Da sind sie, die ach so armen Frauen, die in die Vereinbarkeitsfalle getappt sind! Nun mehr alleinerziehend in der Woche, sinnieren sie über ihr Scheißleben und ihr Schicksal und das ihrer Blage/n, während sie “den Prinzen” oder “die Prinzessin” mit einem dicken, auf Pump gekauften Auto durch die Gegend zu irgendetwas kutschieren. Unzufrieden mit ihrem Job, aber mit Teilzeit ist leider auch der Anspruch flöten und der Druck dafür gestiegen, sehnen sie sich nach Sinnhaftigkeit jenseits von Chauffeursdiensten, Waschcenter-Tätigkeiten wie Fleckenentfernung oder der Organisation von Kindergburtstagen mit Disneys Cars oder Elsa.
Während sie sich allabendlich in ihr schönes, sehr großes Eigenheim niederlassen, das aus Kostengründen etwas abgelegen ist und dass sie wienern und schrubben, mit großer Gewissenhaftigkeit aber auch mit sehr wenig Bock und zuweilen schlampig, und einen günstigen Wein aus dem Supermarkt öffnen bis der Geldesel nach Hause kommt, stellt sie sich niemals nie die Frage…
Was ist der Preis für dieses Leben?
Der Geldesel hat diese Rolle angenommen – herzlichen Glückwunsch! Es ist einfacher, sich den Rücken freihalten zu lassen und zu arbeiten. Egal wie gerne er mehr Zuhause wäre um Zeit mit Kind/ern zu verbringen, oder auch mit der Ehefrau, es geht einfach nicht. Die vielen Kredite müssen abbezahlt werden, dazu die Pendelei, und die ständige Erreichbarkeit per Diensthandy, dazu das Reisen, erfordern ihren Tribut. Bluthochdruck und selten Zeit zum Zahnarzt zu gehen. Mann giert nach Privatleben, nach Fußball gucken und Bier trinken um runterzukommen, nach Gesprächen die sich nicht um Alltags-Orga dreht, und nach Sex ohne Betteln. Aber – so war es bei den Eltern, so ist es bei den Nachbarn, und so ist es auch bei ihm.
Wie hat sich der Deal ergeben? Sie wissen es beide nicht mehr. Die Schwangerschaft, das erste Kind und die Elternzeit, die Frage nach Steuerklassen und wer jetzt das Geld verdient, es hat sich einfach ergeben. Und mit Familie der Wunsch nach eigenem Zuhause, in und trotz der Immobilienblase. Man ist rausgezogen, ein zweites Auto musste her, etwas großes, sicheres, und der Job wurde vielleicht auch gewechselt, mehr Geld, aber auch längere Arbeitszeit, Fahrtzeit… im Hintegrund hat sie alles geregelt. Das Haus, das Kind/die Kinder, den Einkauf, die Schwieger-/Eltern, sie hat seine Socken gekauft und sein Bier mitgebracht. Die Liebe ist noch da, und man liebt gemeinsam die wundervollen Kinder. Das ist doch Liebe. Oder?
Eigentlich alles toll.
In diesem Krimi neulich las er, wie der nicht sonderlich sympathische Psychologe diese Frau rauswarf mit einem Abschiedsbrief, auf dem Stand sie sei nur die Haushälterin, die er gevögelt hätte. Das hat sich ihm eingebrannt. Wo ist die Beziehung geblieben? Die Zeit? Sie ist so viel glücklicher mit den Kindern, aber auch so frustriert in alle dem. Was macht er falsch?
Mutti ist unglücklich. Sie hat zugenommen und hat weder Zeit noch Energie um Sport zu machen. Der Alltag mit dem Switch von Job zu Kind zu Haushalt und das den ganzen Tag und länger noch alleine ist sehr anstrengend. Nicht arbeiten können sie sich nicht leisten, und es würde ihr auch fehlen, immerhin hat sie da ein Umfeld. Nach Hause kommen, in ihrem Haus, mit ihrem Auto und ihrem Kind, ja, das ist es für was es sich gelohnt hat, der ganze Aufwand.
