Eltern werden? Über Rollenverteilung

Da man mir die Schwangerschaft nun endlich;-) ansieht, werde ich ständig darauf angesprochen. Wann sei es denn soweit (wenn es rauswill?!…) und wie lange ich denn zu Hause bleibe.

Ich wurde bislang noch von niemand gefragt, wie WIR das aufgeteilt hätten oder ob WIR Elternzeit nehmen. Die Frau nimmt natürlich Elternzeit und kehrt anschliessend in ihrer Teilzeitbeschäftigung zurück, über die sie sich froh schätzen kann (letzteres – okay, einen Job haben ist schonmal ein Anfang).

So obliegt es aktuell meiner Umwelt, mir das Gefühl zu geben, ich käme unter die Räder, so als “Mutti” – und meinem Partner, mir im wöchentlichen Takt zu erklären, dass WIR unsere Aufgabenverteilung haben werden und ich beileibe nicht zur Hausfrau verkomme. Sonst müsste ich ja mindestens einen Zumba-Kurs belegen, wie es sich für eine ordentliche Hausfrau gehört, und ihm abends Essen und Puschen hinstellen. Spätestens dann muss ich grinsen.

Während der Satz ironisch nachklingt, ist die mich umgebende Weltanschauung aber genau diese: Frau->Elternzeit->Hausfrau->->noch ein bisschen zu Hause bleiben->schwupps, zehn Jahre um, kann nicht zurück in den Beruf, kriegt keine Rente.

Die deutsche Frau wird als alleinerziehende Mutter gesehen und behandelt. Dass es eine/n Partner/in geben könnte, kommt niemanden in den Sinn. Dass es auch anders geht, höre ich selten. Aber ich höre es, so wie jüngst mir ein junger Mann erzählte, dass die Elternzeit mit einem halben Jahr zu kurz gewesen sei. Seine wohlgemerkt, und aus praktischen Gründen, nicht weil “es so schön ist”.

Ich möchte jetzt nicht hören: Hör nicht auf Deine Umgebung. Ich lebe in dieser, in höre hin, und es braucht ein dickes Fell so etwas abzutun.
Mich stört vielmehr die Tatsache, dass man dem sowenig entgegnen kann. Sage ich, dass ich unterstützt werde, lachen mich alle Frauen aus: Jaja, das hätten sie ja schon oft gehört, nachher lässt der Kerl sich erst blicken, wenn das Kind sauber und/oder im Bett ist. Natürlich nehmen junge Väter ihre Hobbies weiterhin wahr, denn sie benötigen ihren Ausgleich zur Arbeit – die Frau ist ja nun mit dem Kind heim, da ist es ja entspannt. Die Geburtspfunde kann sie sich dann im Haushalts runtertrainieren oder runterhungern (das schreib bereits eine Leserin, die das in ihrem Umfeld schon gehört hat). Sollte ich also glauben, dass mein Partner, der bislang auch alles macht, sich weiterhin den Arsch aufreisst, sei ich einfach nur naiv. So so.

Diese Rollenverteilung herrscht in allen Köpfen vor – auch die Männer (etwas ungerecht von mir hier als der geldverdienende Part, der nicht in Elternzeit ist hingestellt) denken, es müsse so sein. …oder??
…oder denken Männer vielleicht, dass wir so denken und dass es ergo so sein soll? Self-fulfilling prophecy?
…oder sind sie gar mit dieser Rollenverteilung unzufrieden, werden aber durch Arbeitgeber am Arbeitsplatz gehalten (die Elternzeit zu nehmen ist in den meisten Unternehmen verpönt – Gesetz hin oder her…).

Wann wird es nicht mehr um Frauen- und Männerrolle gehen? Eine Utopie, deren Umsetzung durch fehlende Kinderbtereuung, Gender Pay Gap und Steuerpolitik UND der unglaublichen Scheiße namens “deutsche Familienpolitik” behindert wird.

