Vorstellungsgespräch? So rockt man die Bewerbung

Neulich in der Kleinstadt. Ich hatte noch 20 Minuten bevor ich aus dem Haus musste. Etwas stimmte nicht – ich nahm also den einzigen Spiegel ab, der mich in etwa in Körpergrösse abbildet, und hängte ihn ab. Kritisch musternd musste ich feststellen, dass mein einziges Kostüm, das auch noch teuer war, zu groß geworden war. Ich schwamm in einem schwarzen Meer aus Wollstoff, die überlangen Ärmel verdeckten meine Hände und ein zierlicher, blasser Hals mit Kopf obendrauf guckte mir zudem verschreckt entgegen.
Das war ich – und ich wollte das Haus rocken?! In dem Kostüm meine nicht vorhandenen, großen Schwester?!

Schwamm drunter, dachte ich, das entspricht dem formellen Anlass und ich bin eh zu kritisch. Um die kreidebleiche Visage etwas freundlicher erscheinen zu lassen, band ich mir noch einen Schal um. Freundlich gesinnt war ich nicht – ich ging dahin, um zu gewinnen. Veni, vidi, –

…und bis heute warte ich auf die Antwort.

Wie ich mich geschlagen habe? Ich redete wie eine Werbebroschüre; ich beherrschte mich, der anwesenden Dame nicht mein Glas ins Gesicht zu schmettern (sie fragte etwas wirklich Blödes!!) und ich habe alle Tricks angewendet, die ich kenne.

1. Rede und sitze wie ein Mann. Nicht kichern, nicht schüchtern sein, offene Körperhaltung, zurücklehnen auf dem Stuhl. Das zeigt, dass frau die Situation unter Kontrolle hat. Bewerbungen sind Shows, in denen man sich verkauft.

2. Sehe gut aus, aber businesslike. Die Kleidung korrekt, saubere Schuhe, Strümpfe (kreative Berufe erlauben eventuell einen matten, farbigen Strumpf als einzige Verspieltheit!) und passende Accessoires. Handtasche, Filofax, (Perlen-)Kette, Halstuch. Matte Töne, gerne kräftig, dürfen beim Make-up darauf hinweisen, dass eine erwachsene Frau am Tisch sitzt. Kein Lipgloss oder zumindest keiner mit Glitzerpartikeln.

3. Wer gut IST und gut aussieht, braucht sich nicht zu verstecken. Schaue jedem einzelnen Teilnehmer beim Sprechen ins Gesicht, lächele mit den Augen.

4. Lass die Leute ausreden. Frag. Je mehr Zeit die anderen sprechen, desto besser kannst Du Dir einen Eindruck machen.

5. Halt die Hackordnung ein – bei der Begrüßung und im Gespräch.

6. Accessoires dezent einsetzen. Parfüm gerne, aber sehr wenig und möglichst unisex. Halstuch ohne Klimbim, ohne Fransen und ohne Blümchen. Nicht die auffällige, sündhaft teure IT-Bag mitnehmen, sondern eine dezente, dunkle Tasche. Wohin damit? Neben dem Stuhl platzieren, hinsetzen, lächeln.

7. Du willst den Job haben, aber du bist die Beste dafür und man muss dir auch etwas entgegenbringen. Gehaltsverhandlungen nicht emotional betrachten – es geht nicht darum, dass frau das Geld braucht, sondern dass sie es verdient. Man bietet Dir 1200 an, während Du bei 1900 anfangen wolltest? Steh auf, bedanke Dich freundlich für das Gespräch, und gehe. Sie kriegen bestimmt eine andere Frau, die unter Wert arbeitet – aber das musst nicht Du sein.

Wenn es nicht klappt, nicht persönlich nehmen. Wo eine Tür zu geht, geht immer auch ein Fenster auf!

EDIT: …vici – heute die mündliche Zusage. Das Kostüm muss zum Schneider, und ich brauche Office-Blusen. YEAH!

21 Gedanken zu „Vorstellungsgespräch? So rockt man die Bewerbung

  1. Glückwunsch zur Zusage!!!!!!! Office-Blusen klingt ja sehr schick 🙂 In welcher Branche wirst Du denn arbeiten ?*neugierig bin* Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Erfolg, das Jahr 2011 geht ja bei Dir schon mal perfekt los!

