Schwangere essen Regenbögen und pupsen Schmetterlinge – Teil 3

Teil 1:
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Teil 2:
http://www.mybeautyblog.de/boulevard-klatsch/schwangere-essen-regebogen-und-pupsen-schmetterlinge-teil-2/

Weiter geht’s…

“Stell Dich nicht so an!!”

ODER

“Das war die beste Zeit meines Lebens!”

Arschlecken zwo fuffzig, wie ich zu sagen pflege. Demnächst werde ich jede Frau (der erste Spruch kommt NUR von Frauen…) mit einer Ohrfeige bedenken. Oder gleich zwei.

Nachdem ich einer Woche unter Schwindel litt, kippte ich an einem Montag im Büro um, musste abgeholt werden und stand/lag heulend beim Arzt (sitzen kann ich ja immer noch nicht). Neben dem Wetter, das einem auf den Kreislauf schlägt, musste man nun feststellen, dass ich schlicht und einfach geschwächt war. Zu wenig gegessen – und dann beim Bäcker eine Zuckerbombe geholt. Ergebnis: Katastrophe.

Nach einer halben Woche hatte sich alles einigermaßen eingependelt – ich muss alle paar Stunden essen, mich dauernd ausruhen bzw. kurz hinsetzen (fünf bis zehn Minuten) und viel mehr trinken. Alleine einkaufen geht nicht, das ist alles zu schwer, zwei Stockwerke hoch nur mit Pause, und statt zehn Minuten plane ich das doppelte an Fußweg ein. Mein Körper legt schlicht und einfach sein Veto ein.

Warum ich jammere:
Ich stehe nachts um vier auf und tappere im Halbschlaf in der Küche herum, auf der Suche nach Bananen. Natürlich darf ich kein Zuckerzeug essen oder leere Kohlenhydrate wie Pasta, die nach 20 Minuten meinen Magen wieder knurren lässt. Die Diät ist klar: Eier, Leberwurst,Kartoffeln, Kichererbsen, Brot. Äpfel und Bananen.

Die Schmerzen wenn der Bauch sich ausdehnt sind schlimm, doch keiner kann sich vorstellen, wie es ist sich die Socken nicht anziehen zu können. Die Füße sind auf einmal auf einem anderen Planeten – unerreichbar. Es geht, aber es tut weh.

Doch am seltsamsten das Gefühl, wenn das Baby anfängt zu treten und zu kullern. Wer den Film ALIENS gesehen hat, wird sich sicherlich vorstellen können dass ein dermaßen unbekanntes Gefühl ein wenig Verwirrung emporruft.

Hinzu kommt das Bewußtsein, dass dein Leben sich unwiederbringlich ändern wird. Alles was du vermeintlich im Griff hattest, wird volatil – nichts ist planbar, nichts ist mehr nicht durch dich bestimmt. Nicht die Verantwortung macht mir Angst, sondern das Neue, denn schließlich ist jede Situation, jedes Kind, jede Konstellation einzigartig. Angst zu versagen, Angst vor der Angst, Angst vor dem Verlust der Autonomie, auch bei der Arbeit, Angst vor der finanziellen Unsicherheit – das sind alles Realitäten, die nicht immer durch den Happymaker-Hormon-Haushalt in Zaun gehalten werden können.

Wo bleibt denn da meine Begeisterung?
Ja, ich bin verpflichtet, begeistert zu sein. Alles ist toll, und in mir wächst neues Leben.
Bla bla bla.

Ich sage: WAS SOLL DAS? Gibt es eine Norm, die besagt ich müsse dankbar sein, oder ich dürfe keine Schmerzen haben, oder gar jammern?