Wir werden also Eltern. Kurz vor dem potentiellen Hineinrutschen in der klassischen Rollenverteilung, werfe ich ein Blick um mich herum auf die Leute, die sich nicht vorstellen können dass es anders geht und fühle mich… motiviert.

Ist das nicht ein interessantes Experiment? Ihr könntet lesen, dass ich Angst hatte zu heiraten, Angst vor Familie, heute kommt unweigerlich die Angst hinzu, ins Hintertreffen zu geraten. Letztere bewältigt, die aktuelle ist in Arbeit.

Was denkt Ihr?

25 Gedanken zu „Eltern werden? Über Rollenverteilung

  1. Da sprichst Du ein Thema an mit dem ich mich inzwischen fast täglich beschäftigt habe. Ich bin stinkwütend über die besch… Kinderbetreuungssituation und die Sch…. in den Köpfen vieler Chefs.

    Ich bin Mama von einem 11 Monate alten Sohn. Im Januar gehe ich wieder arbeiten. Dann war ich ein Jahr und drei Monate zuhause.
    Selbstverständlich habe ich die Elternzeit genommen, mein Mann nur die obligatorischen zwei Monate.
    Und das obwohl ich mehr verdiene als mein Mann.
    Ich brauche hier nicht extra zu erwähnen dass ich in Teilzeit wieder arbeiten gehe, oder?

    Warum das alles? Weil mein Mann in einer Firma arbeitet, die Elternzeit für Männer nicht optimal findet. Und alles was über zwei Monate EZ hinausgeht wird schon mal schnell mit einer Degradierung oder gar Kündigung beantwortet. Das ist natürlich nicht legal, aber das ist die Realität.

    Nach elendig langem Suchen und ständigen Refertigungen warum ich wieder arbeiten gehen möchte (weil ich will und muß) haben wir nun eine Tagesmutter gefunden. Die ist zwar sehr nett, macht aber auch viel Urlaub (sechs Wochen pro Jahr) und die Betreuungszeiten sind starr.

    Unser Sohn steht auf sämtlichen Listen staatlicher Krippen, dort werden Kinder aber immer nur nach den Sommerferien aufgenommen. Und die Wartelisten sind so lang, dass er evtl. mit knapp drei Jahren die Chance hätte, aufgenommen zu werden.

    Natürlich verlangen unsere beiden Arbeitgeber Flexibilität von uns. Die können wir dank der Kinderbetreuungssituation aber nicht bieten. So bleibt mir ein Dasein als kleines Licht. Karriere geht so nicht.

    Ich kümmere mich sehr gerne um meinen Kleinen und er ist auch das allerbeste was mir passiert ist. Aber ich habe Angst vor der Zukunft. Ein zweites Kind könnte ich mir im Moment aufgrund der Situation gar nicht vorstellen.

    So, jetzt will ich den Roman hier aber mal beenden 🙂

    1. Rubenia: Alltag. Das macht mich ja so wütend! Du musst dich gegenüber anderen Frauen rechtfertigen, dass du arbeiten möchtest. Es gibt übrigens ein gesetzlich verankertes Recht auf Arbeit. Gäbe es eine Kinderbetreuung, wäre das Problem doch abgehackt. Diese nach Möglichkeit dann auch günstig – wenn ich sehe was das kostet, muss ich kotzen, denn die Angestellten dort verdienen definitv mehr als sie momentan bekommen(wo bleibt eigentlich dann das Geld, das man dort zahlt?!) daher kann es sich für Frauen sogar rechnen, zu Hause zu bleiben, das wird dadurch gefördert (danke Steuerrecht).
      Ein zweites Kind ist damit natürlich eine absolute organisatorische Belastung, die man zwar meisten kann, bei der aber auch einiges auf der Strecke bleibt. Ich bin mit gehetzten, übermüdeten Eltern aufgewachsen, die sich den Arsch aufgerissen haben – ganz so krass möchte man es dann nicht.

