…fragte mich meine Freundin, selbstständig, und latent enerviert von der Unzuverlässigkeit und Unselbständigkeit ihrer zugegebenermaßen jungen Mitarbeiterïnnen.
Es ist das spannendste Thema in der Arbeitswelt und etwas, was man angeblich nicht lernen kann. Bullshit, das läßt nur die Tür zu, hinter denen sich die Riege (alter, junger) weißer Männer tummelt. Man kann alles lernen, es schadet jedoch nicht, wen man gewisse Dinge bereits mitbringt. Und das tun viele Führungskräfte schon mal NICHT. Sie sind nur aufgrund ihrer Netzwerke da, und da haben die Männer den Frauen etwas im Voraus: Sie netzwerken und sie tun es konkurrierend, rivalisierend, aber nicht hinterfotzig (Ausnhamen, Regel, you get it).
Chefs? Sind Psychopathen und Narzissten. Richtig gute Führungskräfte hingegen verfügen über eine Empathie, die sie dosiert einsetzen können, sind souverän in ihrer Menschlichkeit, beständig und zuverlässig.
… words are cheap, sagen die Amerikaner zurecht. Etwas praktischer dargelegt.
Vertrauen, Respekt und Verantwortung sind die klassischen drei Stichworte, die zwischen “der Boss sein” und Führung den qualitativen Unterschied machen.
– Vertrauen in den Mitarbeiter bedeutet, sie machen lassen; auch Fehler werden zugestanden, besprochen, gemeinsam korrigiert. Es bedeutet allerdings auch, dieses Vertrauen auch entgegengesetzt zu verdienen: Eine gute Führungskraft wird stets seine Mitarbeiterïnnen “schützen” und sie nicht bloßstellen, keine widersprüchlichen Aussagen abliefern (ein Unterschied zu Kurskorrektur, die kommuniziert werden kann!) und das gegenseitige Vertrauen immer wieder stärken und durch Taten bestätigen. “Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser” heißt das Sprichwort aber nicht umsonst, und es zeugt von Interesse und Teilnahme, wenn man gelegentlich “nachfragt”. Je nach Level der Mitarbeiterïn ist eine Kontrolle notwendig und wird auch begrüßt, oder so gut wie nie geboten, das Spektrum ist hier breit. In den meisten Teams hat man häufig ein überwiegend eindeutiges Feld an Autonomie bei den Mitarbeiterïnnen, plus einige Ausnahmen, hier kann es eine Delegation der Kontrolle an das Team selbst (z. B. durch Projektmanagement-Tools) hilfreich sein oder aber man bildet (auch informell) Duos, die sich gegenseitig reporten oder schlichtweg helfen und austauschen.
– Hier kommt das Thema Respekt, denn die Führungskraft ist niemals so qualifiziert wie seine Mitarbeiterïn, allerdings häufig besser und breiter informiert. Hier gilt es Respekt gegenüber der Fachkenntnis anzubringen, sich die Expertise abzuholen und auch wieder zu bestätigen, selbst wenn man anders handeln wird. Es gibt allerdings neben dem fachlichen Respekt auch noch den zwischenmenschlichen – da wir alle keine Maschinen sind, setzt hier der Bereich Empathie ein. Egal wie unsympathisch diese Nase sein mag, sie erfüllt in der Regel einen Zweck im Team (Mobberïnnen ausgenommen). Hier gilt es diese Position zu stärken oder umzuleiten in produktivere Gefilde. Den ewigen “wir haben das immer so gemacht” Menschen gilt es beispielsweise als Kontrollinstrument einzusetzen, und eher retrospektive Aufgaben zuzuweisen. Diese Menschen dienen als Archiv und können so gut Sachstände überprüfen und Veränderungen/Fehler aufspüren, auch im Prozessmanagement-Bereich erarbeiten sie prima Vorlagen, die man anpassen wird. Geschieht dies zu deren (garantiertem) Unmut, wird respektvoll auf deren basale Leistung und der Notwendigkeit der vorhandenen Sachkenntnis eingegangen, und das reicht in der Regel auch! Lob und Dank ist die Kehrseite von Respekt und wer nicht loben kann und will, wird bald auf einem brennenden Chefsessel sitzen. Häufig sind es die kleineren Dinge, die als selbstverständlich gelten, die man als Anlass dafür nehmen kann – nichts ist selbstverständlich. Schon mal der Azubïne fürs Kaffee kochen gedankt, so richtig ernsthaft, würdigend und schätzend? Der Sekretärïn für die perfekt geordnete Post und den niemals versiegenden Fluss an Tesa und Post-Its? Ja, das ist deren Job, aber Respekt bedeutet genau das: Empowerment und Würdigung im Alltag.
– Verantwortung ist für viele ein Schreckenswort. Warum bloß? Verantwortung ist das spannende Feld, in dem alles passiert: Es werden gute und schlechte Entscheidungen getroffen; Prozesse werden angepasst oder revidiert, Menschen arbeiten zusammen mit guten und mit weniger guten Ergebnissen. Das ist auch der Bereich, in welchem am meisten auf der zwischenmenschlichen Ebene passiert, weil Verantwortung ein Prozess ist, der in der Regel zwischen Führung und mehreren Akteuren auf unterschiedlichen Ebenen stattfindet. Das wichtigste im Bereich Verantwortung ist jedoch nicht der common sense der Betriebswirtschaft, das man in jedem Buch nachlesen kann – es ist das feine Gespür dafür, was mit den Leuten so los ist. Und damit dann auch umgehen. Wo stehen die Leute privat, was sind deren Sorgen, wie können sie belastet werden und womit können sie produktiv abgelenkt werden? Ist die Mitarbeiterïn im Umzug total gestresst mit Orga-Kram, kann sie vielleicht gerade eine ruhige und konzentrierte Tätigkeit nicht haben, wird aber kurze Termine, Präsentationen und Meetings gerade wegen ihrem ohnehin hohen Pegel gut abwickeln können, da sie ohnehin gerade alles kurz taktet. Oder aber sie braucht eine Oase der Ruhe und wird das beste white paper aller Zeiten produzieren. Das muss man entweder erfragen oder aber herausfinden.
