, ohne Make-up aus dem Haus zu gehen. Danke für den Tipp bezüglich Tom Ford und Alsterhaus. Bis jetzt hatte ich noch keine Zeit, hinzugehen, leider. Wenn ich mal Lust auf Make-up habe, dann trage ich es auch, das kommt aber nur selten vor. Auswahl hab ich nach wie vor genug im Haus, ich bin nur immer auf der Suche nach dem ultimativen Lippenstift für mich. Den hab ich noch nicht gefunden, aber ich probiere mich weiter durchs Sortiment.
LG, Claudia
Ok, ich gebe es zu, der Click-bait Titel hat funktioniert 😅 Mann halt …