      Die Arbeitgeber sehen Elternzeit ungerne, Frauen sind natürlich dadurch das Riskio schlechthin und Männer werden schlichtweg bestraft. Klagen kann man dagegen ja auch nicht, weil Diskriminierung ja so abläuft, dass es nicht nachzuvollziehen ist. Doof ist man ja nicht.

  2. Da habe ich gerade einen aktuellen Bericht dazu gelesen: http://www.zeit.de/2012/45/Hausfrau-Scheidung-Armut-Geld

    Ich finde es absolut gruselig, dass die meisten Frauen es genau so wollen und selbst die Vorstellung haben, eine gute Mutter müsste gefälligst zwei bis drei Jahre bei ihrem Kind bleiben. Die Vorstellung mit Kind nicht mehr arbeiten zu müssen finden einige in meinem Umfeld richtig toll. Wer es anders macht, wird mehr oder weniger abgelehnt (“Tja, das muss halt jeder selbst wissen, ob er daheim bleibt!!!”) oder zumindest angemacht (“Aber du willst doch auch dabei sein, wenn es aufwächst!”).

    Ich kann das absolut nicht nachvollziehen. Ich frage mich echt, warum es in Deutschland so anders sein muss, als in anderen Ländern? Dort funktioniert es doch auch!

  3. Gerade heute hat sich gerade einer der Kollegin für 1 Jahr Elternzeit verabschiedet… Und ich dachte “Oh toll… ich freu mich für ihn und die kleine Familie” – Die Rollen sind nicht so festgepappt… nicht in jedem Kopf und es gibt ja immer noch die komischsten Vorstellungen, was eine Frau oder ein Mann tun könnte oder sollte. Oft habe ich da mit Männern sogar mehr Mitgefühl, denn deren Rolle ist inzwischen meist etwas enger gezogen als unsere.

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass Dir nebenbei 10 Jahre verloren gehen und Du irgendwann mit Blümchenschürze als gestresste Kettenraucherin endest oder, dass Mr.MYBeautyBlog das zulassen würde. Ich wünsche Euch Genuss bei der Verteilung von Freuden und Verantwortlichkeiten und dass Ihre Euch super ergänzt… wenn das im Rahmen der alten Rollenvorstellungen ist: gut. Wenn es individuell ist: auch gut. Ich bin gespannt, mehr zu lesen und mag es gern, ein wenig aus Deiner Welt gerade mitzubekommen, gerade weil ich es so angenehm unfluffig finde 🙂 Du pupst eben keine Regenbögen. Und das ist super.

    1. Doch, ich pupse regenbögen! Die nach Rosen riechen 🙂 ich bin gespannt wie es ist nach einem jahr zurückzukommen. Das wird krass. Ich habe dann vlt sogar einen neuen Chef. Tja… ich bin ja leitende Angestellte, ich bin gespannt.

      Ich habe viel zu sehr Angst vor Autarkie-Verlust, sonst ist es doch verführersich nach fast 20 jahren Arbeitsleben (so lange jobbe/arbeite ich schon) sich mal zurückzulehnen (was bei mir eh nicht ginge, Budget nicht vorhanden!).

  4. Ich lebe ja in der Schweiz und da ist man recht knauserig mit Elternzeit: max. vier Monate bezahlt für Frauen und in den meisten Betrieben bloss zwei ganze Tage für Väter.