Ja, es macht mir Angst dass ich nicht weiß, was gerade passiert. Wie jede Frau renne ich regelmäßig panisch zum Arzt und zahle Unmengen für überflüssige Untersuchungen. Ich bin schwach und müde, vergesse vieles, und ein regulärer Arbeitstag schafft mich meist komplett. Mein Leben ist aus dem Fugen, meine Gedanken auch – wer darf sich hinstellen und mir sagen, wie ich es wegzustecken habe?
Welche Sorgen ich mir machen darf und welche nicht?
Wer steckt in meiner Haut (buchstäblich)?
Wie soll ich denn weghören – ich bin ein soziales Wesen,ich lebe nicht alleine auf der Welt?

Dass es einem nicht gut geht, okay. Das ist ein Tabu-Thema. Dass es einem aber auch nicht gestattet ist, diese Lebensumstände mit Sorgen, Angst oder Zweifel zu begehen, ist viel schlimmer.
Es ist offensichtlich verpönt, einen so offensichtlichen (und irgendwann so öffentlich sichtbaren!) Bruch in der Biographie als belastend zu verbalisieren. Dabei hat die Medaille der Elternschaft zwei Seiten – und während man die schöne nicht diskutieren muss, weil man da keine Hilfe benötigt, ist der negative Teil durchaus etwas, worüber ich reden möchte – alles raus, was keine Miete zahlt;-)
Dabei will ich keine Psychotherapie, sondern nur mitteilen was mich beschäftigt – und das ist eben nicht nur Regenbogen und Rosen.
Ich nehme hier die Partner übrigens nicht aus – die machen sich auch Sorgen, sind auf einmal Ernährer – stets die Frage: Fällt man in Rollen zurück, die man nicht möchte?

Dabei geht es ja nicht um ein neues Wesen, dass dann “So süß!” ist. Man zweifelt nicht das Kind an. Es ist etwas, was Dich Dein Leben lang nicht loslassen wird. Jedoch ist es auch etwas, was Du sofort loslassen musst, sobald es geboren wurde. Es ist bereits ein Wesen, das Dir wehtun kann, indem es aufhört zu sein. MIR macht es Angst.

Ich bin nicht die einzige Frau, die das durchmacht. Ich bin nicht die erste, die darüber spricht. Ich erreiche hier aber vielleicht mehr Frauen – habt Verständnis für mich und die anderen, die nicht himmelhochjauchzend den positiven Schwangerschaftsstreifen hochhalten (und womöglich aufbewahren… uaaah.).
Es darf kein Tabuthema sein, wir dürfen uns nicht selbst diesem Druck aussetzen, perfekt zu sein, auch nicht dem Leistungsdruck, der dann noch kommt – fleißige Arbeitsbiene, perfekte Mutter, perfekte Partnerin.
Diese Tabus sind da, und was soll ich sagen?
… es lohnt sich nicht. Es lohnt sich nicht, da mitzumachen.

Ich bin lieber jetzt ein Jammerlappen, der anderen auf den Geist geht, sich aber dadurch besser fühlt – denn es hilft mir, darüber zu reden. Und wer es nicht hören will, soll bitte nicht scheinheilig nachfragen, wie es mir geht.

Ja, es ist gut, Dinge zu bedenken, es ist normal Angst zu haben, auch sich zu freuen – alles ist normal weil es DU bist und DEIN Leben.

Ich freue mich nun in den Kommentaren auf Eure Erfahrungen und Gedanken!

14 Gedanken zu „Schwangere essen Regenbögen und pupsen Schmetterlinge – Teil 3

  1. Du sprichst mir aus der Seele!
    Und du glaubst gar nicht, wie ich es HASSE, ständig ein “Du wolltest es doch nicht anders!” bzw. “Das wolltest du doch so!” entgegnet zu bekommen, wenn ich es wage, als Schwangere über Schlaflosigkeit, Sodbrennen und Sorgen und Ängste zu jammern! NEIN, ich will ein BABY! NICHT die Schlaflosigkeit, den Sodbrennen und co.!!! Warum rafft das keiner???

  2. Da ich noch keine Kinder/Wunsch danach habe, habe ich null eigene Erfahrungen beizusteuern. Ich möchte nur mal loswerden, dass ich es sehr stark von Dir finde, dass Du “Schwäche” zeigst. Der gesellschaftliche Druck, als schwangere Frau spitze auszusehen, total happy , belastbar und beschwerdefrei zu sein, ist nämlich enorm hoch – soviel habe ich schon mitbekommen.