Bei den anderen Bekannten und Nachbarinnen ist es auch so, dabei haben manche noch Eltern in der Nähe; den Luxus hat sie nicht. Ein bisschen wurmt es sie, dass der Urlaub dieses Jahr nicht so lang ausgefallen ist, die Nachbarin war auf der AIDA mit Sack und Pack. Dafür haben sie die Terrasse neu machen lassen, was wirklich toll aussieht.
Über diese Rollenaufteilung denkt sie natürlich reflektiert nach; sie will eine gute Mutter sein und weiß mittlerweile, wie Vereinbarkeit aussieht. Es gibt sie einfach nicht. Dazu die ökonomischen Zwänge, der Mann verdient mehr und mit dem Kind erst recht, während es bei ihr hieß, sie wolle doch jetzt bestimmt nicht mehr arbeiten. Und jetzt muss sie los, den Prinzen vom Flötenunterricht abholen.
Oh – und kein Wort darüber, dass der Geldesel bald einen Herzkasper bekommt.
– Das Haus, das groß genug für sechs Leute ist, aber von zwei bewohnt wird.
– Das Auto, da musste es schon mindestens ein Passat sein, der Audi war nicht drin.
– Einkaufen bei Aldi und Lidl, bei C&A fürs Kind, aber dafür ist nächstes Jahr AIDA drin.
Kein Zweifel darüber, ob man so leben muss. Und was es mittelfristig bedeutet. Wie es weiterlaufen kann. Was im Falle einer Trennung passiert (sie behält das Haus! ähm, nicht ganz…) Keine Frage dabei, wie es dem Geldesel geht. Keinen Zweifel. Lieber neuen Rasen im Vorgarten.
Geldesel und Mutti. Warum tut ihr das?
uargh Vororthorror…..! Ich kenne sogar ein, zwei Leute mit Riesenhaus, Riesenauto und (sorry, ich bin Lehrerin, ich darf das!) einen quengeligen Diktatorkind daheim. Wenn sie glücklich damit sind, prima. Sie sagen gern über meine kleine Wohnung und meinen etwas studentisch gebliebenen Einrichtungsstil: So wie du könnte ich nicht leben! Und ich denke manchmal leise (oder laut): Musst du nicht. Aber ich muss deinen Alltag auch nicht wollen müssen, oder?
Sophie – das ist eigentlich auch in Ordnung, aber viele beschweren sich darüber trotzdem, also meist die Frauen, und was mit den Kerlen ist, fragt keiner. Ich breche weiß Gott keine Lanze für Männer, aber es muss ja Väter geben, die Zeit mit ihren Kindern verbringen wollen statt jeden Tag 10-12h unterwegs zu sein. Und es zahlen ja alle den preis für die große Bude oder das dicke Auto – die Kinder mit gestressten Eltern und später Scheidung, die Eltern mit Krankheit und Scheidung. Wofür? Um den Nachbarn zu imponieren? Wann lebt man denn dann noch? In den drei Wochen Urlaub, einmal im Jahr?
P.S.: Zwei Paare aus meinem Freundeskreis mit jeweils jungem Kind sind da Positivbeispiele: Jeweils einer arbeitet nahezu voll, der andere weniger und kümmert sich stark ums Kind. Sie haben keine tollen Bedingungen oder Oma/Opa in der Nähe – aber: sie haben z.B. bescheidene Wohnungen und klare Prioritäten, was Konsum und Urlaub etc. angeht, und sie wirken auf mich meistens zufrieden, wenn auch gestresst. Und sie reden offen darüber, wie müde sie sind, wie lächerlich viele Kleinkindkurse sind und wie doof es ist, wenn sie mildes Gelächter ernten, weil der Mann in Elternzeit geht…und das in Berlin!