    Ich kann aus Sicht meiner Schwester sprechen: Sie hat Zwillinge bekommen und ist 6 Monate zu Hause geblieben, zwei davon natürlich unbezahlt. Dafür hat sich mein Schwager immerhin eine unbezahlte Auszeit von 3 Monaten genommen und arbeitet nun 80%, damit er einen Tag mehr mit seinen Kindern verbringen kann. Meine Schwester arbeitet wieder 60%, und an zwei Tagen in der Woche sind die Kinder in der Krippe (das hat erstaunlicherweise sehr gut geklappt). In der Schweiz ist dieses Modell eigentlich gang und gäbe, man kann auch in Teilzeit und als Mutter Karriere machen und die meisten Männer reduzieren ihr Arbeitspensum, um mehr Zeit mit dem Nachwuchs zu verbringen. Meine Schwester wird allerdings von der deutschen Verwandtschaft mit Unverständnis behandelt oder sogar auch angefeindet, wie sie denn denken könne, mit zwei Kindern auch noch Karriere machen zu wollen, ob es ihr nicht reiche, ein bisschen was dazuzuverdienen (dabei verdient sie selbst mit 60% verdammt gut) und sich aber ansonsten um ihre Sprösslinge zu kümmern, und wie ihr Mann denn das sehe, dass er “genötigt” sei, mehr zu Hause zu sein, damit sie “sich selbst verwirklichen” kann. Krass, oder… Da stehen sich viele Menschen selbst im Weg. Und mein Schwager wird als Waschlappen dargestellt, weil er nicht 100% arbeitet… Dabei finde ich gerade seine Einstellung wirklich toll (und die sollte eigentlich auch normal sein für jeden Vater, denn auch Väter sind ein Elternteil).

    Jetzt ist eine Freundin von mir schwanger geworden, und sie ist (mMn) mit einem Riesena**** verheiratet, der es total geil findet, wenn seine Frau zu Hause bleibt und er abends heimkommt und sein Weib ihm das fertige Essen und Bier serviert, das Kind schon sauber und im Schlafanzug da ist, er vielleicht noch zwei Sekunden mit ihm spielt und er ansonsten den Rest des Abends vor einem Computerspiel verbringen kann, während seine Frau aufräumt, spült und ihn noch anderweitig beglückt. Und das Schlimme ist: 1. ist dies kein Klischee, und 2. lässt meine Freundin das mit sich machen. In welchem Jahrhundert leben wir? Warum gibt es noch Frauen, die sich so behandeln lassen und nicht für ihre Interessen einstehen? Denn auch Mütter sind immernoch Frauen, oder?

    Sorry, musste mich grad mal aufregen…

    1. Elissar: Gibt es in der Schweiz eine bessere Kinderbetreuung als hier? Ich finde deren Modell eigentlich “normal”, wobei die Aufteilung vermutlich pragmatsich nach Gehalt eingenommen wurde. Mein Ehemann ist vom Job her in der glücklichen Lage auch homeoffice machen zu können, also ist ein Tag gerettet. Er wollte Elternzeit nehmen, aber das geht aus finanziellen gründen nicht, also muss ich dran galuben, weil ich eben nur halbtags den Job habe und ihn trotz Überstunden etc nicht Vollzeit hochhandeln kann (meine drei männlichen Kollegen in der gleichen Position arbeiten aber alle Vollzeit, merkwürdig, oder?)

  5. ich glaube ja im innersten meines herzens, dass die meisten männer schlicht und einfach froh sind, den sch+++ nicht machen zu müssen. schön ins büro, den job machen, karriere, nach hause kommen. puschen stehen da. essen. klar ist das jetzt polemisch und übertrieben. aber gestern saß ich mit einem jungen ehepaar beim notar. er ‘macht’ den papierkram, hört zu, kommuniziert. sie trägt das kind spazieren. beide müssen unterschreiben. sie gibt ihm das kind, da sie nun mal ihre hände dafür braucht. er nimmt es in empfang wie eine ladung plutonium. beide jahrgang 1974.
    das, was rubenia dann sagte, dass arbeitgeber auch über hintertüren die wenigen elternzeitwilligen männer rauskicken, kommt dann noch hinzu. und letztlich sind sie es immer noch, die gesetze machen, die spielregeln festlegen, jedenfalls zum großteil.
    meine freundin hat zwei kinder, 5 und 9 jahre. sie arbeitet in einem akademikerjob mit führungsverantwortung. für ihre tagesmutter zahlt sie 600,-, damit sie als alleinerziehende überhaupt arbeiten gehen kann. kindergeld bekommt sie vom kindsvater nicht, da das in den abtrag des mal gekauften hauses einfließt (in dem ER noch wohnt). nach abzug der mietkosten, tagesmutter, sprit, versicherung, telefon etc. bleiben den dreien genau 300 euro zum leben. ob das ein mann mit sich machen lassen würde?