    Ich glaube, dass es eh sehr anstrengend ist, Eltern zu sein – warum soll man denn schon einen halben Burnout aus der angeblich ach so problemlosen Schwangerschaft mit in den neuen Job als Mutter rübernehmen? Lieber ein wenig jammern, ist wahrscheinlich auch besser fürs Kind, wenn es eine Mutter kriegt, die die eigenen Gefühle ernst nimmt. 😉

  3. Kann ich so unterschreiben. Es ist anstrengend, schön, schwer, neu, unheimlich, schmerzhaft, wahnsinnig toll aber eben nicht immer. Mag sein, das es Mamas gibt die es lieben schwanger zu sein/ gewesen zu sein. Ich gehör(t)e nicht dazu. Mein Körper gehört mir und irgendwie war ein Kind im Bauch immer ein seltsames Gefühl. Nicht unbedingt schlecht, aber auch nicht Himmelhochjauchzend. Und ja, es IST definitiv anstrengend, ein Elternteil zu sein! ♥

  4. Es ist unglaublich toll, dass du hier auch mal die andere Seite darstellst. Ich selber verspüre noch keinen Kinderwunsch, aber ich lese deine Berichte sehr gerne. Von jeder Seite wird man immer bequatscht, wie toll doch alles sei und so weiter und so fort.. Kaum jemand spricht über die Schattenseiten einer Schwangerschaft. Ich finde es daher wirklich super, dass du hier darüber berichtest, auch so ausführlich. Freue mich schon auf den nächsten Teil 🙂 Und bis dahin wünsche ich dir alles Gute ♥

  5. Als bislang stumme Leserin, melde ich mich nun erstmalig zu Wort.
    Ich will Dir Mut machen. Ja, es ist eine Veränderung, ja Ihr werdet Vieles neu und für Euch immer wieder ausdiskutieren und definieren müssen – als Paar, als Eltern. Und in die Verantwortung wächst man hinein – ohne gramgebeugt durchs Leben zu gehen. Du hast doch auch vorher schon im Leben schon einiges an Veränderungen erlebt; das jetzt ist ähnlich – nur anders 😉

    Du wirst nicht mit dem Tag der Entbindung mutieren – Du bleibst Du – und das ist auch gut so. Natürlich ist so ein Baby eine Herausforderung, auch ein “Schock” am Anfang und längst nicht immer toll (!) – aber irgendwie kriegt man das hin. Das ist echt so. Vertrau auf Dich selbst, hör auf Dein Bauchgefühl und auf Dein Baby, wenn es da ist – und lass Dich v.a. nicht verrückt machen von anderen.
    Zieht einfach “Euer Ding” durch. Wir arbeiten bspw. beide Vollzeit mit Kind (das ist in einer tollen Krippe seit dem 6. Monat und super sozialisiert und auch nicht gestörter als andere ;-)) für uns passt das.
    Und nein: ich “müsste” nicht arbeiten – ich will das; dafür habe ich studiert.

  6. Also ich habe bains auf wenige Highlights (erster Sichtkontakt per Ultraschall, erster zarter Tritt, erste von aussen sichtbare Bewegungen und so was) so ziemlich die schlimmste Zeit meines Lebena erlebt während der Schwangerschaft – zumindest bis dahin 😉 mit Baby draußen wurde alles schlimmer, was zum Teil auch damit zu tun hatte, dass mein Immunsystem beschlossen hatte, mir für die Schwangerschaft mit Hashimoto zu danken.

    Glücklicherweise habe ich keine Freudinnen um mich gehabt, die wie auf Droge nur glücklich den Bauch vor sich schoben. Alle hatten irgendwo Probleme, besonders nach der Schwangerschaft, wir haben darüber meist geredet.