Ohne Perfektionsanspruch erreicht man anscheinend auch was. Aber wenn es die AIDA sein muss, tja, das ist eine selbst gewählte Priorität, muß man(n) halt für arbeiten…
Ich bin froh dass Du auch solche Leute kennst, es ist hoffentlich ein Gegentrend, der auch Druck ausübt die Männer aus dem Hamsterrad zu nehmen und wenn die ganzen Überstunden nicht geschoben werden und diese Allzeit-Erreichbar Mentalität wegfällt, dann kann auch eher ein Angleich der Gehälter und Geschlechter im Job erfolgen. Solange die Männer das mitmachen, ist den Leuten, die es nicht wollen, damit nicht gedient. Ihnen somit auch nicht. In einem überdurchschnittlich bezahlten Job hat man lustigerweise gar nicht mehr diese 80h Woche, und mehr Freiheiten. Dabei sind das Leute mit Verantwortung und so – wenn es bei denen geht, warum geht es nicht bei den Normalos? Effektiv gearbeitet wird eh nicht, es ist nur totgeschlagene Zeit. Nicht umsonst schaffen Halbtags Kräfte (4h Arbeitszeit am Tag) fast das gleiche wie eine Vollzeitstelle mit 8h/Tag. Wenn sie einigermaßen was tun.
Kommt natürlich auch immer auf die Art des Jobs an, wie flexibel das Ganze auszuhandeln ist. Nicht alle haben Arbeitgeber, die da unterstützend sind, viele machen nur das, was eben gesetzlicher Standard ist. Und dabei werden dann gute Leute ausgebremst oder verheizt..am Arbeitsplatz wie daheim.
Ich glaube ja, wir müssen als Gesellschaft eine neue Diskussion führen: Man(n) kann nicht alles jederzeit super schaffen. Auch wenn man alles gleichzeitig will und gut plant. Und das ist okay. Es gilt, zu wählen, was man möchte, und auch mal Fehler machen zu dürfen. Alles andere klingt immer leicht nach Burnout, finde ich. Und DAS ist wirklich ein Nachhaltigkeitsproblem – gut ausgebildete Leute, die nicht mehr können und nach der Kur nicht mehr wiederkommen wollen (sicher oft zu Recht).
Ich zucke nur die Schultern – Stinoalltag eben, selber Schuld. Ich habe noch nie einen Pauschalurlaub gebucht, fahre auch keine 3 Wochen am Stück in ein “Ferienparadies”, sondern schaffe mir in meinem Leben unregelmäßig kleine und größere Fluchten. Kaum jemand versteht es, muss ja auch keiner, die Hauptsache ist doch, dass ich mich wohl fühle. Und wenn ein paar Glücksmomente dabei sind, um so besser. Jedoch kann ich nur so klug daherreden, weil ich mich der Reproduktion verweigert habe. Mit Verantwortung sähe mein Leben sicher auch anders aus!
Sich der Reproduktion verweigern ist für eine Frau nach wie vor die bessere Entscheidung, und das sage ich als Mutter und Schwangere. Der Stinoalltag ist nicht verwerflich, wer sich aber darüber beklagt, nervt. Und natürlich kann man jammern und sich Luft machen, wer aber offensichtlich unzufrieden ist… Wir leben in einem der wenigen Länder, wo frau wirklich Möglichkeiten und Freiheiten hat, und wer sie nicht nutzt, ist einfach nur zu bequem. Ach, und ich mache gerne Pauschalurlaub. Hirn ab Check-in aus, Hirn erst wieder zuhause an. Teuer, aber erholsam.
Andreea kürzlich veröffentlicht..TOM FORD Lip Contour Duo
du bist schwanger – *herrjee* das ging bisher an mir vorbei! tolle überraschung. meinen glückwunsch, da wirst du ja auf den nächsten fotos noch schöner aussehen. ich freue mich darauf!
mit den frauenfreiheiten sagst du was – ich habe mich sehr daran gewöhnt, aber gerade kippt es etwas, da wird mir bange. ich darf in einem laden nur noch IN der umkleidekabine sachen anprobieren (und ich meine jetzt keine schlüpper), weil es sonst andere kunden stören könnte. okeeeeee – ich gehe da lieber nicht mehr hin!
danke für deine pauschalurlaubeinschätzung. das klingt, als ob ich mich 2021 mal einen club-med buchen könnte.
liebe grüsse
bärbel
Bärbel – das kann ich genau so unterschreiben… obwohl es durchaus Kinderlose gibt, die sehr viel Verantwortung für andere tragen, und die das vielleicht auch nur deswegen können (ich kenn da ein paar sehr engagierte Sozialarbeiter, Lehrer an Brennpunktschulen und Menschen, die “nebenher” ihre Eltern pflegen. Dienst nach Plan kennen die nicht.). Aber ja, die Optionen sind doch andere.