    1. Dotti: Nicht alle Männer. Und ehrlich, ich wäre als frau auch froh drüber! Ich hätte es ja gerne dass er alles macht und ich arbeite, ich würde abends noch kochen und quality time verbringen. Es liegt auch viel an den Frauen, dass sie diese Haltung mitbringen, weil wir so erzogen wurden. ich muss ja auch regelrecht dagegen ankämpfen und nur weil es mir glasklar beuwsst ist, kann ich mich den “Puschen und Essen machen” Ritual verweigern. Mein Ehemann bekommt zweimal im Jahr Frühstück ans Bett, ich zweimal im Monat. Wir haben eine klasssich umgekehrte Aufteilung in allen Dingen. Aber es ist ein “neuer” Mann und ich kann nur sagen: Er ist nciht der einzige. Ich kenne mitllerweile viele, die Kinder haben, eine gleichgestellte Partnerin und die sind Papa. Wie im Buche – die geben einem die besten Tipps 🙂 weil etwas pragmatischer. Die ältere Generation und natürlich der aufstrebende Zweig der Öko-Konservativen, die als Erben sich einiges leisten können, führen allerdings die tradierten Rollen fort. Da geht es wieder darum, dass man es sich leisten kann, und es auch tut. Auch okay. Aber wenn diese Leute das nicht täten sondern sich für ein anderes Denkmuster engagieren würden, wären wir schon wesentlich weiter. Noch haben die Deutschen zu viel Geld und müssen nicht arbeiten. Das Problem wird in hundert Jahren richtig krass, aber momentan kann man nur fluchen und schimpfen und zusehen, das man das Beste draus macht…

  6. Eigentlich heisst es, dass in der Schweiz das Angebot für Kinderbetreuung schlecht sei, aber in meinem Freundeskreis haben alle, die Eltern geworden sind, kein Problem gehabt, einen Krippenplatz zu bekommen, manche sogar wurden sogar in mehreren Krippen angenommen. Ich glaube, in der Schweiz ist es schon ein Problem, wenn man mal 2 Monate auf einen Platz warten muss… Die haben ein ziemliches Luxusproblem hier.

    Das ist ja “nett”, dass Du Überstunden schiebst, aber Deine Arbeitszeit nicht aufstocken darfst… Wäre ja auch teurer für Deinen Arbeitgeber. Wo wir wieder beim Problem der Gleichbehandlung bzgl. Finanziellem in der Arbeitswelt wären, aber das ist ein anderes Thema! 😉

    1. Elissar: ..die nicht öffentlich diskutiert werden kann-aus Gründen. 2 Monate Wartezeit ist ein echtes Luxusprobelm, zumindest im Vergekich zu DE – allerdings sind 2 Monate ohne Kohle verdammt hart!

  7. Ich bin doch etwas entsetzt, wie hier Deutschland über einen Kamm geschert wird. Ich bin der Meinung, dass es große Unterschiede zwischen Ost und West gibt. Ich bin im Osten mit dem Selbstverständnis aufgewachsen, dass die Mütter arbeiten gehen. Ich kannte nur eine einzige Mutter, die Hausfrau war, eine richtige Exotin. Also ist es auch für meine Generation (bin Mitte 40) völlig normal, dass die Frau nicht lange zu Hause bleibt und dann wieder wenn möglich voll arbeiten geht. Da wird man hier von niemanden dumm angeschaut, im Gegenteil, die Hausfrauen werden komisch beäugt. Es war für meinen Mann und mich beschlossene Sache, dass wir uns die Erziehungszeit teilen und jeder von uns war ein Jahr mit unserer Tochter zu Hause ist. Auch mein Mann hat diese Zeit in vollen Zügen genossen und nie bereut. Natürlich hatte er Schwierigkeiten mit seinem Arbeitgeber, als er in den Beruf zurück kehrte. Aber durch seine Leistung konnte er seinen Karriereknick wieder ausgleichen. Für mich war Teilzeit nach meiner Rückkehr in den Beruf leider nicht möglich, entweder Vollzeit oder gar nicht. Es war anfangs eine harte Zeit für uns 3, aber meine Tochter hat keinen Schaden dadurch erlitten, wie einige Experten immer befürchten. Auf unser gutes Betreuungssystem im Osten als Erbe der DDR-Zeit können wir stolz sein und wissen dies auch sehr zu schätzen.