Führung bedeutet auch viel Kommunikation und ist deshalb für viele anstrengend: Von der Körpersprache bis hin zur versteckten Botschaft gilt es viel aufzunehmen. Die Eindrücke sind viel, das Tempo ist stets angezogen: Resilienz ist wichtig, um Verantwortung tragen zu können, und auch da muss eine gute Führungskraft agieren: Statt die Leute von fünf Projekten in die nächsten zwölf zu peitschen und auch sich selbst zu überfordern, mit einer guten Zeitstruktur arbeiten. Das heißt auch mal ganz banal keine Mails aus dem Urlaub, mal Dinge ablehnen, und regelmäßig Pausen einplanen, die nicht zusätzlich stressen, weil sie als Zeitfresser angesehen werden. Blabla Meetings (sagte ich “Pause”?!) daher kurz, strukturiert und mit einem intendierten Output abhalten: Das kann durchaus der informelle Austausch sein und ein bisschen Laberrhabarber, das allen gut tut.
Viele sagen, Führung ist eine Bauchsache und vieles eine Bauchentscheidung. Ja, das klingt schlüssig, können doch viele nicht erklären, warum sie so entscheiden. Und das ist falsch: Gute Führung ist reflektiert und nimmt sich regelmäßig Zeit für Introspektion und Revision, auch mithilfe anderer. Eine Stunde die Woche sich bewußt selbst Feedback geben: Wie war Meeting XY, wie haben die Leute reagiert, was mache ich das nächste Mal anders. Führung bedeutet auch falsche Entscheidungen zu treffen, und diese zu korrigieren. Wer nichts macht, macht keine Fehler – das ist passé und stellt auch niemanden zufrieden. Übrigens: Verantwortung bedeutet auch, die Leute regelmäßig zu überfordern und aus ihrer Komfortzone zu locken. Also ein bisschen zu pushen, freundlicher gesagt, etwas was stets funktionieren wird, wenn die Leute wissen dass sie 1. das Vertrauen genießen, 2. ausreichend respektiert werden im Falle von Scheitern, und 3. die Verantwortung niemals komplett auf ihren Schultern lastet, denn dafür gibt es ja die Führungskraft.
Die Falle, in der man dabei ganz gut tappen kann: Empathie und persönlicher Ton verleiten viele dazu, nachlässig zu werden. Eine Führungskraft ist nicht mit seinen Mitarbeitern befreundet und die Freundlichkeit darf nicht zur Kumpelei oder Anbiederung verkommen. Und hier liegt die Krux: Man ist im Beruf viel mit den gleichen Leuten zusammen und dadurch entstehen Freundschaften und auch Partnerschaften. Da hilft es abzustecken und auch darüber zu reden, was genau wo seinen Ort hat. Und natürlich auch Grenzen zu ziehen und die Grenzen seiner Mitmenschen bewußt wahr zu nehmen und zu respektieren.
Grundsätzlich gilt für alle Bereiche:
Information werden erst zu Wissen, wenn es zirkuliert. Miteinander reden im klaren, abgesteckten Raum (mit Termin, abgesprochener Zeit und Privatsphäre) gehört zur guten Führung dazu. Regelmäßig, mit kurzen Zeiten, auch wenn alles scheinbar gut läuft. Infos müssen gestreut werden, verteilt werden, und nochmals: zirkulieren. Die Führungskraft ist in der Lage, sowohl deren Relevanz abzuwägen, als auch dies zu delegieren an seine Mitarbeiterïnnen, unter Kommunikation von Regeln für ebendiese Kommunikation.
Kritik ausüben ist übrigens auch so etwas, was ätzend ist und von vielen ungerne gemacht wird und natürlich noch weniger gerne angenommen wird. Konflikte ansprechen. Brrr!
Respekt, Feingefühl, deutliche Abgrenzung zur Person: To be continued.
Ihr dürft ergänzen, korrigieren, berichten – im unsäglichen Gestricke meiner Dissertation, wo ich mich mit digitaler Kommunikation beschäftige, ist das Thema Führung keins, aber Kommunikation ist die Hauptaufgabe von Führung, neben Kreativität und Struktur. Daher liegt es nahe, dass sich die Themen befruchten. Man staune außerdem, das ist das Topthema aller Frauengespräche, die ich führe. Wo sind denn die weiblichen Führungskräfte?
Hier.
P.S. Ich bin für Angebote offen.
P. P. S.: JedeR(sic) will führen, keiner will arbeiten. Und wie motiviert man Leute?
Super Beitrag. Führung bedeutet für mich, dass man den Leuten eine Vision in den Kopf pflanzen muss. Sie müssen bereit sein, die nötige Arbeit freiwillig und mit Freude zu tun.
Lg Michael
Das ist eine super Ergänzung!! Die Vision, ich bin davon immer unbeeindruckt, aber sie ist nötig. Persönliches Involvement.