    Persönlich sind mir keine “alles so toll” Exemplare begegnet.

    Durchhalten, es wird anders (ob besser oder schlechter, da muss man sich überraschen lassen).

    1. Ihr Lieben – DANKE!! Ich will nicht nur jammern, sondern in erster Linie auch ein Tabu brechen. Es gibt auch schöne Dinge – darüber werde ich natürlich auch schreiben.
      Insgesamt danke ich Euch einfach für Euer Feedback – ob zu Sodbrennen (habe ich auch neu, das ist echt übel!!) oder dazu, dass man doch noch selbst bleibt – und alles anders wird 🙂

      Natürlich soll es keine Frau und keinen Mann der Welt davon abhalten – ich würde es ja auch nochmal mitmachen (und dabei steht mir noch die Geburt bevor) weil ich denke dass Kinder zum Leben dazugehören und ich mich freue, wenn ich Familien sehe. Ich bin vielleicht kein Muttertier im klassischen Sinne bzw wie es das Klischee besagt, trotzdem sind Kinder sehr wichtig – und sollten auch endlich mal in den Grundgesetz aufgenommen werden, wo sie nicht explizit drin stehen. Und sie sollten dem Statt, denn sie bereichern, auch mehr wert sein!! Das fand ich schon immer, unabhängig von meiner persönlichen Situation.

      DANKE <3

  7. Ich und Kinder, das ist für mich noch nicht denkbar, aber trotzdem finde ich deine Posts zu diesem Thema unheimlich gut. ALLES im Leben hat zwei Seiten, warum nicht auch dieser Aspekt des Lebens? Alles andere wäre doch unrealistisch. Und warum soll man sich in so einer Situation, die eh schon total seltsam und krass und intensiv und im Umbruch ist, dem Druck beugen und einen auf dauerfröhlich und dauertapfer machen, wenn einem nicht danach ist? Ich finde, du hast ein Recht darauf, auch mal was Negatives zum Schwangersein zu denken und vor allem auch zu sagen. Das ist für mich einfach Realitätsnähe und gesunde Verarbeitung von Erlebnissen und Emotionen und hat ganz und garnichts Schlimmes an sich, nur weil vielleicht ein idealistisches (utopisches?) anderes Bild überall präsentiert wird.

  8. Da muss ich mich doch auch mal noch dranhängen. Super, dass du dich so ehrlich äußerst! Und du hast absolut recht: Eine Schwangerschaft ist nicht immer nur toll und ja, es ist dein gutes Recht auch mal zu sagen, was Mist ist, was dir weh tut, dich quält oder dir Angst macht.
    Meine liegt nun eine ganze Weile zurück und ich kann dir sagen, dass du mit der Zeit die weniger guten Momente verdrängst und als weniger schlimm empfindest. Das gleiche gilt für die erste Zeit mit dem Baby. Als mein Sohn (endlich!) geboren war, war mein erster Satz zur Schwester: “Geben sie ihn meinem Mann!” Und als die Schwester meinte, beim nächsten Baby würde es nicht mehr so schwer, da hätte ich dieses dumme Weib am liebsten erwürgt.
    Gestern hat mein Sohn nun seinen Führerschein bestanden und ich blicke stolz und überglücklich auf so viele schöne Jahre zurück. Richtig, auch die waren nicht immer nur schön und happy, auch da plagten mich Zweifel, ob ich alles richtig mache in der Erziehung, ob ich trotz Berufstätigkeit eine gute Mutter bin, ob ich ihm alles gegeben habe, was er braucht um nicht nur körperlich sondern auch geistig und emotional gesund aufzuwachsen. Von den schlaflosen Nächten, den blanken Nerven, der stundenlangen Warterei bei m Kinderarzt, usw. rede ich jetzt mal nicht. Aber eines ist klar, wer so ehrlich und selbstsicher ist, darüber so offen zu sprechen, der schafft das alles! Nicht mit links, aber mit Bedacht und Liebe. Ich drücke dir die Daumen, dass es positiv weiter geht.

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