    1. Anja: Deutschland über den Kamm zu scheren ist unfair, richtig, aber ich mache das Ost-West Faß ungern auf. Es ist korrek,t dass das ein inhärent WESTdeutsches Problem ist, das man versucht hat, sich von der DDR abzugrenzen und die “Massenbetreuung” des Kindes verteufelt hat – mit entsprechenden Konsequenzen. Nun ist der Westen ja Vorbild für den Osten – gilt ja auch europäisch und international; daher wird es nicht lange dauern und das Problem wird im ehemaligen Osten auch ankommen, wenn wir Pech haben.

      Ansonsten geht es mir um Wahlfreiheit – und die gibt es nicht. Das DDR Modell wird hier nie ankommen, und das bedaure ich zutiefst. Du warst eine Exotin, aber es war dir scheinbar trotzdem “erlaubt” oder möglich… darum soll es gehen.

      Das macht Freiheit für eine Frau aus, oder? Entscheiden können. Für oder gegen Abtreibung, für oder gegen Kinderbetreuung, für oder gegen Partner. War ja ein harter Kampf, immerhin dürfen wir ja wählen… HA!

  8. Rollenverteilung ist das, was man draus macht – und es tut mir aufrichtig leid, dass Du in so einem sehr… ähem… traditionellen Umfeld lebst.

    In meinem beruflichen Umfeld (Forschung in den Lebenswissenschaften an der Uni) ist es ziemlich normal, dass die Frauen während ihrer Promotion ein Kind bekommen. Die werden schwanger, gebären, sind vielleicht zwei Monate daheim und haben während der Schwangerschaft und dem Daheimsein mal eben schnell ein paper geschrieben. Und dann sind sie wieder im Labor – zwar nicht jeden Tag acht Stunden lang, aber eben lang genug, um sinnvoll zu arbeiten. Bei uns an der Uni ist die Kinderbetreuung ganz ok, bisher hat sich keine meiner Kolleginnen massiv beschwert.

    Die Väter der Forscherinnenkindern sind zumeist auch Forscher, wir haben ja alle den Vorteil, uns die Arbeitszeit relativ frei einteilen zu können und so läuft das alles ganz friedlich und prima. Wessen Experiment zuerst fertig ist, der pickt die Brut auf und wer früher Vorlesung hat, der bringt das Küken in die Krippe.

    Meine Mutter hat bis zwei Wochen vor meiner Geburt gearbeitet und war danach gerade mal sechs Monate daheim, aber das auch mehr aus gesundheitlichen Gründen. Sie ist dann wieder arbeiten gegangen (und zwar Vollzeit!) und ich war bei meiner Oma. Klar, das war großes Glück, die Oma dabei zu haben, aber auch als ich im Kindergarten war habe ich meine Eltern ausreichend oft gesehen. Mein Vater hat auf die ganz große Karriere verzichtet, um jeden Abend um 19 Uhr mit mir und meiner Mama zu essen und niemals länger als zwei Wochen am Stück von Zuhause weg zu sein. Und siehe da – aus mir ist auch was geworden. Sowas aber auch.