Stinoalltag ist ein wunderbares Wort, das merke ich mir!
Ich musste gerade echt schlucken: das ist das Leben eines Paares, das ich kenne. Inzwischen geschieden, er im riesigen Haus, großes Auto und immer noch von morgens bis abends auf der Arbeit – pendelnd selbstverständlich. Herzprobleme, keine Ruhe, unter ständigem Druck alles am Laufen zu halten (Kredit fürs Haus, etc.).
Der Unterschied zu deinem Szenario ist, dass sie zufrieden war und immer noch ist, jetzt wahrscheinlich glücklicher als damals in der Ehe mit ihm. Klar gab es auch scheiß Tage, die Kinder haben bestimmt häufig genervt, sie hat sich sicherlich mal den Job zurück gewünscht oder mehr Unterstützung. Aber sie hat sich nicht als Opfer ihres eigenen Lebens gesehen. Anders als er, der allen um ihn herum still oder auch offen vorgeworfen hat, für sein anstrengendes miserables Leben verantwortlich zu sein.
Ich sehe es so: Es ist nicht der Goldesel, der Mutti dazu macht, wie sie sich fühlt und auch nicht anders herum. Es geht nicht darum, wer den schwereren Stand hat, wer es besser hat oder besser macht. Es geht darum, sich primär selbst wohl zu fühlen und die Verantwortung für das eigene Elend und den Kurs des Lebens nicht bei anderen zu suchen.
Liebe Marie, der letzte Satz trifft den Nagel auf den Kopf! Genau darum geht es. Es gibt Paare, die so leben, weil sie es so abgesprochen haben. Ich kann es aber nicht hören, wenn so gelebt wird dund die Klagen kommen, wie scheiße das alles sein. Man schläft wie man sich bettet. Ich habe nix gegen gepflegtes Jammern, auf jeglichem Niveau, wie gesagt, aber es gibt auch da unterschiedliche Level.
Andreea kürzlich veröffentlicht..Hilfe bei Schwangerschaftsakne
Hm, ich finde solche Geschichten immer spannend, da sie sich so von mir und meinem Umfeld unterscheiden.
Für mich ist es selbstverständlich, dass sich BEIDE gleichberechtigt um Kind und Haushalt kümmern, da BEIDE Kind und Haushalt (wie groß auch immer) wollten. Sicher ist das manchmal auch anstrengend, weil man sich absprechen muss und es eine zeitlang dauert bis es so reibungslos…nein reibungsarm verläuft das ein harmonischer Alltag funktioniert, aber ist das nicht in jeder menschlichen Beziehung so? Ich habe bei meinem Kind allein 6 Monate gebraucht, um so einigermaßen zu verstehen und zu verinnerlichen wo wir beide stehen und wie wir kommunizieren können und die Kleine ist zur Hälfte ich 😀
Having said that, geh ich 40h arbeiten und mein Freund 30h, aber das war schon vor dem Kind so und es stand nie in Frage OB es danach so weitergeht sondern eher WIE.
Having said that: Alles Gute zur Schwangerschaft und für dein Kind 🙂
Berit – wir brauchen mehr Frauen die so leben; als Vorbild und Vorkämpferinnen. Send the elevator back down. Und ich danke Dir! Uns geht es okay 🙂 Übrigens ist diese gleichberegtigte Beziehung und Aufteilung SO selten dass ich mir dafür als Rabenmutter und schlechte Ehefrau vorkommen muss, wenn ich in meinem Umfeld berichte wie es bei uns zugeht. So mit Arbeitsteilung ^^