  2. Herzlichen Glückwunsch! Ich glaube ich ahne, was die Frau gefragt hat. Rot-weiß gestreifte Bluse klingt toll. Ich habe es mehr mit Karos, aber dass wäre wahrscheinlich zu casual für dich. Und wenn ein Kostüm zu groß wird, ist das doch zu verschmerzen, oder?

    1. Oh Bine, bei der Frage haben alle mit den Augen gerollt 😉 Mit karos sehe ich leider aus wie ein Cowboy – wer klein und nieldich ist, muss strengere Klamotten tragen um nicht gelich wie ein kleines Mädchen zu wirken, oder zumindest dann stark kombinieren. Karo plus Jeans=Freizeit. Karo plus edel=Stylish – ich htrage aber immer Jeans daher muss ich obenrum etwas mehr Seriosität einbringen. Falls es überhaupt jemand interessiert!
      Das Kostüm lässt sich ändern – es war aber eine echte Investition und soll zehn Jahre halten, daher muss ich mich überwinden und es zum Schneider geben. Der Rock war eh zu gross – im Outlet gab es eben nur das, und es war trotzdem teuer! Ich lasse mal ein Photo machen 🙂 ein Kostüm, EIN paar gute Schuhe, es sammelt sich ja langsam 😉

  3. Ja zeig bitte das Kostüm! Du hast mich total neugierig gemacht.
    Ich wollte mir diesen Winter einen Camel-Farbenen kaufen, habe aber nichts gefunden.

    1. @Lorena – erst Schneider, dann Photo – zum Sommer werde ich wohl dann auch einen neuen brauchen. Schwierig solche Kleidung, wir haben aber einen CINQUE Outlet auf der Ecke. Da kann ich gut zuschlagen…

  4. Den Tipp mit dem Aufstehen und Gehen bei frechen Gehaltsangeboten find ich gut! Herzlichen Glückwunsch auch meinerseits, man nimmt ja doch ein bisschen teil am Leben der Lieblingsblogger, zumindest durch ein ganz kleines Fenster 🙂

  5. Andreea, kennst Du Kuhn Maßkonfektion? Da musste ich gerade dran denken, als ich das mit Deinem Kostüm gelesen habe. “Maßkonfektion” klingt ja erst mal nach “sehr teuer”, aber man zahlt dort nicht wirklich viel mehr im Vergleich zu guter Qualität von der Stange und die Sachen sitzen dann 1A. Die Materialien sind meist sogar bei ähnlich gelagerten Preisen deutlich hochwertiger, man kann dort aus verschiedenen Linien wählen und jede Menge nette Details am Kostüm/Hosenanzug einarbeiten lassen. Meine Güte, ich klinge wie Reklame, nein, aber vielleicht wäre das ja eine Überlegung für Dich wert. Hab’ dort wirklich sehr gute Erfahrungen gemacht und es war ein “Aha!”-Erlebnis als ich zum ersten Mal ein Kostüm anprobiert hab’, was wirklich auf den Zentimeter genau perfekt sitzt. Bin ja auch eine sehr kleine Person und beim Kauf von der Stange muss so oder so immer noch was abgeändert/gekürzt werden, es ist meist ein ziemlicher Krampf (und nein, ich sehe nicht aus wie Quasimodo! :-D).

    1. Ich habe etwas viel besseres – eine tolle Schneiderin aufgetan plus eine Freundin, die als Hobby schneidert 🙂 Ich kann einigermaßen gut Kleidung kaufen, aber es sind teure Label, die mir passen, weil die kleiner schneidern. Und da mir kein Polyester-Schaf ins Haus kommt, gibt es kein Esprit und Co.
      Aber KUHN gibt es auch in Hamburg – das gucke ich mir an! Der Bräutigam braucht Anzüge und ich hätte gerne einmal im Leben eine passende Bluse mit Manschettenknopf.

  6. It’s really nerve-breaking to attend job interviews. Now that I’m also facing it, it’s very hard. I’m walking under the sun in a suit. I felt grumpy when I enter the company. Confidence in yourself can make an impression to the interviewer and make the most out of it.

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