    Deine Angst, abgehängt zu werden, die kann ich sehr gut verstehen. Aber Du hast Dir das mit dem Kinderkriegen ja überlegt und der Wunsch nach Nachwuchs war größer als die Angst – und das ist gut und richtig so. Ich bin mir sicher, dass Du und Dein Mann das alles prima hinbekommen werdet und ich freue mich aufrichtig für euch, dass ihr das Modell “Familie” wagt!

    (Neuer Name, aber drin ist immer noch DK)

    1. Adelsblass: Das hört sich nach Berlin an. In lebe in der Stadt, die in dem ZEIT Artikel drin ist: Lüneburg. Uni, ja, aber keine Kinderbetreuung. Eben Vorstadt, reiche Vorstadt.
      EIGENTLICH bin ich ja zu alt für all das, und ob ich abgehängt werde liegt sowieso an mir. Ich werde noch 40 Jahre arbeiten müssen, davon gehe ich aus, und dann relativiert es sich mit Mitte 30 keine “Karriere” zu haben (wobei ein guter Job schon mal ein Anfang ist).

      Die Traumzustände von ForscherInnen-Paare kenne ich auch. Stets ist ER der Juniorprof und sie der PostDoc. Diese bekommen auch eine Kinderbetreuung (eins von den acht Plätzen…) weil man die Leute halten will oder weil sie es ausgehandelt haben. Alle anderen müssen zusehen. Das ist zwar sehr speziell, aber es würde mich nicht wundern wenn dieses Umfeld häufiger vorhanden ist als die 1A Kinderbetreuung, von der Du berichtest.

      EDIT: Die Promotion ist in der Tat eine gute Zeit, aber man muss einen Partner haben und den Wunsch. Ich habe nun vor in der Elternzeit meine Diss zu schreiben (Diss+Baby) und werde permanent ausgelacht, entweder mitleidig kopfschüttelnd oder lauthals. Ist das so ein Ding der Unmöglichkeit? Ich denke nicht. Aber es hängt auch einiges davon ab wie man mit dem Baby klarkommt. Ich hoffe es ist brav…

  9. Ja, Deutschland ist wirklich kinderfeindlich, was die Betreungsmöglichkeiten angeht. Ich unterscheide auch zwischen den Frauen, die als erklärtes Lebensziel heiraten, Kinder kriegen und dann zu Hause bleiben haben (die gibt es erschreckenderweise immer noch) und denen, die zwar einen Fortpflanzungswunsch haben aber ihr gesamtes Leben halt nicht auf ein Kind ausrichten können und/oder wollen. Normalerweise ist eine Karriere als Frau mit Kind nur möglich, wenn beispielsweise auch die Großeltern als Betreungspersonen mit einspringen, da Karriere meistens auch mit längeren Arbeitszeiten verbunden ist. Und in unserer Gesellschaft gilt es halt noch immer als normal, wenn die Frauen die Elternzeit nehmen und sich danach mit einem weniger qualifizierten Job zufrieden geben, da “die Kinder ja ohnehin Priorität haben”. Spätestens mit dem zweiten Kind werden Frauen da ganz schnell abgeschoben. Und ich hab auch schon mehr als einen Arbeitgeber erlebt, der Schwangerschaften für seine Beschäftigten am liebsten ganz verbieten würde. Die Männer, die Elternzeit nehmen, werden auch in der heutigen Zeit noch vielfach als Pantoffelhelden, Weicheier, etc bezeichnet. In (west)deutschen Köpfen hat eine Mutter ihr Kind die ersten drei Jahre nonstop rund-um-die-Uhr zu betreuen, ansonsten gilt sie als Rabenmutter und ego(t)istisch. Ob es für die Entwicklung eines Kindes wirklich förderlich ist, von dieser Mutter ständig begluckt zu werden, sei dahingestellt und interessiert in unserer vom christlichen Wertbild geprägten Gesellschaft auch nicht wirklich. Und du hast ja schon ein “Luxusproblem”, da einen Partner zur Seite. Ganz hart wird es für Alleinerziehende. Wenn dann noch unregelmäßige Arbeitszeiten, Wochenend-, Nachtarbeit dazukommen, kann ich verstehen, wenn sich immer mehr Frauen gegen Kinder entscheiden. Nur interessiert das hierzulande leider auch nur die wenigsten (und das sind die Betroffenen). Andere Nationen kriegen das doch mit der staatlichen Betreuung auch hin!

    1. Alex: ICH UNTERSCHREIBE. Und ich habe wirklich Luxusprobleme – flexible Arbeitszeiten im öff. Dienst, ein Partner der sich den Arsch aufreisst, und ein paar betagte Eltern in der Nähe, die auch mal vorbeikommen können in Notfällen.
      Gut, da gäbe es Luft nach oben 😉

      Warum sich in DE nichts tut und Dinge wie die herpärmie auf den Tsich kommen, verstehe ich einfach nicht. Seit den 50er Jahren ist viel Wasser den Rhein runtergeflossen, warum ist so gar nichts passiert? Und was sind denn christliche Werte? Die besagen nichts darüber ob die Frau Geld hat oder nicht – denn zu Hause hat sie die Hosen an und der Kerl drückt einfach das Geld komplett ab. So braucht mir die CSU jedenfalls nicht kommen…!

  10. Nunja, ich kenne wirklich nur Paare, wo beide Doktoranden sind oder der jeweils andere Elternteil irgendwas anderes Akademisches macht oder – Obacht! – Papa daheim bleibt. Das von Dir beschriebene hierarchische Ungleichgewicht kenne ich von meiner Uni hier (HD) so wirklich nicht.

    Auch meine Studentinnen mit Kind haben bisher immer problemlos ihre Betreuungsplätze für die Kinder bekommen. Das liegt aber vermutlich daran, dass hier in den letzten Jahren massiv aufgerüstet wurde, was die Krippen- und KiTa-Plätze angeht. Seit 2010 sind wir sogar zertifizierte “familiengerechte Universität”.

    Denn Du hast vollkommen Recht: Kinderbetreuung ist mittlerweile ein Standortfaktor. Mir wurde neulich von einer Uni, die mich gerne haben würde, mehrfach mitgeteilt, dass Kinderbetreuung 24/7 möglich ist, wenn gewünscht – kostenlos.

    Komisch, dass sowas in USA, GB und Asien geht und bei uns nicht. Aber das ist ein ganz anderes Thema…

    1. 24/7 Betreuung? Also auch für Notfälle, spät abends Veranstaltungen und Konferenzen am Wochenende? WOW! Die StudentInnen haben es in der Tat etwas einfacher und bekommen viel Unterstützung, auch Geld, aber wer kriegt mit Anfang 20 schon Kinder…

      Ich bin gespannt. Ich schaffe einiges unter Druck. Ich will dass man mich auch “will” und mir diese Angebote macht und vor allem will ich es für alle. Ich tue wenig ausser ein bisschen hier rumlabbern, aber das kann ja noch werden.

  11. Nachtrag zu Deinem Edit: Bei mir im Umfeld haben _alle_ Mamas mit Babies ordentlich was weggeschafft bekommen. Lass Dich da nicht entmutigen, Du wirst das auch hinbekommen. Wenn der Horizont der Anderen, Dich Auslachenden, so eng gesteckt ist, dann sollte das nicht Dein Problem sein!

  12. Ich habe einen Artikel in der aktuellen ZEIT gelesen (Pro und Contra Hausfrauenmodell) und ein Mann hat geschrieben: Liebe Frauen, bitte übertragt uns nicht die Alleinverantwortung fürs Finanzielle. Fand ich sehr ehrlich und wenns gepaart wird mit einer ebenfalls geteilten verantwortung für die Kinderbetreuung und -Bespaßung sowie einem deutlichen Wandel in der Politik… dann kann ich mir ein Leben mit Kindern vorstellen. Ansonsten … lasse ich es vielleicht. Mal sehen 😉

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